Information als Rohstoff
'Information' ist das, was für uns an einer Nachricht neu ist. Man kann auch sagen: "Je überraschender eine Nachricht für uns ist, desto mehr Information enthält sie für uns."

Informationshaltige Nachrichten machen uns neugierig. Ein Medium wird um so besser angenommen, je mehr Informationen es vermittelt. Schlagzeilen sind Neugierigmacher. Sie wollen Interessierte für eine Auseinandersetzung mit dem, was sie ankündigen, gewinnen.
Alle Medien leben von Nachrichten, die möglichst viel Informationen enthalten. Nachrichtenagenturen messen das, was sie an Nachrichten verbreiten, an deren Informationsgehalt.
Nun könnte man annehmen, dass die Rede von der Informationsgesellschaft mit dem enormen Nachrichtenumsatz heutzutage zu tun hat. Aber die Annahme, dass eine Informationsgesellschaft um so besser zu existieren vermag, je mehr Nachrichten sie umzusetzen in der Lage ist, trifft keineswegs zu.
Nachrichtenumsätze, Datenverarbeitung und -übertragungen funktionieren nämlich erst dann und nur dann, wenn sich in einer Informationsgesellschaft so viel tut, dass sie auch selbst eigene Nachrichten und Daten erzeugen kann. Die Informationsgesellschaft darf Nachrichten und Daten nicht nur importieren; sie muss sie auch exportieren.
Nachrichten vermitteln nicht nur Informationen, sondern Informationen erzeugen auch wieder Nachrichten Ein Journalist erhält eine Nachricht über ein Ereignis. Er gewinnt daraus wieder neue Nachrichten, indem er sich informiert, recherchiert, auswertet und Bericht erstattet.
Nachrichtenmagazine leben vor allem davon, dass sie nachrichtenträchtige und informationshaltige Ereignisse selbst aufspüren bzw. entdecken. Eine Informationsgesellschaft ist so gesund wie die Qualität ihrer Journalisten und Journalistinnen.
'Information' ist ein Naturprodukt. Der menschliche Geist erzeugt diesen Rohstoff, indem er nach den Regeln der Natur und mit Hilfe seiner Sprache aus Gedanken neue Ideen schafft. Im Gegensatz zur Industriegesellschaft, die auf bereits vorhandene Rohstoffe zurückgreift, muss die Informationsgesellschaft ihren Rohstoff aus ihren geistigen Ressourcen allererst gewinnen. Und im Gegensatz zur Industriegesellschaft entzieht sich das Rohmaterial für die Produkte der Informationsgesellschaft einer unmittelbaren sinnlichen Wahrnehmung. Das Gedankengut lässt sich nicht so leicht ausmachen und kontrollieren wie der Wasserhaushalt oder das Vorkommen von Brennstoffen.
Im einfachsten Fall ist Information eine Mitteilung, die unser Verhalten und damit unser Verhältnis zur Welt positiv oder negativ beeinflussen kann.
Diese Information wird in der Regel durch Beschreibung und/oder Analyse eines Ereignisses gewonnen und als Nachricht verbreitet. Im günstigen Fall ist Information eine sprachlich gefasste Idee, die sich wissenschaftlich und wirtschaftlich nutzen lässt, um Modelle und Strategien zur Verbesserung oder gar Abwendung einer wirtschaftlichen Lage bzw. gesellschaftlichen Situation zu entwerfen. Eine Informationsgesellschaft ist vor allem von zukunftsgerichteten Handlungsentwürfen abhängig.
Aufgabe der Medien ist es, für die schnelle Übertragung von Informationen zu sorgen. Jede Informationsgesellschaft ist neben ihren geistigen Ressourcen nur so gut wie die Medien, die darüber Bericht erstatten. Die Medienlandschaft in Deutschland zeichnet sich zwar durch ausgezeichnete Magazine, Zeitungen, Verlage, Rundfunk und Fernsehanstalten aus, aber die geistigen Energien, die zur Informationsgewinnung notwendig sind, scheinen nicht im ausreichenden Maße verfügbar zu sein. Hohe Arbeitslosigkeit ist dann die Spätfolge fehlender geistiger Ressourcen. Stark vereinfacht gesagt geht uns die Arbeit aus, weil uns nichts mehr eingefallen ist.
Einfallslose Bildungs- und Schulpolitik führten zu einem Bildungsnotstand, durch den notwendige Innovationen unmöglich gemacht wurden. In einer Ausgabe des Nachrichtenmagazins Focus heißt es: „Der Countdown läuft. Viel Zeit bleibt Politik, Unternehmen und Gewerkschaften nicht mehr, dringende Reformen zu beschließen. Jeder Tag Verzögerung verschlechtert unsere Chancen auf dem Weltmarkt. Das Ziel: Millionen neue Arbeitsplätze.“ Liest man aber die "Checkliste: Was zu ändern ist", dann stellt sich heraus, dass nur an den Symptomen operiert wird und die eigentliche Ursache unerkannt bleibt.
Die Krankheitsgeschichte ist eine Erziehungs- und Bildungsgeschichte. Die durchgängige Störung unseres Gesellschafts- und Wirtschaftssystems geht auf eine Vergeudung des Rohstoffes 'Information' zurück. Das lässt sich auch politisch ausdrücken: "Was sich an Erziehung und Bildung falsch machen lässt, das ist auch falsch gemacht worden." Das lässt sich leicht nachvollziehen, sobald man sich die Zeit nimmt, sich einmal mit der Frage zu beschäftigen, wie der Rohstoff 'Information' eigentlich wächst.
Als Naturprodukt ist 'Information' ein höchst sensibler Rohstoff. Damit er wachsen kann, bedarf es zunächst sorgfältiger Sprachpflege, weil sich nun einmal gute Gedanken nur in einer klaren Sprache zum Ausdruck bringen können. Hochschulen und Wirtschaft aber führen Klage über mangelnde Beherrschung von Rechtschreibung, Grammatik, Zeichensetzung und Sprachstil.
Durch Spracherwerb aber wird im menschlichen Gehirn die Gedankenlogistik ausgeprägt. Das beginnt bereits mit den ersten Verlautbarungen von Geburt an.
Die Gedankenlogistik erprobt sich zuerst an Sinneseindrücken, die sich dann mittels Wahrnehmung zu ersten Bildern gestalten. Je reichhaltiger die Sinneseindrücke sind, um so nachhaltiger wirken sie auf das Spielen mit Bildern (Fantasie). Das Kind erzeugt anfänglich Informationen durch die Art und Weise, wie es spielt. Umgekehrt ist das Spielzeug für das Kind das erste Medium. Durch seine Machart vermittelt es ihm Information darüber, was möglich ist und was nicht. Je natürlicher und je weniger festgelegt das Spielzeug ist, um so besser eignet es sich zum Ausprobieren. Holzspielzeug bleibt hier immer noch konkurrenzlos. Ein Kind, das sich mit seinem Holzbaukasten seine eigene Welt baut, ist auf Intelligenz (Fähigkeit zu ordnen) und Fantasie (Fähigkeit zu gestalten) angewiesen. Mit der Zeit wachsen die Ansprüche und zu den Holzbauklötzchen gesellen sich erst Legobausteine und dann die ersten Experimentierkästen technischer oder naturwissenschaftlicher Art.
Aber die Natur ist immer noch die beste Lehrmeisterin. Wann immer das Wetter es zulässt, fördern Naturerkundungen Intelligenz und Fantasie, indem sie beide Kräfte zu Entdeckungen herausfordern. Es ist fast müßig zu sagen, dass Jungen und Mädchen ihre Spielwelten gern austauschen, wenn sie von Erwachsenen nicht in irgendwelche Rollen gedrängt werden. Das Erzählen oder Vorlesen von Geschichten ergänzt die kindliche Erfahrungswelt, und Brett-, Ball-, Versteck-, Rate- und Strategiespiele ermöglichen ihm zu zeigen, was es alles kann.
In der Grundschule werden die Fähigkeiten des Kindes systematisch weiterentwickelt. Neben dem Erwerb des Schreibens, Lesens und Rechnens werden vor allem Beobachtungsgabe und die Fähigkeit, Beobachtetes zu begreifen, gefördert. Das Spiel wird in Lernen überführt, ohne dass aus Spaß Ernst werden muss. Intelligenz und Fantasie fordern die Begabung des Kindes heraus, das ist die Fähigkeit, sich handwerklich oder künstlerisch zum Ausdruck zu bringen. Der Wert allen Tuns liegt für das Kind in der Erfahrung von Welt. Natürliche Neugier bewegt es zu solcher Erkundung. Das Kind will entdecken und sich orientieren können. Leistung ergibt sich aus diesem natürlichen Antrieb heraus. Was in den ersten Schuljahren grundgelegt worden ist, prägt sich dann im Verlauf der weiteren Schulzeit als Persönlichkeitsbildung aus.
Intelligenz, Fantasie, Begabung, Werte und Leistungsbewusstsein, Neugier – das sind die Nährstoffe, die der Rohstoff 'Information' braucht, um wachsen zu können. Um diese Nährstoffe optimal binden zu können, bedarf es hilfreicher Orientierung und helfender Ordnung. Auch die jüngste Techno- und Rockband weiß, dass ohne Disziplin nichts 'abgeht'. Wer Kinder frühzeitig selbst unterrichten lässt, indem er jene Unterrichtsinhalte delegiert, welche sich Kinder selbst anzueignen in der Lage sind, kann beobachten, dass sie alles das nicht mögen, was ihnen Erwachsene durch ihre gutgemeinten Reformen unterstellen. Kinder haben ein natürliches Gespür für das Lernen.
Kinderunterricht ist aus gutem (neurologischen) Grund 'altmodisch'. Kinder lieben klare Verhältnisse. Sie wollen, dass Unterricht ordentlich abläuft, wohl wissend, dass Lernen kein Spiel ist und trotzdem Spaß macht, wenn man es zügig und vor allem erfolgreich hinter sich bringt. Kinder wünschen sich Noten und keine Formulierungen von Erwachsenen in Berichtszeugnissen, die sie nicht verstehen.
Kinder brauchen ihre Lehrerin und ihren Lehrer als Bezugsperson. Sie schauen nicht aufs Alter, sondern achten deren Persönlichkeit.
Kinder lieben Herausforderungen. Wer Kinder fördern will, muss deren Intelligenz, Begabung und Fantasie fordern. Weniger Lehrstoff, um gründlicher lernen zu können. "Weniger ist hier wirklich mehr!"
Kinder wollen selbständig sein. Sie brauchen Materialien, die sie in die Lage versetzen, selbst etwas herauszufinden. Sie wollen, dass man ihnen hilft, damit sie sich selbst helfen können.
Kinder wollen helfen. Sie sitzen nicht gern im Unterricht gelangweilt herum, sondern helfen gern den anderen, wenn man sie nur lässt.
Das tut allen Reformern weh, die sich das Management und Infotainment von Erwachsenen in die Schule wünschen. Natürlich übernehmen Kinder das und machen auch alles mit, weil sie eben noch nicht zum Ausdruck bringen können, dass alles seine Zeit hat. Alles in der Natur entwickelt sich geschlossen, um alle Kräfte auf das Wachstum konzentrieren zu können; erst dann kann es sich öffnen. Offener Unterricht ist zwar erwachsenenfreundlich, aber eben natürlicherweise kinderfeindlich.
Und die so genannten Medienkids? Noch niemals zuvor sind Kinder so mit Bildern überflutet worden wie heute. Der massive multimediale Einfluss elektronischer Medien (Fernsehen, Video, Computerspiele) erfasst das kindliche Bewusstsein, indem er das Gehirn mit überstarken Sinnesreizen total beansprucht. Kinder sind diesem Einfluss völlig ausgeliefert, weil sie nicht gelernt haben, sich dagegen zu wehren.
In der Folge werden sie von den multimedialen Reizen abhängig und mediensüchtig. Die Bilderflut, die das Bewusstsein des Kindes überströmt, desensibilisiert die Fantasie, die nicht mehr mit ihren eigenen Bildern und Träumen konkurrieren kann; sie mindert die Intelligenz, die alle diese kurzbelichteten Bilder nicht mehr zu ordnen und auszuwerten vermag; und sie setzt schließlich das Konzentrationsvermögen herab, weil die Bilder so schnell aufeinander folgen, dass das Gehirn sie angesichts solcher Hochgeschwindigkeit nur noch unvollständig verarbeiten kann. Zwar wird das Gehirn des Medienkindes durch das Signalgewitter der multimedialen Elektronik dazu trainiert, mehrere Vorgänge zugleich zu erledigen, aber eben auf Kosten des Verarbeitungsniveaus.
Für die Medienkids und die vielen Kinder aus gestörten und zerstörten Familien wird doch gerade nach anderen Formen des Unterrichtens gesucht. Es ist nicht sehr schlau, Kindern, die nahezu jeglichen Halt verloren haben, die Sinngebung und Orientierung zu verweigern, indem man sie selbst ständig machen statt sie selbständig werden lässt. Reformen wären gut beraten, wenn sie sich weniger politisch und mehr an naturwissenschaftlichen Befunden orientieren würden. Wer Schule zum Kleinunternehmen umfunktionieren will, vergisst, dass es nichts mehr zu unternehmen gibt, weil die Ideen dazu ausbleiben werden. Reformierung stellt sich dann als Deformierung heraus.
Aus kybernetischer Sicht wird sich Bildungspolitik selbst regulieren. Wenn uns schon nicht die zunehmend beschleunigte Arbeitslosigkeit zwingt, den Zusammenhang zur Bildungslosigkeit unserer Zeit herzustellen, wenn uns auch ausbleibende Innovationen nicht schrecken, dann wird uns spätestens jene Wende zur Vernunft bringen, welche unser Land von einem Land, das entwickelt, in ein Entwicklungsland für die USA verkehrt. Bildungspolitik hat die Formel für diese Kehre schon längst gefunden "Mehr Quantität und weniger Qualität in Forschung und Lehre!" Auf Schule übertragen bedeutet dieses Motto: "Größere Lerngruppen, weniger Lehrer und Lehrerinnen!"
Wer an der Bildung spart, spart sich arm. In einer Informationsgesellschaft zeigt sich dieser Vorgang analog zu jeder Verwüstung: Ideen bleiben aus, der Rohstoff 'Information' verkümmert, Information wird importiert, bis dieser Import unbezahlbar wird, die Informationsgesellschaft wandelt sich zur Delegationsgesellschaft für andere Informationsnationen. Friedrich Nietzsche hat ein Gedicht über die Zukunft unserer Bildungsanstalten geschrieben. Es trägt den Titel: "Die Wüste wächst. Weh dem, der Wüsten birgt!" Aus kybernetischer Sicht wird sich die Bildungswüste so lange ausbreiten, bis Schule wieder Schule machen kann. Und als Volk der Dichter und Denker werden wir Deutschen keineswegs zugrunde gehen, sondern aus Not wieder zur Vernunft kommen. Das wird Schule machen!

Informationshaltige Nachrichten machen uns neugierig. Ein Medium wird um so besser angenommen, je mehr Informationen es vermittelt. Schlagzeilen sind Neugierigmacher. Sie wollen Interessierte für eine Auseinandersetzung mit dem, was sie ankündigen, gewinnen.
Alle Medien leben von Nachrichten, die möglichst viel Informationen enthalten. Nachrichtenagenturen messen das, was sie an Nachrichten verbreiten, an deren Informationsgehalt.
Nun könnte man annehmen, dass die Rede von der Informationsgesellschaft mit dem enormen Nachrichtenumsatz heutzutage zu tun hat. Aber die Annahme, dass eine Informationsgesellschaft um so besser zu existieren vermag, je mehr Nachrichten sie umzusetzen in der Lage ist, trifft keineswegs zu.
Nachrichtenumsätze, Datenverarbeitung und -übertragungen funktionieren nämlich erst dann und nur dann, wenn sich in einer Informationsgesellschaft so viel tut, dass sie auch selbst eigene Nachrichten und Daten erzeugen kann. Die Informationsgesellschaft darf Nachrichten und Daten nicht nur importieren; sie muss sie auch exportieren.
Nachrichten vermitteln nicht nur Informationen, sondern Informationen erzeugen auch wieder Nachrichten Ein Journalist erhält eine Nachricht über ein Ereignis. Er gewinnt daraus wieder neue Nachrichten, indem er sich informiert, recherchiert, auswertet und Bericht erstattet.
Nachrichtenmagazine leben vor allem davon, dass sie nachrichtenträchtige und informationshaltige Ereignisse selbst aufspüren bzw. entdecken. Eine Informationsgesellschaft ist so gesund wie die Qualität ihrer Journalisten und Journalistinnen.
'Information' ist ein Naturprodukt. Der menschliche Geist erzeugt diesen Rohstoff, indem er nach den Regeln der Natur und mit Hilfe seiner Sprache aus Gedanken neue Ideen schafft. Im Gegensatz zur Industriegesellschaft, die auf bereits vorhandene Rohstoffe zurückgreift, muss die Informationsgesellschaft ihren Rohstoff aus ihren geistigen Ressourcen allererst gewinnen. Und im Gegensatz zur Industriegesellschaft entzieht sich das Rohmaterial für die Produkte der Informationsgesellschaft einer unmittelbaren sinnlichen Wahrnehmung. Das Gedankengut lässt sich nicht so leicht ausmachen und kontrollieren wie der Wasserhaushalt oder das Vorkommen von Brennstoffen.
Im einfachsten Fall ist Information eine Mitteilung, die unser Verhalten und damit unser Verhältnis zur Welt positiv oder negativ beeinflussen kann.
Diese Information wird in der Regel durch Beschreibung und/oder Analyse eines Ereignisses gewonnen und als Nachricht verbreitet. Im günstigen Fall ist Information eine sprachlich gefasste Idee, die sich wissenschaftlich und wirtschaftlich nutzen lässt, um Modelle und Strategien zur Verbesserung oder gar Abwendung einer wirtschaftlichen Lage bzw. gesellschaftlichen Situation zu entwerfen. Eine Informationsgesellschaft ist vor allem von zukunftsgerichteten Handlungsentwürfen abhängig.
Aufgabe der Medien ist es, für die schnelle Übertragung von Informationen zu sorgen. Jede Informationsgesellschaft ist neben ihren geistigen Ressourcen nur so gut wie die Medien, die darüber Bericht erstatten. Die Medienlandschaft in Deutschland zeichnet sich zwar durch ausgezeichnete Magazine, Zeitungen, Verlage, Rundfunk und Fernsehanstalten aus, aber die geistigen Energien, die zur Informationsgewinnung notwendig sind, scheinen nicht im ausreichenden Maße verfügbar zu sein. Hohe Arbeitslosigkeit ist dann die Spätfolge fehlender geistiger Ressourcen. Stark vereinfacht gesagt geht uns die Arbeit aus, weil uns nichts mehr eingefallen ist.
Einfallslose Bildungs- und Schulpolitik führten zu einem Bildungsnotstand, durch den notwendige Innovationen unmöglich gemacht wurden. In einer Ausgabe des Nachrichtenmagazins Focus heißt es: „Der Countdown läuft. Viel Zeit bleibt Politik, Unternehmen und Gewerkschaften nicht mehr, dringende Reformen zu beschließen. Jeder Tag Verzögerung verschlechtert unsere Chancen auf dem Weltmarkt. Das Ziel: Millionen neue Arbeitsplätze.“ Liest man aber die "Checkliste: Was zu ändern ist", dann stellt sich heraus, dass nur an den Symptomen operiert wird und die eigentliche Ursache unerkannt bleibt.
Die Krankheitsgeschichte ist eine Erziehungs- und Bildungsgeschichte. Die durchgängige Störung unseres Gesellschafts- und Wirtschaftssystems geht auf eine Vergeudung des Rohstoffes 'Information' zurück. Das lässt sich auch politisch ausdrücken: "Was sich an Erziehung und Bildung falsch machen lässt, das ist auch falsch gemacht worden." Das lässt sich leicht nachvollziehen, sobald man sich die Zeit nimmt, sich einmal mit der Frage zu beschäftigen, wie der Rohstoff 'Information' eigentlich wächst.
Als Naturprodukt ist 'Information' ein höchst sensibler Rohstoff. Damit er wachsen kann, bedarf es zunächst sorgfältiger Sprachpflege, weil sich nun einmal gute Gedanken nur in einer klaren Sprache zum Ausdruck bringen können. Hochschulen und Wirtschaft aber führen Klage über mangelnde Beherrschung von Rechtschreibung, Grammatik, Zeichensetzung und Sprachstil.
Durch Spracherwerb aber wird im menschlichen Gehirn die Gedankenlogistik ausgeprägt. Das beginnt bereits mit den ersten Verlautbarungen von Geburt an.
Die Gedankenlogistik erprobt sich zuerst an Sinneseindrücken, die sich dann mittels Wahrnehmung zu ersten Bildern gestalten. Je reichhaltiger die Sinneseindrücke sind, um so nachhaltiger wirken sie auf das Spielen mit Bildern (Fantasie). Das Kind erzeugt anfänglich Informationen durch die Art und Weise, wie es spielt. Umgekehrt ist das Spielzeug für das Kind das erste Medium. Durch seine Machart vermittelt es ihm Information darüber, was möglich ist und was nicht. Je natürlicher und je weniger festgelegt das Spielzeug ist, um so besser eignet es sich zum Ausprobieren. Holzspielzeug bleibt hier immer noch konkurrenzlos. Ein Kind, das sich mit seinem Holzbaukasten seine eigene Welt baut, ist auf Intelligenz (Fähigkeit zu ordnen) und Fantasie (Fähigkeit zu gestalten) angewiesen. Mit der Zeit wachsen die Ansprüche und zu den Holzbauklötzchen gesellen sich erst Legobausteine und dann die ersten Experimentierkästen technischer oder naturwissenschaftlicher Art.
Aber die Natur ist immer noch die beste Lehrmeisterin. Wann immer das Wetter es zulässt, fördern Naturerkundungen Intelligenz und Fantasie, indem sie beide Kräfte zu Entdeckungen herausfordern. Es ist fast müßig zu sagen, dass Jungen und Mädchen ihre Spielwelten gern austauschen, wenn sie von Erwachsenen nicht in irgendwelche Rollen gedrängt werden. Das Erzählen oder Vorlesen von Geschichten ergänzt die kindliche Erfahrungswelt, und Brett-, Ball-, Versteck-, Rate- und Strategiespiele ermöglichen ihm zu zeigen, was es alles kann.
In der Grundschule werden die Fähigkeiten des Kindes systematisch weiterentwickelt. Neben dem Erwerb des Schreibens, Lesens und Rechnens werden vor allem Beobachtungsgabe und die Fähigkeit, Beobachtetes zu begreifen, gefördert. Das Spiel wird in Lernen überführt, ohne dass aus Spaß Ernst werden muss. Intelligenz und Fantasie fordern die Begabung des Kindes heraus, das ist die Fähigkeit, sich handwerklich oder künstlerisch zum Ausdruck zu bringen. Der Wert allen Tuns liegt für das Kind in der Erfahrung von Welt. Natürliche Neugier bewegt es zu solcher Erkundung. Das Kind will entdecken und sich orientieren können. Leistung ergibt sich aus diesem natürlichen Antrieb heraus. Was in den ersten Schuljahren grundgelegt worden ist, prägt sich dann im Verlauf der weiteren Schulzeit als Persönlichkeitsbildung aus.
Intelligenz, Fantasie, Begabung, Werte und Leistungsbewusstsein, Neugier – das sind die Nährstoffe, die der Rohstoff 'Information' braucht, um wachsen zu können. Um diese Nährstoffe optimal binden zu können, bedarf es hilfreicher Orientierung und helfender Ordnung. Auch die jüngste Techno- und Rockband weiß, dass ohne Disziplin nichts 'abgeht'. Wer Kinder frühzeitig selbst unterrichten lässt, indem er jene Unterrichtsinhalte delegiert, welche sich Kinder selbst anzueignen in der Lage sind, kann beobachten, dass sie alles das nicht mögen, was ihnen Erwachsene durch ihre gutgemeinten Reformen unterstellen. Kinder haben ein natürliches Gespür für das Lernen.
Kinderunterricht ist aus gutem (neurologischen) Grund 'altmodisch'. Kinder lieben klare Verhältnisse. Sie wollen, dass Unterricht ordentlich abläuft, wohl wissend, dass Lernen kein Spiel ist und trotzdem Spaß macht, wenn man es zügig und vor allem erfolgreich hinter sich bringt. Kinder wünschen sich Noten und keine Formulierungen von Erwachsenen in Berichtszeugnissen, die sie nicht verstehen.
Kinder brauchen ihre Lehrerin und ihren Lehrer als Bezugsperson. Sie schauen nicht aufs Alter, sondern achten deren Persönlichkeit.
Kinder lieben Herausforderungen. Wer Kinder fördern will, muss deren Intelligenz, Begabung und Fantasie fordern. Weniger Lehrstoff, um gründlicher lernen zu können. "Weniger ist hier wirklich mehr!"
Kinder wollen selbständig sein. Sie brauchen Materialien, die sie in die Lage versetzen, selbst etwas herauszufinden. Sie wollen, dass man ihnen hilft, damit sie sich selbst helfen können.
Kinder wollen helfen. Sie sitzen nicht gern im Unterricht gelangweilt herum, sondern helfen gern den anderen, wenn man sie nur lässt.
Das tut allen Reformern weh, die sich das Management und Infotainment von Erwachsenen in die Schule wünschen. Natürlich übernehmen Kinder das und machen auch alles mit, weil sie eben noch nicht zum Ausdruck bringen können, dass alles seine Zeit hat. Alles in der Natur entwickelt sich geschlossen, um alle Kräfte auf das Wachstum konzentrieren zu können; erst dann kann es sich öffnen. Offener Unterricht ist zwar erwachsenenfreundlich, aber eben natürlicherweise kinderfeindlich.
Und die so genannten Medienkids? Noch niemals zuvor sind Kinder so mit Bildern überflutet worden wie heute. Der massive multimediale Einfluss elektronischer Medien (Fernsehen, Video, Computerspiele) erfasst das kindliche Bewusstsein, indem er das Gehirn mit überstarken Sinnesreizen total beansprucht. Kinder sind diesem Einfluss völlig ausgeliefert, weil sie nicht gelernt haben, sich dagegen zu wehren.
In der Folge werden sie von den multimedialen Reizen abhängig und mediensüchtig. Die Bilderflut, die das Bewusstsein des Kindes überströmt, desensibilisiert die Fantasie, die nicht mehr mit ihren eigenen Bildern und Träumen konkurrieren kann; sie mindert die Intelligenz, die alle diese kurzbelichteten Bilder nicht mehr zu ordnen und auszuwerten vermag; und sie setzt schließlich das Konzentrationsvermögen herab, weil die Bilder so schnell aufeinander folgen, dass das Gehirn sie angesichts solcher Hochgeschwindigkeit nur noch unvollständig verarbeiten kann. Zwar wird das Gehirn des Medienkindes durch das Signalgewitter der multimedialen Elektronik dazu trainiert, mehrere Vorgänge zugleich zu erledigen, aber eben auf Kosten des Verarbeitungsniveaus.
Für die Medienkids und die vielen Kinder aus gestörten und zerstörten Familien wird doch gerade nach anderen Formen des Unterrichtens gesucht. Es ist nicht sehr schlau, Kindern, die nahezu jeglichen Halt verloren haben, die Sinngebung und Orientierung zu verweigern, indem man sie selbst ständig machen statt sie selbständig werden lässt. Reformen wären gut beraten, wenn sie sich weniger politisch und mehr an naturwissenschaftlichen Befunden orientieren würden. Wer Schule zum Kleinunternehmen umfunktionieren will, vergisst, dass es nichts mehr zu unternehmen gibt, weil die Ideen dazu ausbleiben werden. Reformierung stellt sich dann als Deformierung heraus.
Aus kybernetischer Sicht wird sich Bildungspolitik selbst regulieren. Wenn uns schon nicht die zunehmend beschleunigte Arbeitslosigkeit zwingt, den Zusammenhang zur Bildungslosigkeit unserer Zeit herzustellen, wenn uns auch ausbleibende Innovationen nicht schrecken, dann wird uns spätestens jene Wende zur Vernunft bringen, welche unser Land von einem Land, das entwickelt, in ein Entwicklungsland für die USA verkehrt. Bildungspolitik hat die Formel für diese Kehre schon längst gefunden "Mehr Quantität und weniger Qualität in Forschung und Lehre!" Auf Schule übertragen bedeutet dieses Motto: "Größere Lerngruppen, weniger Lehrer und Lehrerinnen!"
Wer an der Bildung spart, spart sich arm. In einer Informationsgesellschaft zeigt sich dieser Vorgang analog zu jeder Verwüstung: Ideen bleiben aus, der Rohstoff 'Information' verkümmert, Information wird importiert, bis dieser Import unbezahlbar wird, die Informationsgesellschaft wandelt sich zur Delegationsgesellschaft für andere Informationsnationen. Friedrich Nietzsche hat ein Gedicht über die Zukunft unserer Bildungsanstalten geschrieben. Es trägt den Titel: "Die Wüste wächst. Weh dem, der Wüsten birgt!" Aus kybernetischer Sicht wird sich die Bildungswüste so lange ausbreiten, bis Schule wieder Schule machen kann. Und als Volk der Dichter und Denker werden wir Deutschen keineswegs zugrunde gehen, sondern aus Not wieder zur Vernunft kommen. Das wird Schule machen!
wfschmid - 23. März, 07:13
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