Warten auf was?
Als Hekate auf ihre Uhr blickt, fangen beide Frauen an zu lachen. Sie warten schon längere Zeit vor dem Institut. Für einen Waldspaziergang fühlen sie sich zu angespannt. Während sich Aesthe eine weitere Zigarette aus ihrer schlecht geöffneten Schachtel angelt, sagt sie verschmitzt lächelnd zu Hekate: „Werfen Sie doch einmal einen Blick auf Ihre innere Uhr, ob die auch wie meine stehen geblieben zu sein scheint!“
Hekate ganz erstaunt: „Ich glaube, sie geht ziemlich nach, weil hier so gar nichts passiert!“
In diesem Augenblick nähert sich ein silbergrauer Mini in schneller Fahrt und bremst scharf vor dem Zaun, der das Institut umgibt. Die Leiterin des Instituts steigt aus, winkt den beiden Frauen zu und ruft: “Bin ich zu spät?“.
„Nein, nein, wir beide sind viel zu früh!“ ruft Hekate zurück. Während Claire Frank auf die beiden zugeht, sagt sie freundlich: „Ach, ich sehe schon Frau Logkat, Sie haben Ihre Praktikantin mitgebracht!“ Dieser Irrtum klärt sich allerdings rasch, als Aesthe Hekate als ihr neue Assistentin vorstellt. Frau Frank ist das sichtlich peinlich und sie entschuldigt sich. „Fassen Sie es als Kompliment für Ihr sehr jugendliches Aussehen auf!“ Sie kann ja nicht ahnen, dass dies für Hekate nun überhaupt kein Kompliment bedeutet. Als die drei Frauen auf den Eingang des Instituts zugehen, dreht sich ein Schlüssel in dem übergroßen, alt erscheinenden Schloss und ein greiser Mönch öffnet: „Seien Sie herzlich willkommen. Es ist alles schon vorbereitet.“ Er führt sie in das Gästezimmer, wo ein köstliches Frühstück auf sie wartet.
Nach dem Frühstück kommt auch der Abt hinzu. „Dann lassen Sie uns das Gespräch mit diesem schwierigen Thema beginnen!“ Der Abt zieht einen dicken Aktenordner aus seiner schwarzen, altmodischen Tasche.
„Bis heute konnte nicht ausfindig gemacht werden, wer eigentlich der Verursacher der langen Kette geistiger Misshandlungen von Kindern ist. Klar ist nur, dass die Umwertung aller Werte durch ein überzogenes Geltungsbedürfnis vollzogen wird. 'Mein Haus, mein Auto, mein Swimmingpool, meine Frau!' Diese Bilder als Belege selbstbefriedigenden Besitz- und Machtstrebens gelten als Ausweise der Erfolgreichen. Nicht zu vergessen der Betrag, den das eigene Bankkonto aufweist. Diese Entartung ist bereits eine der Ursachen für die in der Kindheit erfahrenen Zerrissenheit eigenen Daseins. Es sind dumme, selbst verblödete Lehrer, die so etwas auslösen, weil sie nur die eigene Existenz sichern wollen, statt Kinder zu lieben. Kinder, die aber nicht geliebt werden, können geistig nicht wachsen, nicht auf sich hoffen, sich selbst nicht glauben und so sich auch selbst nicht lieben. Geraten sie in die Politik, dann entartet solches Unvermögen in reines Machtgehabe!"
"Und wie kann man dieser unheimlichen Entwicklung entgehen?" unterbricht Hekate den Abt.
"Da hilft allein radikale Askese durch ein kompromissloses Loslassen alles Überkommenen! Um dieses Loslassen zu ermöglichen und selbst wieder zu glauben, verbringen wir Mönche unser Leben vorwiegend schweigend!"
Hekate bemerkt lächelnd: "Das würde ich niemals aushalten. Ich käme vor Langeweile um!"
Der Abt betrachtet die junge Frau, die eher noch das Aussehen eines jungen Mädchens hat, sehr eingehend und sagt dann, ihr zugewandt, sehr verständnisvoll:
"Ihre Schönheit ist nicht äußerlich, sondern kommt vor allen von innen. Sie können das aufgrund von Erziehung missverstehen, indem Sie versehentlich nur das Äußere pflegen. Aber das tun Sie nicht, weil Sie sich in dem, wie Sie sich erscheinen, gefallen. Es gibt keinen Grund, solches Selbstgefallen loszulassen. Solange Sie sich glauben, lassen Sie los und nichts kann Ihnen anhaften!"
Hekate versteht zwar nicht alles, aber errötet sichtlich, vielleicht vor Verlegenheit. Fühlt sie sich ertappt?
Lethe Logkat unterbricht diesen Dialog mit der Bitte, die Kritik vielleicht noch einmal in einem Satz auf den Punkt zu bringen!
"Meine Anzeige bezieht sich auf Kindesmissbrauch durch Virusinfektion aufgrund gezielter Fehlinformation! Ich habe für Sie Stichworte dazu sammeln lassen!"
wfschmid - 29. Mai, 05:20
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