Unilogo

13
Mrz
2011

Erweitertes Wahrnehmen (über die Enge des Bewusstseins hinaus)


Verstand: "Und hast Du nun etwas von irgeneiner Selbstheilungskraft bemerkt?"

Ich: "Eigentlich nicht! Das entspricht ja durchaus den Erfahrungen der letzten Wochen! Ich nehme an, dass ich nach wie vor viel Geduld brauche!"

Verstand: "Warum gehst Du dann weiter zur Behandlung?"

Ich: "Ich verlasse mich da ganz auf meine Intuition, die immer noch darauf beharrt, dass die Behandlung wider Erwarten überraschend erfolgreich sein wird!"

An dieser Stelle unterbricht das innere Gespräch, um der Darstellung der inneren Prozesse wieder den gesamten Raum zu gewähren.
Inzwischen stellt sich ja Wahrnehmen etwas verändert dar als Gleichzeitigkeit von:
Empfinden - Fühlen - Vergleichen - Beobachten - Einstellen - Begreifen - Regeln.
Bislang dagegen wurde Wahrnehmen als die Folge von Wahrnehmen --> Betrachten --> Beobachten --> Begreifen vergegenwärtigt. Die Erweiterung des fünffachen Wahrnehmens zum siebenfachen Wahrnehmen zeigt, dass das Wahrnehmen über das Begreifen hinausgeht und sich zum intuitiven Vernehmen des inneren Gleichgewichts entwickelt. Den Ausgangspunkt der Wahrnehmung bilden nicht mehr ausdrücklich die Sinne, sondern Empfindungen. Die Wahrnehmung beginnt also gleichsam in ihren eigenen Vorbedingungen. Es handelt sich nämlich letztlich um neuronale Vorgänge, die Sinnlichkeit allererst ermöglichen. Immanuel Kant spricht deshalb bereits von den Sinnen, die durch Empfindungen affiziert werden. Affektionen übersetzen Prozesse des Unbewussten oder Vorbewussten in Bewusstwerden.
Das Öffnen des inneren Auges wird demnach bereits dort vorbereitet, wo das "unsinnliche Wahrnehmen" später stattfinden soll, nämlich im Unbewussten!
Die veränderte Darstellung des Wahrnehmens beinhaltet eine Erweiterung des Bewusstwerdens um die Bedingungen seiner Möglichkeit. Daraus ergibt sich das Bewusstwerden als Folge von:
Perzeption (unbewusste Wahrnehmung) --> Affektion --> (bewusst werdende Wahrnehmung) --> Apperzeption (bewusste Wahrnehmung) --> Flexion (Erfahrung) --> Emotion (bewusst werdende Einnerung) --> Reflexion (in der bewussten Wahrnehmung sich widerspiegelnde Erfahrung). Ob diese Folge als solche vergegenwärtigt wird oder in Beobachtung übergeht, das ergibt sich vor allem aus der Emotion. Die Emotion (lat. 'ex' = aus, heraus + "motio' = Bewegung, Erregung) wird erzeugt, sobald erfahrene Bedürfnisse als noch nicht oder nicht mehr befriedigt bewusst werden. Motivation (auf Befriedigung drängendes Bedürfnis) ist die Voraussetzung für das Beobachten (Suchen nach Bedürfnisbefriedigung in Form von Fragen). Emotion initiiert demnach die Folge "Motivation --> Interesse (bedürfnisbedingte Aufmerksamkeit)“.
Interesse wiederum erzeugt Antizipation (vorstellungsmäßige Vorwegnahme eines Verhaltens), die zu einer Projektion (Bild von einer Möglichkeit, sich zu verhalten) führt, also:
Emotion--> Motivation--> Interesse--> Antizipation--> Projektion. Während der Projektion des Verhaltens werden dessen Möglichkeiten durchgespielt und eine Strategie zur Umsetzung der erfolgsversprechendsten Möglichkeit entwickelt: Projektion--> Spiel--> Strategie--> Aktion. Wird nun das Wahr-nehmen insgesamt betrachtet, dann ergibt sich:

"Perzeption --> Affektion --> Apperzeption --> Flexion --> Emotion --> [Motivation => Interesse => Antizipation => Projektion => Spiel => Strategie] --> Reflexion"

Durch die Erweiterung ergibt sich eine Ausweitung des Bewusstwerdens von 6 auf 12 gleichzeitig ablaufende neuronale Prozesse. Durch die folgende Situation lässt sich diese Gleichzeitigkeit darstellen, wobei jedes Moment der Folge durch die entsprechende Zahl angezeigt wird.

Wie oft hat die Turmuhr soeben geschlagen? Er lässt die unbewusst gehörten (1) Glockenschläge bewusst werden. Er zählt die in der Vorstellung gehörten Glockenschläge und erschrocken (2) stellt er fest (3), dass seine Armbanduhr stehen geblieben ist und dass das Treffen schon in einer Stunde stattfinden wird. Aufregung beschleunigt seinen Puls (4). Er will auf keinen Fall zu spät kommen. (5) Soll er nicht doch lieber (6) den Bus (7) oder gar ein Taxi (8) nehmen, statt zu Fuß zu gehen? (9) Und wo soll er sich welche Blumen besorgen? Ist das überhaupt alles zu Fuß noch zu schaffen? (10) Also doch mit dem Taxi (11), weil der Blumenladen nicht am Weg liegt! (12)

Gehen eigentlich mit den Momenten der Folge des Wahr-nehmens auch die Kategorien des Bild-er-lebens einher? Wenn man das soeben betrachtete Beispiel sieht, dann lässt sich das nicht bejahen. Tatsächlich hängt die Kategorisierung davon ab, ob künstlerisch oder wissenschaftlich wahrgenommen wird. Aber was sich gut erkennen lässt, ist, dass die beschriebene Einfärbung des Bewusstwerdens während der Therapie wohl eher auf konzentriertes statt auf systemisches Verhalten zurückzuführen ist.

Es ist deshalb sinnvoll, das Protokoll noch einmal unter den veränderten Bedingungen aufzuarbeiten.

Seit 20 Jahren BEGRIFFSKALENDER

Prof. Dr. habil Wolfgang F Schmid

Grundsätzliches (www.wolfgang-schmid.de)

 

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