Unilogo

16
Mrz
2018

Kurzdialog 2 - Fragen stellen müssen => sich stellen wollen

<?> Wer oder was lässt mich Fragen stellen?

Fragen stellen bedeutet, sich orientieren wollen!

<?> Welchen Grund sollte ich haben?

Wahrscheinlich Furcht oder gar Angst!

<?> Also eine Art und Weise von Orientierungslosigkeit?

Ja, wer fragt, will sich orientieren!

15
Mrz
2018

Kurzdialog 1

<?> "Warum setzt Du Unbewusstsein mit Seele gleich?"

"Das tue ich nicht. "Unbewusstsein" steht für mich als Ort des Zusammenspiels von Antrieben, Bedürfnissen und Erfahrungen. Dieses Zusammenspiel wird durch das Gewissen geregelt."

<?> "Gewissen, was ist das?"

Gewissen ist die Regelung mittels Normen und Werte, Verbote und Gebote , Gesetze und Regeln u. dgl. m."

14
Mrz
2018

Multivariate Wahrnehmung

Wahrnehmen vollzieht sich körperlich, seelisch, geistig als Empfinden, Fühlen, Denken. Je nach Begabung wird eine dieser Arten und Weisen wahrzunehmen bevorzugt. Genies vermögen, alle Arten in eins wahrzunehmen.

Wir nehmen entweder aufmerksam oder konzentriert wahr, sobald wir uns gestört fühlen. Wir empfinden körperliche Schmerzen. Wir fühlen seelische Verstimmungen. Wir denken über das nach, was uns beschäftigt.

Aber wir sind es nicht, die Empfinden, Fühlen oder Denken in Gang setzen, sondern vielmehr versetzt uns unser Körper, unsere Seele und/oder unser Geist in Bewegung. Wenn das geschieht, sagen wir, dass wir in Bewegung, also motiviert sind.

Unsere Bewegründe (Motive) werden vor allem durch unsere Neugier bestimmt. Worauf wir neugierig sind, das hängt von unserem Talent, unserer Begabung und/oder von unserer Intelligenz ab.

Ein sensibles, motorisch geschicktes, musikalisch begabtes und intelligentes Kind wird für sich ein Musikinstrument entdecken, sobald sich eine günstige Gelegenheit dazu bietet. Aber auch engagierte Vorbilder wirken anregend. Die individuelle Entfaltung durch ein Bild, das sich ein Kind von seiner Zukunft macht oder durch ein Vorbild, das zu einer bestimmten Entwicklung anregt, wird Bildung genannt.

13
Mrz
2018

Der siebte Sinn

Als Name für übersinnliches oder unsinnliches, inneres Wahrneh-men war "der siebte Sinn" bereits 1966 in den Medien gebräuch-lich.
Der "siebte Sinn" ist ein Sinn außerhalb der menschlichen Wahr-nehmung.
Die Vernunft oder der siebte Sinn wird uns dennoch als einer der inneren Sinne bewusst. Wir können uns nicht nur körperlich spüren, wir können nicht nur sehen, hören, riechen, schmecken und tasten, sondern wir können auch nach innen sehen und durch das Innen hindurch ein ‚anderes Draußen' schauen.
Im Alltag nutzen wir den siebten Sinn unbewusst, sobald wir uns selbst beobachten oder von einer verbesserten Existenz tagträumen.
Auch das Denken ist als nach innen ausgerichteter Sinn vollkommen in Vergessenheit geraten. Denken bedeutete ursprünglich inneres Bilderleben.
Im Wort "Bilderleben" stecken die beiden Bedeutungen "Bilder-Leben" und Bild-Erleben".
"Bilderleben" ist vor allem das vor- bzw. unbewusste spielerische bzw. schöpferische Gestalten der Fantasie.
Schöpferisches Denken nimmt während des Wachseins den größten Raum ein, insbesondere als Tagtraum. Tagträume nehmen das Be-wusstsein etwa zwei Drittel des Wachseins in Anspruch.
"Bild-Erleben" dagegen ist ein vom Verstand fokussiertes Moment des Bilderlebens, gleichsam ein angehaltenes Bild, das sich in Ruhe betrachten, beobachten und begreifen lässt. Die Auswahl geschieht in der Regel affektiv oder emotional spontan. Die Entscheidung für ein besonderes Moment ist also von der momentanen Stimmung und Einstellung abhängig. "Bilder-Leben" der Fantasie bzw. der Ver-nunft und "Bild-Erleben" des Verstandes werden durch die Seele moderiert und koordiniert.
Traditionell wird das anders beschrieben. Diese Beschreibung geht vor allem auf Aristoteles, einem Schüler Platons, zurück. Danach geht es beim Bild-Erleben um Orientierung, aber eben nicht in Ge-stalt von Ideen wie noch bei Platon, sondern in Form von Begriffen aufgrund von Verallgemeinerungen, die sich dann später noch zu Formeln verdichten.
Der Begriff löste die Intuition ab und messbare, berechenbare Erfah-rungen ersetzten die Fantasie.
Das Empfinden und Fühlen als Erkenntnis gewinnende Vorgänge wurden von nun an geringgeschätzt und belächelt.
Inzwischen haben wir vergessen, dass wir außer den äußeren Sinnen neben dem Körpersinn, noch über einen weiteren inneren Sinn ver-fügen. Wir können also nicht nur sinnlich, sondern auch seelisch o-der geistig wahrnehmen.
Ohne Innensinn wären wir Lebewesen nicht existenzfähig.
Viele haben jedoch nicht gelernt, diesen Sinn so zu gebrauchen, dass er sich ausreichend ausbilden kann.
Vor allem blinde Menschen ist dieser Sinn zu eigen. Blinde müssen zwar auf das sinnliche Sehen verzichten, aber aufgrund ihres siebten Sinns sind sie als innerlich Sehende unterwegs. Blinde sehen an-ders.
Ihre Wahrnehmungen empfangen sensible Ereignisse, nicht als digi-tale Signale, sondern als analoge Schwingungen.
Einige Blinde können sogar Farben sehen.
Farben senden Schwingungen und keine Signale.
Über Schwingungen kommunizieren auch Tiere. Ich konnte das an unserem Blindenführhund Rolf beobachten. Weil mein Vater zu Hause erzählte, wo er in der Stadt einzukaufen beabsichtigt, wusste ich, wenn ich ihn mit Rolf zusammen begleitete, in welche Geschäfte er zu gehen beabsichtigte. Ich habe aber nur höchst selten bemerken können, dass er Rolf die Namen genannt hätte. Ich habe mich als Kind nicht weiter darüber gewundert.
Natürlich gab es für Rolf sehr vertraute Routen wie zum Zigarrenge-schäft Leidoldt, wo sich mein Vater Stumpen oder Zigarren besorg-te und Rolf immer Kekse bekam. Für Pfeidentabak aber war die alte Frau Weiss vom Zigarrengeschäft Weiss zuständig. Ich habe nie herausbekommen, wann die Entscheidung zwischen Vater und Rolf für Leidoldt oder Weiss fiel.
Wir hören, sehen, riechen, schmecken, fühlen und empfinden kör-persinnlich, aber erst im Gehirn entsteht durch das Zusammenspiel von Milliarden von Nerven die Welt in unserem Kopf. Sie wird be-einflusst und geregelt von unseren Erfahrungen, Stimmungen oder von Einstellungen und Erwartungen gesteuert.
Was wir sinnlich erfassen, geht in ein Feuerwerk von elektrischen Impulsen über. Nur diese Nervenimpulse vermag das Gehirn zu ver-arbeiten. Dies geschieht in verschiedenen Bereichen zugleich in spe-zialisierten Gebieten. Das betrifft zum Beispiel die Frage, um welche Objekte es sich handelt und wo sie sich befinden. Doch diese spezia-lisierten Areale sind nicht streng voneinander abgegrenzt.
Unser Gehirn ist ein kompliziertes Netzwerk, in dem unzählige Ver-arbeitungsschritte gleichzeitig ablaufen und in dem die unterschiedli-chen Bereiche pausenlos miteinander Information austauschen.
Dennoch lassen sich grundlegende Verarbeitungswege unterschei-den. Zum einen gibt es den Was-Pfad, zum anderen den Wo-Pfad. Sie führen in verschiedene Gehirnbereiche. Im Wo-Pfad (hauptsäch-lich im Partiallappen) wird unter anderem analysiert, wo genau die Objekte sind, wie groß sie sind und in welchem Abstand sie sich zu-einander befinden. Die genaue Form und Art der Objekte wird dabei kaum beachtet.
Es existieren insgesamt zwölf Pfade:
1. Was-Pfad (Sein, Wesen) - Sie bestimmen das, was Sie sehen, als Objekt!
2. Welche-Pfad (Eigenschaften) - Sie konzentrieren sich nur auf die Eigenschaften eines Objekts!
3. Wie-Pfad (Art und Weise) - Sie wählen unterschiedliche Per-spektiven wie z.B. Draufsicht oder Seitenansicht !
4. Wo-Pfad (Raum, Ort) - Sie bestimmen den Raum oder die Um-gebung des Objekts!
5. Wann-Pfad (Zeit) - Sie bestimmen die Tages- oder Jahreszeit, zu der Sie das Objekt betrachten!
6. Wobei-Pfad (Umstand) - Sie stellen Einflüsse Ihrer Betrachtung fest wie Stimmung oder Einstellung!
7. Wie viel-Pfad (Maß) - Sie bestimmen die Dauer Ihrer Betrach-tung!
8. Womit-Pfad (Mittel, Material) - Sie benötigen Hilfsmittel!
9. Weshalb-Pfad (Grund) - Sie befassen sich aus einem bestimmten Grund mit dem Objekt.
10. Wofür-Pfad (Zweck, Ziel) - Ihre Beschäftigung mit dem Objekt dient einem bestimmten Zweck.
11. Warum-Pfad (Ursache) - Der Auslöser für Ihre Beschäftigung mit dem Objekt lässt Sie nicht in Ruhe.
12. Wozu-Pfad (Wirkung) - Die Auseinandersetzung mit dem Ob-jekt befriedigt oder bleibt unbefriedigend.
An einem Beispiel sollen diese 12 Betrachtungsmodi noch einmal veranschaulicht werden, und zwar in Form bzw. Gestalt der entspre-chenden sechs Duplizitäten.
1./2. Grund und Zweck
3./4. Ursache und Wirkung
5./6. Eigenschaften und Wesen
7./8. Art/Weise und Umstand
9./10. Mittel und Maß
11./12- Raum und Zeit
Beispiel zu diesen 6 Duplizitäten:
1. Auf der Party habe ich zu viel geraucht und getrunken, um allen Stress einmal zu vergessen. (Grund und Zweck)
2. Nikotin- und Alkoholmissbrauch verursachten Kopfschmerzen und einen vernebelten Kopf. (Ursache und Wirkung)
3. Aspirin soll mich von den Kopfschmerzen befreien und mir wieder einen klaren Kopf verschaffen. (Mittel und Maß)
4. Ich möchte wieder aufmerksam sein und mich konzentrieren können. (Art/Weise und Umstand)
5. Das schöpferische Arbeiten soll nicht darunter leiden. (Eigen-schaften und Wesen)
6. Vormittags, nachmittags und abends werde ich an der Uni sein. (Raum und Zeit)
Alle diese Pfade bilden gleichsam die Wege der Vernunft und er-möglichen eine mehrdimensionale, intuitive Wahrnehmung.
Zwölf Fragen geistigen Wahrnehmens bzw. Suchens entsprechen diesen Pfaden sinnlicher Wahrnehmung.
Benachbarte Gehirnbereiche bilden die Aspekte und/oder Perspekti-ven, unter denen wir Personen, Objekte oder Ereignisse erfassen.
Zum Beispiel sind für die dreidimensionale Wahrnehmung die be-nachbarten Gehirnbereiche der Wo- und Wann-Pfade verantwortlich: Welche Tiefe haben die Objekte und wie weit sind sie vom Betrach-ter entfernt und wann treten sie auf? Ohne diese Aspekte würden die gesehenen Gegenstände flach wie aus Pappe ausgeschnitten wirken. Erst durch Perspektive und Tiefe entsteht bei Sehenden wie bei Blinden eine dreidimensionale Wahrnehmung.

Andere Nervenzellen sind wiederum darauf spezialisiert, Bewegun-gen wahrzunehmen. Dabei reagieren unterschiedliche Neuronen auf jeweils ganz bestimmte Geschwindigkeiten.
Wo die Bewegung stattfindet spielt dabei kaum eine Rolle.
Bewegung wird nur sehr grob einem Ort zugeordnet.
Der Was-Pfad für optische Impulse (hauptsächlich Temporallappen) klärt, was für Gegenstände, Personen oder Landschaften das Auge sieht. Damit das Gehirn die Objekte einordnen kann, muss es sie zu-nächst von ihrem Hintergrund trennen. Dabei ist es günstig, dass be-reits die primäre Sehrinde besonders gut auf Kanten und Übergänge anspricht. So lassen sich die Konturen der Objekte schnell erfassen. Diese Konturenwahrnehmung funktioniert so gut, dass das Gehirn teilweise über das Ziel hinausschießt und Formen sieht, die es ei-gentlich gar nicht gibt. Objekte werden mit bekannten Dingen aus dem visuellen Gedächtnis verglichen.
Innerhalb einiger Millisekunden hat das Gehirn jede relevante In-formation aller Pfade aus dem Bild gewonnen und verschiedene As-pekte zu einem Gesamteindruck kombiniert. Das alles wird innerhalb eines Augenblicks (höchstens drei Sekunden) gleichzeitig interpre-tiert. Alle Areale tauschen mit allen in einem Netzwerk ständig In-formation aus. Es existiert keine Hierarchie oder Zentrum.
Offenbar werden sogar von den höheren Verarbeitungsebenen wie-der Impulse zum Beispiel in die primäre Sehrinde zurück geschickt. Sie wirken wie eine Verstärkung oder Rückkopplung und machen das Bewusstwerden hoch wahrscheinlich erst möglich.
Bei Blinden werden solche Reflexionen aufgrund des Ausfalls des Sehens durch die übrigen Sinne kompensiert.
Sie sehen die äußere Welt gleichsam von innen. Blinde Menschen zeigen uns, dass es gleichsam möglich ist, ohne sinnliche Wahrneh-mung zu sehen.
Vielleicht bin ich gerade, was den siebten Sinn angeht, gleichsam be-triebsblind? Schließlich schreibe ich darüber, als ob es das Einfachs-te und Selbstverständlichste der Welt sei, den siebten Sinn zu ge-brauchen.
Grund für eine solche Betriebsblindheit könnte sein, dass ich mit ei-nem blinden Vater aufgewachsen bin und mir dadurch diese Fähig-keit unbewusst angeeignet habe.
Dass dem so sein dürfte, ergibt sich aus meiner Erfahrung, dass an-dere bisweilen nicht verstehen was ich eigentlich meine, wenn ich vom inneren Sehen spreche und mich dabei auf Platon's ἰδέ bezie-he.
Ich bin nicht auf die Idee gekommen, das eigens zu erklären, weil ich in meiner beruflichen Praxis immer davon ausgegangen bin, dass je-dem die Fähigkeit inneren Sehens (ἰδέ ) zueigen und deshalb intui-tiv vertraut ist und aus diesem Grund auch niemand jemals genauer nachgefragt hat, worin denn eigentlich der zureichende Grund für unterrichtliche Erfolge zu sehen ist.
So bin ich immer davon ausgegangen, dass sich diese Fähigkeit durch praktische Beispiele meines Unterrichtens gleichsam auf na-türlichem Weg vermittelt. So war ich unermüdlich darin, zu lehren, dass alle ihren eigenen Weg finden und lernen müssen, dass Unter-richten nicht zu lehren ist. Dabei vertraute ich Kindern und Jugendli-chen, mit deren Hilfe ich meine Überzeugung demonstrieren durfte. Bei Kindern und Jugendlichen ist nämlich Intuition noch natürli-cherweise vorhanden.
Diese Überzeugung wuchs selbstverständlich nicht aus mir heraus, sondern erwuchs aus der Beschäftigung mit Vorbildern wie Sokra-tes, Platon, Comenius, Maria Montessori, Alexander Sutherland Neill oder Oskar Negt. Die Glocksee-Schule in Hannover war für mich eine lebendige Demonstration von Schule so, wie ich sie mir vorstellte und in der Regelschule umzusetzen versuchte. So über-nahm ich 1998 das Amt des Rektors der Pädagogischen Hochschule Flensburg nur, um eine radikale Reform des Referendariats in Gang zu setzen, keine Ahnung davon, dass dies mehr als zwei Jahrzehnte dauern könnte. Aber die Gedanken einer anderen Lehrerausbildung suchten sich unabhängig von mir und meinen Nachfolgern ihren Weg und tragen erst heute Früchte.
Meinen Erfahrungen mit alternativen Schulen gemäß bereitet der schöpferisch begabte Lehrer Unterricht intuitiv vor. Sie antizipieren die Vermittlung der Information einschließlich des wahrscheinlichen Verhaltens der Lernenden, ohne sich dabei in bestimmte Erwartun-gen zu versteigen.
Der Unterricht soll gefühlsmäßig und sachlich stimmen und vor al-lem interessant sein. Neben der fachlichen Kompetenz steht vor al-lem die soziale Kompetenz im Vordergrund. Der beste Unterricht taugt nichts, wenn der Umgang miteinander nicht stimmt.
Um aber der Lerngruppe überhaupt die Möglichkeit zu geben, sich im Verhalten auszuprobieren, überträgt der Lehrer möglichst viel un-terrichtliche Verantwortung an Lernende. Das geschieht vorrangig durch das Delegieren unterrichtlicher Funktionen, einschließlich der die Lernerfolge sichernden Kontrollen. Den Lernenden bleibt es selbst überlassen, wie sie mit den Ergebnissen der Überprüfungen umgehen.

12
Mrz
2018

Wer Visionen hat,...

Wer Visionen hat, braucht nicht zum Arzt!
Wer Gedichte schreibt, Musik komponiert oder Bilder malt, hat spontan eine Vorstellung von dem, was er ins Werk setzen will. Meistens weiß er nicht einmal zu sagen, weshalb er was gestalten wird. Es ist eine Art Gestaltungstrieb, der ihn dazu antreibt.
So ist auch Totzeit ein Blick auf die Zeitspanne des Sterbens als Übergang von der Endlichkeit über den Tod zur Ewigkeit.
Von klein auf war es der große Wunsch, etwas über die Existenz Gottes zu erfahren. Um die damit verbundenen Ideen nicht zu ver-gessen, habe ich sie aufgeschrieben. Dadurch schuf ich mir zugleich auch die Möglichkeit, intuitiv empfangene Gedanken in mir wach-sen zu lassen.
Zwischendurch habe ich mich immer wieder gefragt, wer oder was eigentlich per Intuition den Text wirklich diktiert.
Was also steckte hinter der Intuition? Diese Frage setzte in mir inten-sives Nachfragen in Gang. Ich entdeckte das Vorbewusste, das Ge-danken denkt, bevor sie uns bewusst werden.
Weil das Vorbewusstsein nicht von der Enge des Bewusstseins ein-geschränkt wird, vermag es auch das mehr und wahrscheinlich auch sensibler wahrzunehmen, was dem Bewusstsein verborgen bleibt. Bisweilen öffnet uns auch der Nachttraum die Tür einen Spalt zum Vorbewussten.
Deutungen bleiben jedoch verwehrt, da jeder Versuch, einen Traum im Nachhinein verstehen zu wollen, an Projektionen scheitert. Selbst wiederkehrende Ereignisse während des Träumens verschließen sich einer nachträglichen Deutung.
Wenn ein Kind Nacht für Nacht im Traum vor einer Riesenkugel, die es zu überrollen droht, flüchtet, dann besagt das noch nichts über ei-ne Bedrohung, der das Kind tagsüber ausgesetzt ist. Es lässt sich da-raus auch keine existentielle Grundangst ableiten.
Was aber zeigen Bilder eines Traumes einer Seele, wenn nicht nach-gestellte Szenen bewussten Erlebens?
Gewöhnlich weiß ein Kind mit seinen Nachtträumen nichts anzufan-gen. Natürlicherweise vergisst es sie wieder.
Fallen dem Vorbewussten spielerisch keine Lösungen zu, dann wird es offene Probleme mit gleichen oder auch anderen Bildern immer wieder neu erneut inszenieren. Entsprechende Nachtträume wieder-holen sich, bis das verlorene Gleichgewicht zurückgewonnen wird. Andererseits vermag Vorbewusstes auch unbewusst auf Vorgänge des Bewusstwerdens einzuwirken und Unruhe zu stiften. Betroffene werden dann von Ängsten und Gefühlen der Orientierungslosigkeit gequält.
Nachträgliche Versuche, Nachtträume zu deuten, können nicht den wesentlichen Grund innerer Unruhe betreffen. Die Ursache solchen Umtriebs gelangt durch therapeutische Projektionen natürlicherweise nicht zum Vorschein. Antizipierende selbst heilende, positive Bilder während des Einschlafens dagegen wirken günstig auf Vorbewuss-tes.
Nach und nach entdeckte ich, dass unterschiedliche Fragen verschie-dene Aspekte, also verschiedene Perspektiven innerer Betrachtung freisetzen. Da aber Fragen Suchen bedeutet, lag es nahe, zu versu-chen, herauszufinden, wie genau sich die durch unterschiedliche Fragen bedingten, verschiedenen Arten und Weisen inneren Suchens unterscheiden.
Ich entdeckte, dass es nicht ausreicht, das innere Geschehen als ei-nen einzigen Vorgang zu beschreiben. Den verschiedenen Fragen entsprechend müssen unterschiedliche Arten und Weisen inneren Sehens zum Vorschein gebracht werden, um ein Phänomen umfas-send betrachten und darstellen zu können.
Während dieser Nachforschung stellte sich das Phänomen der Tot-zeit zunehmend differenzierter dar, beispielsweise als Existenz von Information zwischen zwei Neuronen.
Der zureichende Grund für diesen Vorschein ergibt sich aus der Notwendigkeit, dass Totzeit einer Form bedarf, die sowohl physisch als auch metaphysisch gestalterisch wirksam zu sein vermag.
Während der Totzeit existiert also das virtuelle, metaphysische Neu-ron " ὄν".
Das Neuron "ὄν" ist als Energieteilchen raum- und zeitunabhängig. Kurz bevor das "ὄν" als ‚Rückfall' von Materie in Energie entsteht, erscheint es materiell noch wie sich inzwischen herausstellt als soge-nanntes Gottesteilchen.
Als "ὄν" erschließt es sich unserer Anschauung allerdings nur durch das reine Denken, welches wir uns hier erst noch erschließen müs-sen.
Das physikalisch so schwer zu fassende Teilchen gilt als der Urhe-ber für eine der Grundeigenschaften aller Dinge: der Masse. Ohne sie wäre das Universum ein völlig anderer Ort: Es gäbe keine Ato-me. Denn die Masse erst sorgt dafür, dass die Grundbausteine der sogenannten Materie zusammenhalten. Lange Zeit aber konnte das Standardmodell der Teilchenphysik - und damit die Basis unseres physikalischen Weltbilds - nicht erklären, woher die Elementarteil-chen diese wichtige Eigenschaft haben. Das "ὄν" allerdings er-schließt sich nicht naturwissenschaftlichen Denken, da es sich rein physikalischen Experimenten weitgehend verweigert.
Der für die Existenz des vernunftbegabten Lebewesens notwendige naturwissenschaftliche Blick nach draußen vernachlässigt nämlich gleichzeitig mehr und mehr den ebenso notwendigen, metaphysisch geschulten visionären Blick nach innen.
Für die physisch bzw. physikalisch messbare und metaphysisch denkbar kürzeste Zeitspanne ist das vernunftbegabte Wesen über das Neuron "ὄν" mit der Welt hinter dem Horizont verbunden.
Im Alltag fällt die Wirkung des "ὄν" allenfalls durch Effekte auf wie sogenannte Gedankenübertragungen oder geistige Heilungen, die in Kliniken Englands durchgeführt werden.
Geistige Heiler sehen gleichsam die Krankheit des zu heilenden Menschen zunächst in einer ihrer Fantasie gemäßen Form vor ihrem inneren Auge und lösen dann die geschaute Erkrankung in ihrer Vorstellung auf. Das Gehirn des Kranken empfängt die Schwingun-gen dieser Vorstellungen und verändert dann körperliche Prozesse dieser empfangenen Vorgaben entsprechend.
Wahrscheinlich handelt es sich bei göttlichen Erscheinungen hoch sensibler, fantasievoller Menschen um vergleichbare Phänomene der Übertragung.
Durch eine besondere Form der Organisation des Bewusstseins vermag der Mensch offensichtlich über eine Aufrechterhaltung des neuronalen, ontischen Netzes mit der Welt hinter dem Horizont zu kommunizieren.
Unter philosophischem Gesichtspunkt ist die Grenze zwischen Phy-sik und Metaphysik die Grenze zwischen Wirklichkeit und Mög-lichkeit.
Die physikalischen Teilchen ὄνta (Plural von ὄν) können diese Grenze überspringen. Diese neuronalen Teilchen wandeln sich bei diesem Sprung zu virtuellen Teilchen. Virtuelle Teilchen können un-ter Umständen physikalisch im Teilchenbeschleuniger noch als win-zige grafische Punkte erfasst werden.
Die Gesamtheit der ὄtνa macht das aus, was als Gottes Allgegenwart erfahren werden kann. Die Seele als Gesamtheit (noch) neuronal ge-bundener Onta löst sich mit dem Tod durch Virtualisierung in neu-ronal ungebundenen Onta auf und existiert noch rein intuitiv als on-tische Energie.
Der Verstand scheint sich uns mit dem Sterben zu entziehen, und al-le Kunstwelten oder Weltbilder unserer Existenz scheinen sich in unendlichen Weiten aufzulösen.
Dass wir uns aber in diesem Anschein von Schwund schrecklich täuschen, erfahren wir wegen der Enge des Bewusstseins und der damit verbundenen Beschränktheit des Verstandes nicht. Das zu verstehen, würde ein rein intuitives Existieren voraussetzen.
So leiden wir angesichts des Todes unter schmerzlichster Trennung, die in Wahrheit so nicht stattfindet.

11
Mrz
2018

Verfall

Am Abend, wenn die Glocken Frieden läuten,
Folg ich der Vögel wundervollen Flügen,
Die lang geschart, gleich frommen Pilgerzügen,
Entschwinden in den herbstlich klaren Weiten.

Hinwandelnd durch den dämmervollen Garten
Träum ich nach ihren helleren Geschicken
Und fühl der Stunden Weiser kaum mehr rücken.
So folg ich über Wolken ihren Fahrten.

Da macht ein Hauch mich von Verfall erzittern.
Die Amsel klagt in den entlaubten Zweigen.
Es schwankt der rote Wein an rostigen Gittern,

Indes wie blasser Kinder Todesreigen
Um dunkle Brunnenränder, die verwittern,
Im Wind sich fröstelnd blaue Astern neigen.


Georg Trakl

10
Mrz
2018

BEWUSSTWERDEN - begreifen

Begreifen vollzieht sich aufgrund von Versuch und Irrtum als Entscheiden für erfolgreiche oder wenigstens Erfolg versprechende existentielle Verhaltensweisen. Diese prägen sich dann durch Praxis als schwer veränderbare neuronale Makros im Gehirn aus.
Nicht von ungefähr wird etwas überspitzt gesagt, dass jeder bedeutende Denker nur einen Gedanken denkt und dass jeder Maler, Dichter oder Komponist nur ein Motiv hat, also über ein sehr stabiles, neuronales Makro verfügt.
Ich habe den Vorgang ganzheitlichen Begreifens im in der edition shz 2005 erschienen Buch "Spielregeln des Erfolgs" unter dem Namen "Dreiplusneun" zusammengefasst. In Analogie dazu möchte ich das hier auch tun.
Bewusstwerden geschieht als Zusammenspielen von:

1. Vernunft:
a) Wahrnehmen
b) Empfinden
c) Fantasieren
2. Seele:
a) Interessieren
b) fühlen
c) emotionalisieren
3. Verstand:
a) Beobachten
b) Probieren
c) Begreifen


Ich nehme Bäume im Park wahr (1.Vernunft). Ich fühle Traurigkeit angesichts der Färbung des Laubes (2.Seele). Ich beobachte bei mir die Erinnerung an Georg

9
Mrz
2018

BEWUSSTWERDEN - beobachten

Begreifen vollzieht sich aufgrund von Versuch und Irrtum als Entscheiden für erfolgreiche oder wenigstens Erfolg versprechende existentielle Verhaltensweisen. Diese prägen sich dann durch Praxis als schwer veränderbare neuronale Makros im Gehirn aus.
Nicht von ungefähr wird etwas überspitzt gesagt, dass jeder bedeutende Denker nur einen Gedanken denkt und dass jeder Maler, Dichter oder Komponist nur ein Motiv hat, also über ein sehr stabiles, neuronales Makro verfügt.
Ich habe den Vorgang ganzheitlichen Begreifens im in der edition shz 2005 erschienen Buch "Spielregeln des Erfolgs" unter dem Namen "Dreiplusneun" zusammengefasst. In Analogie dazu möchte ich das hier auch tun.
Bewusstwerden geschieht als Zusammenspielen von:

1. Vernunft:
a) Wahrnehmen
b) Empfinden
c) Fantasieren
2. Seele:
a) Interessieren
b) fühlen
c) emotionalisieren
3. Verstand:
a) Beobachten
b) Probieren
c) Begreifen


Ich nehme Bäume im Park wahr (1.Vernunft). Ich fühle Traurigkeit angesichts der Färbung des Laubes (2.Seele). Ich beobachte bei mir die Erinnerung an Georg Trakls Gedicht "Verfall" (3.Verstand).

8
Mrz
2018

BEWUSSTWERDEN - beobachten

Sobald man beobachtet, weiß man, dass der Verstand das Sagen hat, denn er trifft die Wahl einer Perspektive oder eines Aspektes der Vergegenwärtigung.
Sobald während des Betrachtens Perspektiven oder Aspekte als be-sonders wichtig werden, geht Betrachten in Beobachten bestimmter Eigenschaften oder Zusammenhänge über.
Umgangsformen werden ausprobiert und korrigiert, bis sie sich als erprobte Muster der Gestaltung erweisen.
Dem Beobachten kommt nach der Unverbindlichkeit freien, selbstlosen Betrachtens vornehmlich die Funktion existentieller Selbstversicherung zu.

7
Mrz
2018

BEWUSSTWERDEN - Vergegenwärtigen

Das Bewusstwerden vollzieht sich körperlich, seelisch und geistig. Körperlich und seelisch organisiert sich das Bewusstwerden als Wahrnehmen.
Wahrnehmen steht für das sinnliche Erfassen wie Sehen, Hören, Schmecken, Riechen oder Tasten.
Wahrnehmungsinhalte können durch Worte vertreten werden. Wenn ich beispielsweise sage: "Ich sehe ein Auto!", dann stellen Sie sich ein ganz bestimmtes Auto vor. In der Regel wird mit dem Lesen ei-nes Wortes also auch ein entsprechendes Bild dazu vom Verstand ins Bewusstsein projiziert.
Selbst das Wort "Wahrnehmen" sollte eine konkrete Wahrneh-mungssituation projizieren. Wird aber mit dem Lesen eines Wortes nicht zugleich auch eine konkrete Vorstellung (Innenbild) dazu be-wusst, dann wird entweder nicht aufmerksam bzw. konzentriert ge-nug gelesen oder das Wort ist unbekannt.
Seelisch vollzieht sich Bewusstwerden als gefühlsmäßig rückgekop-pelte Wechselwirkung von Körpersinn und limbischem System und auch als gefühlsmäßige Widerspiegelung während des Erinnerns.
Der Körpersinn wird uns nur selten bewusst. Es wird kaum klar, auf welche Weise er uns organisiert. Ohne den Körpersinn könnten wir uns weder leicht fortbewegen noch Geräte bedienen, weder Sport treiben noch im Dunkeln hantieren. Und nicht nur unseren Körper erfühlt dieser sechste Sinn: Mit ihm spüren wir, wie der Sessel, auf dem wir sitzen, geformt ist. Wir können schätzen, wie viel noch in der Milchtüte ist, wenn wir sie bloß anheben und etwas schwenken.
Der Körpersinn informiert uns über Masseverteilung, Schwerpunkt und Balance, darüber, welche Wirkung welche Kräfte auf Bewegun-gen haben. Mit seiner Hilfe navigiert der Kellner ein überladenes Tablett über den Köpfen der Gäste.
Der Körpersinn lässt Werkzeuge wie Messer und Gabel, Hammer oder Schere, sogar das Auto zu Körperteilen werden. Einen Pinsel spüren wir bis in die Spitze.
Anders als beim Riechen oder Hören hat der Körpersinn kein spezi-fisches Organ. Wir nehmen den Körper und seine Haltung mit meh-reren Teilsinnen wahr: Mit dem Tastgefühl und eben auch mit dem Gleichgewichtssinn, vor allem aber mit sogenannten Tiefensensoren in Muskeln, Sehnen und Gelenken. Winzige Messstationen infor-mieren unser Gehirn dauernd über Stellung, Spannkraft und Bewe-gung der Körperteile. In den Armen, im Rumpf und den Beinen do-minieren sie den Körpersinn. Das Gefühl für die beim Menschen be-sonders hoch entwickelten Hände entsteht dagegen gleichermaßen aus Tiefen- und Tastsinn.
Eine wichtige Rolle für die Wahrnehmung des Körpers spielt das Gedächtnis, denn die Interpretationen von Tiefensinn und Tastgefühl müssen nach der Geburt erst erlernt werden.
Wie fühlt es sich an, eine Tür zu öffnen? Viele Male muss ein Kind zugreifen. Doch wenn es genug Erfahrung gesammelt hat, sieht es einer Tür von weitem an, wie schwer- oder leichtgängig sie ist. Auch eine große Eisenkugel sieht aus der Entfernung schwer aus, wenn wir mit Eisen schon hantiert haben.
Wechselwirkungen zwischen Vernunft und Verstand bzw. zwischen Bilder-Leben und Bild-Erleben gelangen wie gesagt seelisch zum Ausdruck. Gefühle vergegenwärtigen jeweilige Verhältnisse zwi-schen wahrnehmender Vernunft und wahr nehmenden Verstand. Unzufriedenheit fordert entweder die Kritik am aktuellen Bilder-Leben oder am gegenwärtigen Bild-Erleben heraus.
Das Gefühl der Unzufriedenheit gibt das Suchen nach möglichen Gründen an die Vernunft zurück und diese veranlasst den Verstand, das zu klären.
Gelingt das nicht, entsteht angesichts solcher Unentschiedenheit un-ter Umständen ein schwerer Konflikt zwischen Vernunft und Ver-stand. Bei wichtigen existentiellen Unentschiedenheiten kommt es gar zur körperlichen Erkrankung.

"Zwei Seelen wohnen, ach! in meiner Brust,
Die eine will sich von der andern trennen;
Die eine hält, in derber Liebeslust,
Sich an die Welt mit klammernden Organen;
Die andere hebt gewaltsam sich vom Dust (= Staub) Zu den Gefilden hoher Ahnen."

Die Auseinandersetzung zwischen Vernunft und Verstand kann sich auf einen Streit zwischen Glauben bzw. persönlich akzeptiertes Bil-der-Leben und Wissen bzw. bewiesenes, verallgemeinertes Bild-Erleben zuspitzen. So führt beispielsweise die Frage nach der Exis-tenz Gottes zwangsläufig in eine Entscheidung zwischen Glauben und Wissen.
Die Frage nach der Existenz Gottes ist keine Wissensfrage, sondern eine Glaubensfrage. Solange sich der Verstand nicht systematisch damit befasst, bis eine Antwort gefunden wird, bleiben quälende Zweifel.
Es existieren vor allem zwei informative Kräfte, gegen die man sich gewöhnlich nicht wehren kann, die äußere Kraft sinnlichen oder körpersinnlichen Wahrnehmens und die innere Kraft fantastischen Vorstellens.
Wir nehmen ständig wahr projizieren oder fantasieren.
Die Fantasie setzt Unbewusstes spielerisch um und beschäftigt uns zwei Drittel eines Tages mit Träumen von unserer Zukunft oder von unserer Vergangenheit in Nachträumen.
Während der Verstand sinnliche Wahrnehmungen auf Grund von Erfahrungen leicht deuten kann, tut er sich mit der Deutung von Fan-tasien oft schwer.
Die Fantasie lässt dichten, zeichnen, malen, komponieren oder Neu-es entwerfen und technisch entwickeln. Als Vermittlerin schöpferischer Kräfte des Unbewussten fördert sie Unbekanntes zutage oder inszeniert auch Visionen des Göttlichen.
Die Fantasie übersetzt gefühlte Schwingungen in unverbindlich spie-lerisches Bilder-Leben für den Verstand, bisweilen sogar unter dem Motto "Hic Rhodus, hic salta!"
Fantasie ist schöpferisches Umgestalten erinnerter Erfahrungen, be-vor Verstand Bild-Erleben projiziert. Seele ist vorbewusstes Emp-finden und Abstimmen von Reizen auf Bedürfnisse und Erfahrungen, bevor Vernunft Bilder-Leben inszeniert. Weil Erfahrungen mit einfließen, wirkt Fantasie mittelbar mit.
Bewusstwerden wird vom Unbewussten vorbewusst geformt und von Fantasien gestaltet. Bewusstwerden vollzieht sich als nachträgliches Schauen dieses Geschehens.
Wir nehmen zu spät wahr, was geschehen ist. Der Verstand erfährt die Vernunft nachträglich.

6
Mrz
2018

BEWUSSTWERDEN - auseinandersetzen

Geistige Auseinandersetzungen brauchen Innenraum. Und je komplexer sie werden, um so mehr Ressourcen des Kurzeitgedächtnisses beanspruchen sie.
Der Ausdruck "Enge des menschlichen Bewusstseins" besagt, dass höchstens 7 Ereignisse zugleich während der Gegenwartsdauer, also für etwa 10 Sekunden, festgehalten werden können, also beispielsweise 7 Wörter oder 7 Zahlen u. dgl. m. Wenn aber die einzelnen Dinge geschickt durch eine Geschichte miteinander verbunden werden, kann die Anzahl der Daten, die festgehalten werden sollen, erhöht werden, weil eine Geschichte gleichsam als eine von sieben Einheiten des Kurzzeitgedächtnisses zählt. Wir wollen das an einem Beispiel zeigen.
Wir beginnen mit einem Blick in den Kalender mit zwölf Monatsbildern, welche die Veränderung eines Apfelbaumes im Verlauf eines Jahres zeigen. Betrachten Sie das jeweilige Monatsbild sorgfältig in Ihrer Vorstellung (!).
Der Verstand projiziert das gewünschte Bild, und die Vernunft erzeugt die entsprechende Stimmung dazu.

Januar:
Der Baum ist total verschneit. (In der Neujahrsnacht fiel ungewöhn-lich viel Schnee.)
Februar:
Der immer noch völlig verschneite Baum liegt nun im dichten Nebel.
März:
Der Baum ist noch vollkommen kahl.
April:
Die ersten kleinen Knospen beginnen zu sprießen.
Mai:
Der Baum steht in voller Blüte.
Juni:
Der Baum hat nun sein frisches grünes Blattwerk.
Juli:
Das Blattwerk wirkt sehr 'schlaff'. Die Blätter leiden unter sengender Hitze.
August:
Das Blattwerk hat sich nach starkem Gewitter mit viel Regen wieder erholt. Auf den einzelnen Blättern liegen noch einzelne Regentropfen.
September:
Der Baum hängt voller gut gewachsener Äpfel.
Oktober:
Der Baum trägt buntes Blattwerk.
November:
Der Baum ist bis auf elf (!) Blätter kahl.
Dezember:
Der Baum ist total vereist.
Wenn Sie sich alle Bilder klar genug vorgestellt haben, dann haben Sie auch alle sofort behalten und können jetzt alle zwölf Monatsbil-der wiedergeben!
Noch einmal mit Verstand und Vernunft gemeinsam:
Januar:
Verstand: Der Baum ist total verschneit. In der Neujahrsnacht fiel ungewöhnlich viel Schnee.
Vernunft: Fröhlich lärmende Kinder sind mit ihren Schlitten unter-wegs.

Februar:
Verstand: Der immer noch total verschneite Baum liegt nun im dich-ten Nebel.
Vernunft: In der Ferne hört man jetzt den fröhlichen Lärm karne-valsbegeisterter Menschen. Nordische Version: Durch den Nebel dringen düster klingende Nebelhörner von Schiffen in der Ferne.

März:
Verstand: Der Baum ist vollkommen kahl.
Vernunft: Mit ihrem "zizi" oder "zizizi" zeigen Meisen ihre Freude auf den nahenden Frühling.

April:
Verstand: Die ersten kleinen Knospen beginnen zu sprießen.
Vernunft: "Amsel, Drossel Fink und Star", die ersten zurückgekehr-ten Zugvögel, singen.

Mai:
Verstand: Der Baum steht in voller Blüte.
Vernunft: Zwischen den Blüten summen Bienen.

Juni:
Verstand: Der Baum hat nun frisches grünes Blattwerk.
Vernunft: Vom blauen Himmel strahlt die heiße Frühsommer-Sonne.

Juli:
Verstand: Das Blattwerk wirkt sehr 'schlaff'.
Vernunft: Die Blätter leiden unter der großen Hitze. Man hört aus dem Freibad in der Nähe den Lärm badender Menschen.

August:
Verstand: Das Blattwerk hat sich nach starkem Gewitter mit viel Re-gen wieder erholt. Auf den einzelnen Blättern liegen noch Regen-tropfen.
Vernunft: Es riecht noch nach frischem Regen und duftet nach nas-sem Gras.

September:
Verstand: Der Baum hängt voller gut gewachsener, schöner reifer Äpfel.
Vernunft: Die Farben der Äpfel leuchten in der Spätsommersonne.

Oktober:
Der Baum trägt buntes Blattwerk.
Vernunft: Aus der nahegelegenen Kita dringt das Lied von Kindern: "Bunt sind schon die Wälder"

November:
Verstand: Der Baum ist bis auf elf Blätter kahl.
Vernunft: Der dichte Nebel ist auf dem Gesicht zu spüren.

Dezember:
Verstand: Der Baum ist total vereist.
Vernunft: Es hatte fast ununterbrochen geregnet, bis es dann frostig kalt wurde. Das Läuten der Weihnachtsglocken durchdringt die Nacht.

Falls Sie alle Monats-Bilder spontan vergegenwärtigen können, ver-suchen Sie ein eigenes ‚Bilderbuch' zum Beispiel mit 12 Bildern von Tieren, welche für entsprechende Zahlen stehen:
0 Maul eines Karpfens
1 Pinguin
2 Schwan
3 Schwalbe
4 Flamingo auf einem Bein
5 Hase
6 Schnecke (rechts) baumaufwärts kriechend
7 Stechmücke
8 Wespe
9 Schnecke (links) baumabwärts kriechend
10 Pinguin hat ein Ei gelegt....
11 Das Pinguin-Paar freut sich.
12 Pinguin und Schwan schwimmen um die Wette.

4
Mrz
2018

BEWUSSTWERDEN - Wiedererinnern

Was ich wiedererkenne , dem bin ich bereits begegnet. Damit habe ich bereits Erfahrungen gemacht, das habe ich mir gemerkt und daran erinnere ich mich. Bei einer neuerlichen Begegnung brauche ich Erfahrungen nicht zu wiederholen.
Wiedererkennen verkürzt das Einschätzen bekannter Situationen. Das Gehirn weiß die Vorteile des Wiedererkennens so sehr zu schätzen, dass es diesen Vorgang automatisiert und als Routine ins Unbewusste delegiert.

Sobald Existieren aber nur noch aus Routinen besteht, verliert Be-wusstwerden gleichsam das Bewusstsein und Dasein entartet zu bloßem Dahinvegetieren.

Neuerdings wird solches Dahindämmern als Demenz beschrieben. Weil die Vernunft in Vergessenheit gerät , verliert das Gehirn an Bewusstsein.

Aber unbewusstes, weil automatisiertes Wiedererkennen = Identifi-kation lässt sich als solches rechtzeitig jederzeit vergegenwärtigen und in rückbesinnliches Erkennen zurückführen. Mit solchen Rück-führungen kann dem Entstehen von Demenz entgegengewirkt wer-den. Praktisch bedeutet das, täglich wenigstens einmal gegen die Gewohnheit und ausdrücklich gefühlsmäßig handeln.

Wiedererkennen bezieht sich sowohl auf Außen- als auch auf In-nenwahrnehmung. Während sinnliches Wahrnehmen von der ge-genwärtigen Stimmung beeinflusst wird, beeinflussen gegenwärtige Einstellungen geistiges oder inneres Wahrnehmen.

Das Wiedererkennen ist demnach nicht nur eine Sache des erfahre-nen Verstandes, sondern auch eine Angelegenheit der empfindenden Vernunft.

3
Mrz
2018

BWUSSTWERDEN - Wahrnehmen und Erkennen unterscheiden

Uns wird etwas sinnlich als Wahrnehmung und/oder gefühlsmäßig als Eindruck bewusst. Sinnliche Wahrnehmungen werden durch Einstellungen beeinflusst, Eindrücke durch Stimmungen.
Einstellungen sind Vorurteile auf Grund von Erfahrungen, Stimmungen sind situativ bedingte Empfindungen.
Der Verstand urteilt. Die Vernunft wertet. Urteile sind Formen des Wahrnehmens, Betrachtens, Beobachtens und Begreifens, Wertungen sind Ausdrucksweisen der Seele.
Der Verstand liest Grade vom Thermometer ab, die Seele fühlt die Temperatur .
Während der Verstand Wahrnehmungen digitalisiert, also in Wahrnehmungsmomente auflöst, erhält die Vernunft Wahrnehmungen als ganzheitliche Vorgänge.
Das Großhirn organisiert sich sowohl digital als Bewusstsein oder Verstand als auch analog als Intuition der Vernunft.

In die Organisation des Bewusstseins fließen Erinnerungen mit ein und gleichen Wahrnehmungen bisherigen Erfahrungen an. Dieser Einfluss bewirkt Vorurteile, die Wahrnehmungen etikettieren. Aus diesem Grund wird die Tätigkeit des Verstandes "Erkennen" genannt.

Im Wort "erkennen" steckt aufgrund der Vorsilbe "er" die Funktion "das zurückholen, was wir schon kennen", weil wir es irgendwann einmal mehr oder weniger unbewusst oder bewusst erfahren haben. "Erholen" bedeutet entsprechend, eine "bessere Befindlichkeit" zu-rück holen (wieder herstellen).
Den ersten griechischen Philosophen des Altertums war dieser Sachverhalt bewusst, weshalb für sie Erkennen zugleich immer auch ein Wiedererinnern war.

Sokrates demonstrierte diese Auffassung, indem er bei einem Sklaven nachwies, dass dieser den Satz des Pythagoras immer schon weiß. Wird er nämlich nur geschickt genug danach gefragt, dann kann er systematisch in sich suchen und den Lehrsatz des Verhältnisses der Quadrate über den Katheten eines rechtwinkligen Dreiecks zum Quadrat über dessen Hypotenuse entdecken und zutreffend wiedergeben.
Sokrates' Methode des systematischen Forschens durch zielgerichtetes Fragen ist als "Hebammenkunst" "Mäeutik" in die Geschichte eingegangen.
Wie kann man sich den Unterschied zwischen Verstand und Vernunft praktisch vorstellen? Zur Erklärung eignet sich das Einkaufen besonders gut. Wer verstandesmäßig einkaufen geht, legt zuvor die Abfolge der Geschäfte, in denen er die gewünschte Ware findet, ge-nau fest. Wer dagegen vernunftgemäß einkaufen geht, macht einen Einkaufsbummel. Ihn interessierende Geschäfte legt er erst unterwegs spontan, gefühlsmäßig fest.

Dem Verstand kommt es auf den kürzesten Weg an, der Vernunft eher auf das Vergnügen.
Die ersten Philosophen unterschieden zwischen Verstand und Vernunft . Die entsprechenden Verben bedeuten sehen, be-deutet körperlich oder sinnlich sehen und bedeutet seelisches gefühlsmäßiges Empfinden oder Intuition.

Den Menschen aber bestimmten sie als vernunftbegabtes und nicht etwa als verstandesbegabtes Lebewesen.
Die Intuition der Vernunft erschien ihnen demnach existentiell wichtiger als der Logos des Verstandes.
Ohne diese Unterscheidung der griechischen Philosophen des Altertums wäre wohl die Entdeckung und Grundlegung einer sinnlich unabhängigen Theorie wie Geometrie, Mathematik oder Metaphysik kaum denkbar gewesen. Diese Tatsache aber erklärt auch, warum keiner der ersten Philosophen jemals auf den Gedanken gekommen wäre, Theorie für wirklich zu halten.

Eine einfache Aufgabe demonstriert diese Auffassung.
Sehen Sie sich in dem Raum, in dem Sie sich befinden, genau um und sagen Sie, wie viele Kreise Sie sehen.
Falls Ihre Antwort lautet "Ich kann keinen Kreis sehen!", hat Sie das " " geleitet. Und selbst, wenn Sie mit dem Zirkel einen Kreis zeichnen sollen, werden Sie immer noch zutreffend erklären, dass Sie keinen herstellen können.
Der Kreis existiert nämlich wie alles Geometrische oder Mathematische nur als Vorstellung einer Idee in Ihrem Kopf! Diese Idee ist unmittelbar dafür verantwortlich, warum sich in Ihrem Raum so viele Kreise befinden.
Wissenschaft vermag niemals wahrzunehmen, sondern immer nur wahr zu nehmen.

Es erscheint paradox, warum nun ausgerechnet ganzheitliches Wahrnehmen der Vernunft zur Entdeckung detaillierten Wahrnehmens des Verstandes geführt haben soll.
Pythagoras' ganzheitliches Wahrnehmen entwarf in ihm Fragen, weshalb etwas immer so erscheint und nicht anders. Wann klingt eine Tonfolge harmonisch und wann disharmonisch?
Pythagoras benutzte ein Monochord, einen Klangkasten, der mit nur einer Saite bespannt war, und experimentierte mit einem Steg, den er, um eine Antwort auf seine Frage zu finden, unter der Saite in verschiedenen Abständen verschob. Während er den Steg an einer besstimmten Stelle feststeckte, zupfte er das frei schwingende Saitenende und verglich den erzeugten Ton mit dem Grundton des Instruments.
Er entdeckte, dass er, wenn er den Steg genau mittig ansetzte, den reinen Klang exakt einer Oktave erzielte, bei der Aufteilung von 2:3 und 3:4 hingegen jeweils Quinte und Quarte, die er ebenfalls noch als wohlklingend empfand.
Pythagoras unterteilte bereits das Tonsystem in 12 Halbtöne und schuf damit die Grundlage für die westliche Harmonielehre.
Die Antwort auf seine Frage bestand also im mathematischen Verhältnis unterschiedlich hoher Töne zueinander.
Den Abstand zwischen zwei Tönen zu bestimmen, ist nur eine Frage der Übung. Für alle wichtigen Intervalle demonstrierte er bekannte Liedanfänge als Eselsbrücken.

Offensichtlich ist es Neugier, die Wahrnehmen mit Hilfe von Experimenten in Wahr-Nehmen übergehen lässt. Verstand erscheint so als Sonderfall der Vernunft.

Das neugierige sorgfältige, geduldige Wahrnehmen des Verlaufes der Sonne am Himmel brachte den Philosophen Thales aufgrund der Beobachtung der Sonnenstrahlen zur Feststellung, dass jeder Winkel im Halbkreis ein rechter ist.
Und Eratosthenes von Cyrene ein griechischer Mathematiker, Dichter, Athlet, Geograph, Astronom und Musik-Theoretiker, war der erste, welcher den Gedanken hatte, den Kreisumfang der Erde zu berechnen, indem er ein Messsystem verwendet, nämlich Stadien (Einheiten von jeweils 600 Fuß). Eratosthenes beobachtete, dass am Tag der Sommersonnenwende die Sonnen-Strahlen während des Zenits in Syene (jetzt Assuan) senkrecht fallen. Zur gleichen Zeit in Alexandria aber lenkten die Strahlen 7.5 Grad von der vertikalen Richtung ab. Erathostenes betrachtete die Entfernung jener zwei Städte von 5000 Stadien (800 km). Seine Annahme beruhte auf der Zeit, welche eine Karawane für diese Entfernung braucht. Demzufolge leitete er den Kreisumfang der Erde ab: 360°/7.5 * 800 km = 39000 km.

Mythos, Kunst, Philosophie und Geometrie helfen offensichtlich der Vernunft, ihre Neugierde zu befriedigen.
Solche Befriedigung geschieht durch das Zusammenspielen von Vernunft und Verstand. Vernunft und Verstand sind einander ergänzende Teile jenes Prozesses, welcher seit jeher als Denken bezeichnet wird. Denken bedeutet "Bilderleben", und zwar als

Bilder-Leben der Vernunft
und
Bild-Erleben des Verstandes.

Sobald gedacht wird, gewährt auch Selbstbeobachtung Aufschluss darüber, ob gerade die Vernunft, der Verstand oder beide das Bewusstwerden bestimmen. Wenn ich mich an eine Situation erinnere und das vergangene Geschehen in Bildern in meiner Vorstellung abläuft, wird das von der Vernunft geregelt. Sobald ich mich aber auf einzelne Bilder besonders einlasse, schaltet sich der Verstand ein. Wenn sich jemand an das Zuhause seiner Jugend erinnert und in Gedanken durch das Haus geht, wird dieser Besuch von der Vernunft gestaltet. Kommt aber der Wunsch auf, während des Gangs durch das Haus oder die Wohnung in einem Zimmer zu verweilen, um sich genauer umzusehen, wird das Erinnern vom Verstand geleitet.

Der Verstand wird tätig, sobald die Vernunft von einem starken Be-dürfnis bewegt wird. Der Verstand ist eine gefühlte Erscheinungs-form der Vernunft. Durch die Verstandestätigkeit wird Bilder-Leben zum Bild-Erleben und Einzelheiten treten in den Vordergrund.
Etwa zwei Drittel eines Tages werden ausschließlich von der Vernunft in Tag- und Nachtträumen geregelt. Bisweilen ertappen wir uns beim Tagträumen. Irgendetwas Auffälliges oder Aufdringliches ruft uns dann wieder zur Ordnung, und unser Verstand meldet sich zu Wort.

Gegenwärtig wird die Stimmung der Vernunft ständig durch Bilderfluten überreizt und der Verstand dadurch unaufhörlich herausgefordert.
Diese überdrehte Situation schafft ruheloses Bewusstwerden, dem besinnliches Betrachten fremd ist. Als Folge dieser ständigen Unruhe unterdrückt das Gehirn Gelegenheiten, sich mit etwas eingehender zu beschäftigen und Wahrnehmen geht unmittelbar in Identifizieren über. Das ermöglicht natürlich auch keinen Unterschied zwischen Vernunft und Verstand mehr.

Der Verstand verliert den Kontakt zu seinem Ursprung und weiß mit Vernunft nichts mehr anzufangen. Das Fortschreiten der Welt ‚verrechnet' sich, weil Vernunft nichts mehr zählt.

2
Mrz
2018

Kraft des Entbergens

Philosophieren bedeutet vor allem nach der Wahrheit suchen. Trotz aller Anstrengungen entzieht sich aber die Wahrheit einem Denken, das vor allem auf Richtigkeit aus ist.

Zwar ermöglicht das Entdecken des Denkens als ιδειν bzw. inneres Wahrnehmen das Schauen des inneren Lichts der höchsten Idee. aber diese An-schauung Platons wird bereits von seinem Schüler Aristoteles als unzeitgemäß abgelehnt.

Niemand kommt damals auf den Gedanken, dass es sich um eine Begegnung von Denken und Fühlen handelt. So kann die Vereinigung von Bild-Erleben und Bilder-Leben nicht als Einheit erkannt werden und das Denken als Bilderleben bricht auseinander. Mythos wird zum Gegenstand des Logos. Das Gefühl bleibt dem Denken so fremd, dass es wie etwas betrachtet wird, das Denken stört und nicht etwa regelt. Das Gefühl wird vom Denken ausgeschlossen und der Glaube als das Vertrauen in das Glauben bleibt der Religion vorbehalten.

Erst mit den Neurowissenschaften kommt heutzutage die Vermutung auf, dass das mythische Denken zumindest eine Alternative zum logischen Denken sein könnte. Das logische Denken scheint nicht nur in der Schulmedizin an seine Grenzen zu stoßen
Wie aber offenbart sich das mythische Denken an den Grenzen des Logos? Vermag herkömmliches Denken diesem Vorschein überhaupt zu genügen? Und würde das Einbeziehen des gefühlten Denkens in das logische Denken überhaupt Sinn machen?

Um solche Fragen beantworten zu können, muss man sich auf das gefühlte Denken überhaupt erst einmal wieder einlassen. Das Problem: Dass jemand an Krebs sterben wird, kann richtig, muss aber nicht wahr sein. Das beweisen beispielsweise viele Fälle spontaner Selbstheilung.

Seit Aristoteles existiert für die Wahrheit ein Prob-lem. Indem ihr der Philosoph die Richtigkeit entge-gengestellt, entzieht er der Wahrheit den seit Jahr-tausenden währenden Anspruch, für den Men-schen das höchste Gut zu sein. Durch das Denken des Aristoteles verfinstert sich die Sonne als Sinn-bild der höchsten Idee des Guten. Weil nicht wahr sein kann, was nicht zu überprüfen ist, verursacht die Wende der Wahrheit zur Richtigkeit eine Göt-terdämmerung, die bis heute nicht überwunden ist. Nietzsches Wort vom Tod des (alten) Gottes wird immer noch nicht als radikale Absage an alle Inhal-te des Glaubens verstanden, und damit wird auch nicht begriffen, dass es hierbei nicht um die ge-glaubte Existenz Gottes geht, sondern vielmehr um eine Ermahnung, von bestimmten Fantasien abzu-lassen. Nietzsche bestreitet nicht den Glauben, sondern die Annahme, diesen philosophisch be-handeln zu können. Die ständige Verwechslung von Wahrheit und Richtigkeit führt in die Katastro-phe. Die Gefahr der Atomenergie ist keine Glau-bensfrage, sondern eine Frage des Wissens. Wenn man anfängt, das zu glauben, was man ei-gentlich wissen muss, hört man auf zu überprüfen. Dieser Mangel an Aufklärung greift tief in unseren Alltag ein, indem das, was wir glauben, unser Han-deln bestimmt. Die "Erfindung" der Subjektivität hat dazu geführt, das Bemühen um objektive Erkennt-nis zu vernachlässigen. Die Idee der Subjektivität isoliert das Subjekt und inhaftiert es in einer Welt bloßer Meinungen.

Ob das Subjekt in seiner Subjektivität untergeht oder es ihm gelingt, sich die Sicherheit des Ichs zu verschaffen, ist für den Philosophen Descartes (1561-1650) eine Frage der Selbst-Verantwortung. Die Unzuverlässigkeit der Subjektivität währt ja nur so lange wie man sich deren Unbeständigkeit aus-setzt. Das Wesen des Subjektiven verhält sich nämlich nicht anders als die Natur: unbeständig, da im ständigen Wechsel zu Hause. Dieser Wechsel, dem das Ich ständig ausgesetzt wird, ist das Wer-den oder die Bewegung des Geistes. Und wenn überhaupt nichts mehr sicher ist, dann bleibt noch als letzte und zugleich auch erste Sicherheit das Erleben des eigenen Denkens. "Ich denke, also bin ich!" Nicht die Sinne vergewissern mich meiner Welt, sondern gefühltes Denken.

Mit dieser Quasi-Wiederentdeckung des Bewusst-werdens als Grund aller Ich-Erfahrung beendet Descartes gleichsam den Vollzug der durch Aristo-teles eingeleiteten Wende. Auch das Ich-Werden lässt sich selbstverständlich überprüfen, nämlich durch das Denken. Richtigkeit steht als solche nicht mehr der Wahrheit gegenüber, sondern erscheint als eine Kategorie von Wahrheit. Was wahr ist, kann nicht falsch sein. Selbst wenn jemand total irrt, bleibt wahr, dass er ein total Irrender ist. Und an dieser Stelle verbrüdern sich Wahrheit und Richtigkeit, denn das durchgängige Irren muss als solches nachgewiesen werden, wenn es wahr sein soll.
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Seit 19 Jahren BEGRIFFSKALENDER

Wolfgang F Schmid

Grundsätzliches (www.wolfgang-schmid.de)

 

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