Passkontrolle (B)
Nun existieren aber Objekte, die sich allein intuitiv wahrnehmen und erfassen lassen. Für den Mathematiker Gödel sind das beispielsweise mathematische Objekte. Mathematik konstituiert sich als abstraktes Reich der Formen. Obgleich diese Formen nicht sinnlich vernehmbar und somit auch nicht empirisch sind, existieren sie sowohl wahr als auch richtig. Die Wahrheit existiert kraft Offenbarung durch Intuition, und die Richtigkeit beruht auf logischen Beweisen.
Als Bereich a priori ist das mathematische System der Formen Bedingung der Möglichkeit der Gestaltung. In der Wissenschaft wird dieser Bereich a priori „Theorie“ genannt. Letztlich handelt es sich um ein Analogen zur Ideenlehre.
Sowohl mathematische als auch visionäre Phänomene gelangen in Abhängigkeit vom Verstand zum Vorschein. Durch den Verstand werden sie dank Vernunft in Gestaltung überführt.
Mit Hilfe mathematischer Sprache lassen sich sowohl Objekte a priori als auch Objekte a posteriori beschreiben. „a mal a“ kann sowohl theoretisch als auch praktisch ein Quadrat sein. Abstraktionen stellen sich so gleichsam als Kürzel des Konkreten dar.
Wenn sich etwas als richtig erweist, wissen wir es und fühlen uns sicher. Wenn aber etwas als wahr erscheint, müssen wir es glauben, fühlen uns aber unsicher, weil wir zweifeln.
Aber nicht Denken bestimmt uns existentiell, sondern Empfinden. Nicht der Verstand maßregelt uns, sondern die aus dem Un- und Vorbewussten schöpfende Seele.
Die Sprache der Seele (das limbische System) ist das Gefühl. Die Seele äußert sich durch Affektionen und / oder Emotionen.
Diese Äußerungen können sprachlich bewusstwerden. „Ich fühle mich schlecht!“ zeigt eine negative Befindlichkeit an.
Aber sprachliche Anzeigen von Gefühlen sind so vage, dass sie bisweilen sogar als unzutreffend empfunden werden. So kann die Eigenschaft „schlecht“ auf Vieles zutreffen wie schlechte Verbindung, schlechte Literatur oder schlechter Charakter.
Wegen sprachlicher Ungenauigkeiten eigen sich Gefühle wenig, um eine Art Psychologik zu begründen.
Gefühlte Wahrheiten hängen von subjektivem Glauben ab und entziehen sich jeglichem Suchen nach Richtigkeit. Aus diesem Grund wird Richtigkeit Wahrheit gegenüber auch bevorzugt gewichtet.
So entsteht eine seltsame Vermischung. Die Geschichte Abendländischen Denkens lässt ein Gemisch aus Sein und Werden entstehen. Wissenschaften, die letztlich auf gläubigen Annahmen beruhen, überziehen Werden mit fantasievoll modellierten Sein. Fortan wird im Werden gesucht, was als Sein vorweg gedacht worden ist.
Natürlich liefert schließlich die unendliche Vielfalt des Werdens immer wieder Angebote des Seins, die Werden modellhaft begreifbar werden lässt.
Obgleich Mathematik allein auf gläubigen axiomatischen systematischen Annahmen beruht, erscheint diese Wissenschaft des Geistes als unübertreffbare Möglichkeit, Richtigkeit des Rechnens gegen Wahrheit des Denkens auszuspielen.
Jedoch weist Denken dem Rechnen gegenüber den nicht zu übersehenden Vorteil der Beweisbarkeit auf, während Wahrheit auf Glauben angewiesen bleibt.
wfschmid - 5. Dezember, 04:39
0 Kommentare - Kommentar verfassen - 0 Trackbacks
Trackback URL:
https://wolfgangschmid.twoday.net/stories/1022639994/modTrackback