Lehrbuch-Entwurf
Lernkarte
Aufgabe: Versuchen Sie folgende Frage zu beantworten: Können Sie sich vorstellen, warum das Gedächtnis nur dann erfolgreich einprägt, wenn die vier Phasen des Verstehens eingehalten werden.
Früher wurde den Kindern in der Schule beigebracht, sich Vokabeln nacheinander einzuprägen und so lange zu wiederholen, bis sie behalten werden. Heutzutage werden Vokabeln im Zusammenhang einer Situation erarbeitet, also gemäß den vier Phasen des Erfassens aus ihrem Kontext erschlossen. Im Fremdsprachenunterricht wird deshalb auch vermieden, zwischen Muttersprache und Fremdsprache hin und her zu wechseln. Bedeutungen sollen nämlich im und durch das Gespräch und nicht in Wörter zerstückelt erschlossen werden. Das kommt der Neigung des Gehirns entgegen, sich wegen der Notwendigkeit, neuronale Netze zu bilden, vorzugsweise mit Zusammenhängen auseinanderzusetzen und sich Einzelnes nur widerwillig zu merken.
Nun verhält es sich aber so, dass es nicht weiterhilft, allein die vier Phasen zu berücksichtigen. Die Redewendung „Der Ton macht die Musik!“ weist darauf hin, dass alles nicht viel nutzt, wenn die Phasen des Erfassens einfach abgearbeitet werden, ohne sie zu fühlen. Und jetzt spätestens wird klar, dass der wichtige Aspekt des Gefühls außer Acht gelassen wird, dass Wahrnehmen, Betrachten, Beobachten und Begreifen gefühlt werden müssen, wenn diese Prozesse störungsfrei ablaufen sollen. Ein Lehrer kann noch so gut sein, ohne gefühlsmäßige positive Beziehung zu seinen Schülern wird seine Lehre nur wenig erfolgreich sein. Das Mindeste, das von einem Lehrer erwartet werden muss, ist, dass er vorurteilsfrei unterrichtet. Und damit gelangen wir zum ersten kritischen Punkt in unserer Auseinandersetzung mit der Selbstbeobachtung. Sie funktioniert nämlich überhaupt nicht, wenn sie nicht vorurteilsfrei geschieht.
Natürlicherweise versucht das Gehirn, das eigene System (Körper, Seele, Geist) schon aus Selbstschutz im besten Licht erscheinen zu lassen. Das führt häufig zur Verfälschung aller Phasen des Verstehens. Wie leicht das geschehen kann, das zeigt das folgende Gedicht, dem viele inhaltlich erst einmal zustimmen, weil die eigenen Erfahrungen entsprechend vorbelastet sind und damit voller Vorurteile erinnert werden.
Lehrer
Es sprach ein Pennäler:
"Die schlimmsten Quäler
sind unsere Lehrer.
Nein, ich bin kein Verehrer
von ihrer hohen Geistigkeit.
Oft haben sie nicht einmal Zeit,
etwas anständig zu erklären.
Ich muss mich häufig wehren
gegen ihre zynische Selbstherrlichkeit."
-"Was Du begreifst nicht,
Du bist noch nicht so weit?"
Doch wenn man sie erlebt,
wonach jedem Schüler strebt,
in einer anderen Sparte,
dann erwarte
nur nicht Verstand und Geist.
Wie es sich oft erweist,
gilt dies nur auf ihrem Gebiet,
das ist das alte Lied.
Alle anderen Themen versanden
oder kommen sogar ganz abhanden.
Norbert Wittke
Diese Art von Vorurteilen Lehrern gegenüber sind genau so weit verbreitet wie Vorurteile in Bezug auf Beamte oder Ärzte.
Wenn wir uns einmal genau beobachten, dann können wir feststellen, dass wir durchgängig nicht vorurteilsfrei wahrnehmen. Demnach muss doch den Vorurteilen eine wichtige Funktion zukommen. Einen ersten Hinweis gibt uns das Wort Vorurteil selbst. Es existiert vor allem Wahrnehmen ein Urteil, durch das unsere Betrachtungen und Beobachtungen beeinflusst werden. Bevor wir näher hierauf eingehen, erscheint es aber wichtig, sich die Rolle von Vorurteilen hinreichend bewusst zu machen.
Aufgabe: Vergegenwärtigen Sie, wie Sie selbst einmal Opfer eines Vorurteils geworden sind!
wfschmid - 23. August, 05:50
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