Gelassenheit contra Gleichgültigkeit
Sonografie
Eine engagierte Ärztin, Oberärztin der Stroke Unit sagte mir, als ich sie wegen ihres konstruktiv helfenden Humors bewunderte: "Ach wissen Sie, ohne Humor könnten wir alle hier das alles gar nicht aushalten!" Ich dachte nicht, dass mir dieser Satz an diesem Montag heute mehrmals helfen würde.
Um 13:20 kam die Stationsschwester, um mir klarzumachen, dass ich mich um 13:50 in der Kardiografie einfinden soll. Ich wurde wohl nicht abgeholt, weil ich morgens über das Frühstück gelacht hatte. Immerhin aber erklärte sie mir im schnippischen Ton den Weg dorthin.
Um 13:45 saß ich brav auf einem der schwarzen Stühle in der kardiografischen Abteilung. Schließlich liebe ich Pünktlichkeit. Einige Meter von mir entfernt stand ein Krankenbett, in dem eine alte Frau lag und darauf wartete, dass sie nach ihrer Untersuchung auch wieder abgeholt wird. Als eine Verwaltungsangestellte vorbeikommt, fragte die alte Frau, wann sie denn abgeholt wird. "Bestimmt gleich!", sagte die Angestellte. "Oh, das sagte Ihre Kollegin auch schon! " "Wann war das denn?" "Das war kurz vor zwölf!" Und inzwischen war es bereits kurz vor zwei. Die Angestellte versicherte, dass sie sofort telefonieren werde, sobald sie die Akten, die sie unter dem Arm trägt, abgegeben hat. Nach einigen Minuten kam sie wieder und versicherte der alten Frau, dass sie den Abholdienst benachrichtigt hätte. Die alte Frau drohte inzwischen, dass sie aus dem Bett steigt und mit ihrem nach hinten vollkommen offenen, viel zu kurzen Operationshemdchen zu Fuß in ihre Station zurückgeht. Als sich um 14:20 bei mir immer noch nichts tat, klopfte ich an die Tür von Zimmer 3. "Wie ist Ihr Name?" "Schmid!" "Ja, dann sind Sie hier richtig! Gehen Sie doch schon einmal in den Untersuchungsraum, machen Ihren Oberkörper frei und legen sich auf die Liege neben dem sonografischen Messgerät!" Dann setzte sie das durch mich unterbrochene Gespräch mit der Praktikantin fort. Jetzt war nicht Humor gefragt, sondern Eselsgeduld. Nach etwa zehn Minuten setzte sie sich neben mich unterhielt sich weiter, ohne mich eines Blickes zu würdigen. Dann schließlich erklärte sie mir, während sie auf den Bildschirm stierte, dass es noch etwas dauern werde, da sie noch den Befund von der Voruntersuchung schreiben müsse.
Endlich begann sie mit der Untersuchung meines Herzens und entdeckte schon bald eine beachtliche 'Sehenswürdigkeit'. Sogleich rief sie die Praktikantin: "Schauen Sie sich das an. Ich zeige Ihnen das, weil man das sonst nie so gut sehen kann. Sehen Sie, was können Sie erkennen?" Aber weder ich noch die Praktikantin hatten die geringste Ahnung. Dann änderte sie die Bildeinstellung. "Sehen Sie die starke Einbuchtung in der Herzwand? Sehen Sie das?" Ja, das war nun wirklich nicht zu übersehen. Die Kardiografin fuhr fort: "Diese Einbuchtung ist eine Narbe! Das rührt von einem Herzinfarkt! Toll, wie gut man das hier sieht!" Na, wenigstens jemand, der sich freut. Der Rest war schnell erledigt. Es gab nichts Interessantes mehr zu entdecken!
Als ich wieder in meinem Bett auf der Station lag, stieg in mir eine bis dahin nie gekannte helfende Gleichgültigkeit hoch.
wfschmid - 18. April, 05:30
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