Totenklage
Was mythologisch Fegefeuer oder vielleicht auch Vorhölle genannt wird, ist in Wahrheit der Verlust vertrauter Selbstwahrnehmung.
Fegefeuer (lat.: purgatorium „Reinigungsort“) ist die Läuterung, die nach einer besonders entwickelten theologischen Lehre eine Seele nach dem Tod erfährt, sofern sie nicht als heilig unmittelbar in den Himmel aufgenommen wird.
Da nach der Lehre der katholischen Kirche „nichts Unreines in den Himmel kommen kann“, ist die Vorstellung dieses Ortes oder dieses Prozesses der Läuterung entstanden. Im Fegefeuer besteht die Qual darin, dass der Verstorbene zwar schon die vollkommene Gegenwart und Liebe Gottes spürt, sich aber aufgrund seiner Sünden dieser Liebe nicht würdig fühlt. Genau das macht den großen Schmerz aus. Der Mensch wird so von seinen letzten Sündenfolgen aus der zeitlichen Existenz durch seine Reue geläutert.
Totenklage beinhaltet eine intuitive Erzählung über die religiöse Fantasie des Fegefeuers. Keine Spur vom wunderbaren Licht sogenannter Nahtoderfahrungen. In Wahrheit nur völlige Desorientierung in vollkommener Dunkelheit. Totaler Verlust vertrauter Möglichkeiten, sich mitzuteilen.
Allein die Hoffnung lässt das Leiden des Getrenntseins aushalten. Du spürst Sehnsucht einer Wiedervereinigung, rundum ahnungslos, auf welche Art und Weise das geschehen können sollte. Du erlebst, wie Du vom Andenken des anderen abhängig bist und vertraust ängstlich darauf, dass diese seine Sehnsucht nicht nachlässt.
Tag des Zornes
wfschmid - 4. Mai, 03:47
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