Unilogo

17
Mrz
2009

Meine Welt ist dort, wo ich wesentlich bin.

entschwinden_der_sprache
Es ist heutzutage nicht mehr so klar, was "wesentlich" oder gar die "Frage nach dem Wesen" bedeutet. Mit anderen Worten, das vor Jahrzehnten noch heiß diskutierte "Sein" (das Wesen von allem Seienden) ist in Vergessenheit geraten. Die Aussage "Meine Welt ist dort, wo ich wesentlich bin!" wird dem Inhalt nach vielleicht besser verstanden, wenn ich sage: "Ich bin dort zu Hause, wo mein Herz ist!"

Nun ist es aber so, dass man nicht einfach Worte durch andere Worte ersetzen kann, ohne den Sinn zu verändern. Aber was soll man tun, wenn die Bedeutung jenes Wortes verloren gegangen ist, welches man gerade gern benutzen möchte. Es ist in der Tat so, dass viele Worte, über die wir damals während meines Studiums noch hoch engagiert diskutierten, von heutigen Studierenden nicht einmal mehr verstanden werden. Angesichts der Rede vom "Sein des Seienden" würde man heutzutage von einem Studierenden nur ratlos angeschaut. Es ist so, dass viele Worte einfach unbemerkt entschwinden.

Auf der anderen Seite gibt es auch Wörter, die nahezu in aller Leute Mund sind und doch von niemandem verstanden werden. Wer weiß denn schon zu sagen, was unter dem Wort "Bildung" verstanden werden soll. Es geht hier nicht um Wehklagen angesichts überalterter Wörter, sondern dahinter steckt vielmehr die Frage, was eigentlich mit dem Entschwinden von Sprache einhergeht. Dahinter verbirgt sich wiederum der Gedanke, dass doch das, was auf Sprache angewiesen ist, das Denken ist. Folglich entzieht sich mit einer bestimmten Sprache auch ein bestimmtes Denken. "Cool" ist eben doch eine andere Eigenschaft als "gelassen". Das Wort "cool" verrät hier bereits sehr viel weniger von der gemeinten Eigenschaft. Mit dem Eigenschaftswort "gelassen" teilt die Sprache immerhin noch etwas von der Freiheit mit, von etwa lassen zu können, fähig sein, etwa loszulassen. "Cool" ist "abgefahren", frech, geil oder schlichtweg "unterkühlt". "Cool" ist eben cool, weil das ältere Generationen nicht so verstehen können.

Aber es ist nicht der Protest der Jugendlichen gemeint, der sich sehr oft in einer Sprache für Insider äußert, sondern der von niemandem beabsichtigte Schwund von Sprache. Der tiefere Grund, warum ich überhaupt darüber spreche, ist letztlich die Schwierigkeit, die Bedeutung von Wesen in die heutige Sprache zurückzuholen. Ich möchte für das Phänomen des Wesens sensibilisieren. Natürlich findet man das Wort "Wesen" noch an, wenn man nach ihm im Internet sucht, was man heute vowiegend "googeln" nennt und damit zugleich für Google, die bekannteste Suchmaschine, wirbt.

So heißt es bei Wikepedia, der größten Informationshalde: "Das Wesen (gr. ousia, lat. essentia, quidditas) ist das, was bei jeglicher Veränderung einer Sache gleich bleibt: das „Wesenhafte“ bzw. das unterscheidende Hauptmerkmal einer Gegebenheit (das „Wesentliche“). In diesem Sinne kann es das Allgemeine, den Sinngehalt, die Gattung oder die Idee des betrachteten Gegenstands meinen, in Gegensatz zum Einzelnen, Individuellen und den zufälligen Änderungen unterworfenen Erscheinungen." (Wesen (Philosophie))

Und hier zeigt sich das Problem: Das ist nicht falsch ausgedrückt; es bringt aber auch nicht das zur Sprache, was "Wesen" wirklich meint. Da hilft es auch nicht, dass man sich auf die griechische Sprache bezieht und "ousia" sagt.

Seit 19 Jahren BEGRIFFSKALENDER

Wolfgang F Schmid

Grundsätzliches (www.wolfgang-schmid.de)

 

Archiv

Juli 2024
Januar 2024
Dezember 2023
Oktober 2023
August 2023
Juli 2023
Juni 2023
Mai 2023
April 2023
Januar 2023
Dezember 2022
Oktober 2022
September 2022
Juni 2022
Mai 2022
März 2022
Februar 2022
Januar 2022
Dezember 2021
November 2021
Oktober 2021
September 2021
August 2021
Juli 2021
Mai 2021
April 2021
März 2021
Februar 2021
Januar 2021
Dezember 2020
November 2020
Oktober 2020
September 2020
Juni 2020
Mai 2020
April 2020
März 2020
Februar 2020
Januar 2020
Dezember 2019
November 2019
Oktober 2019
Juni 2019
Mai 2019
April 2019
März 2019
April 2018
März 2018
Februar 2018
Januar 2018
Dezember 2017
November 2017
Oktober 2017
September 2017
August 2017
Juli 2017
Juni 2017
Mai 2017
April 2017
März 2017
Februar 2017
Januar 2017
Dezember 2016
November 2016
Oktober 2016
September 2016
August 2016
Juli 2016
Juni 2016
Mai 2016
April 2016
März 2016
Februar 2016
Januar 2016
Dezember 2015
November 2015
Oktober 2015
September 2015
August 2015
Juli 2015
Juni 2015
Mai 2015
April 2015
März 2015
Februar 2015
Januar 2015
Dezember 2014
November 2014
Oktober 2014
September 2014
August 2014
Juli 2014
Juni 2014
Mai 2014
April 2014
März 2014
Februar 2014
Januar 2014
Dezember 2013
November 2013
Oktober 2013
September 2013
August 2013
Juli 2013
Juni 2013
Mai 2013
April 2013
März 2013
Februar 2013
Januar 2013
Dezember 2012
November 2012
Oktober 2012
September 2012
August 2012
Juli 2012
Juni 2012
Mai 2012
April 2012
März 2012
Februar 2012
Januar 2012
Dezember 2011
November 2011
Oktober 2011
September 2011
August 2011
Juli 2011
Juni 2011
Mai 2011
April 2011
März 2011
Februar 2011
Januar 2011
Dezember 2010
November 2010
Oktober 2010
September 2010
August 2010
Juli 2010
Juni 2010
Mai 2010
April 2010
März 2010
Februar 2010
Januar 2010
Dezember 2009
November 2009
Oktober 2009
Juni 2009
Mai 2009
April 2009
März 2009
Februar 2009
Januar 2009
Dezember 2008
Oktober 2008
Februar 2007
Januar 2007
Dezember 2006
November 2006
Oktober 2006
September 2006
Dezember 2005
November 2005
Oktober 2005
September 2005
August 2005
Juli 2005
Juni 2005
Mai 2005
April 2005
März 2005
Februar 2005
Januar 2005
Dezember 2004

Aktuelle Beiträge

H u m o r
Gefräßige Gesellschaft www.greedype rson.com
wfschmid - 25. Juli, 12:09
Dreamed out
If a priori represents a metaphysical congruence with...
wfschmid - 9. Januar, 05:24
Crossing boundaries
Seeing changes into looking Intuition and inner voice...
wfschmid - 8. Januar, 03:48
I myself
I myself The ego encounters itself daily in the self....
wfschmid - 3. Januar, 04:35
Metaphysics
Thinking metaphysically means looking beyond what can...
wfschmid - 30. Dezember, 04:57
Fortsetzung der Metaphysik-Folge
Auf meiner Webseite wird o.a. Reihe fortgesetzt! www.wolfgan g-schmid.de
wfschmid - 26. Oktober, 11:58
Metaphysik
Metaphysik bedeutet, hinter das sinnlich Vernehmbare...
wfschmid - 19. Oktober, 10:20
Buchtitel: Paradox -...
Neues Buch Nach dem Link zu Apple Books auf"My...
wfschmid - 17. Oktober, 11:10

User Status

Du bist nicht angemeldet.

Status

Online seit 7357 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 25. Juli, 12:09

Suche (AND, OR erlaubt) - Nächste (leere) Zeile anklicken!

 

Credits

 

 

Es gelten die Rechtsvorschriften für Webseiten der Universität Flensburg © Texte: Wolfgang F. Schmid (sofern nicht anders ausgewiesen) wfschmid(at)me.com Bilder: Ulrike Schmid (sofern nicht anders ausgewiesen) mail(at)ulrike-schmid.de

 wfs