Unilogo

26
Aug
2011

Neuronale Textanalyse

 
3. Wegmarken

Wer sich unvoreingenommen auf unbekanntes Gebiet wagt, sollte das nicht ohne Karte tun. Irrwege werden sonst zu wahrscheinlich. Und wer nicht nur Irrwege, sondern auch Fehlverhalten vermeiden möchte, sollte sich zuvor wenigstens mit den wichtigsten Regeln vertraut gemacht und die wichtigsten Gesetze kennengelernt haben.

Nun könnte man doch eigentlich sagen, dass es für uns nichts Vertrauteres geben müsste als die eigene Sprache. Schließlich sind wir mit dieser Sprache von klein auf aufgewachsen, haben mit ihr unsere eigenen Erfahrungen gesammelt, so dass wir uns ohne Schwierigkeiten sprachlich verhalten und bewegen können. Wir schreiben und lesen ohne Schwierigkeiten Texte, ohne uns jemals darüber Gedanken zu machen, wie diese Texte in uns entstehen oder Sprache unsere Gedanken bewegt und damit letztlich auch unser Verhalten regelt. Wir gehen mit unserer Sprache genau so leichtsinnig um wie mit unserer Gesundheit, über die wir uns auch erst im Krankheitsfall Gedanken machen.

Was die Gesundheit angeht, so ist es dann oft zu spät, aber was die Sprache betrifft, so wäre es für uns immer zu spät, denn eine erkrankte Sprache ließe uns keinerlei Spielraum mehr, um uns daraus zu befreien, denn alles was uns wesentlich ausmacht, das sind wir durch Sprache. Deshalb könnten wir letztlich auch wohl kaum bemerken, wenn wir erkranken, weil unsere Sprache gestört ist. Solange uns niemand sehr behutsam darauf aufmerksam macht, bleibt für uns alles selbstverständlich genau so wie es immer war. Wir würden sogar nicht einmal bemerken, wenn sich uns erst die innere und dann die äußere Welt entzieht, weil uns, mangels Sprache, entsprechende Erfahrungen abgehen.

Merkwürdigerweise schreckt niemand hoch, wenn Altern heutzutage nicht mehr mit Weisheit, sondern mit Demenz in Verbindung gebracht wird. Niemand fragt sich deshalb, ob hier nicht Ursache und Wirkung verwechselt werden. Ist das schleichende Vergessen wirklich die Ursache für den Entzug der Sprache oder verhält es sich nicht geradezu umgekehrt? Oder ‚direkter’ nachgefragt: Bewirkt das ‚Absterben’ neuronaler Funktionen das Schwinden der Sprache oder umgekehrt? Ist das Phänomen der Demenz eine Frage der Chemie oder eine Frage der Philosophie?

Beginnt das schleichende Vergessen nicht schon gleich zu Beginn unserer Abendländischen Kultur, nämlich durch die Spaltung der Hemisphären? In der Tat entfaltet sich diese Frage zur maßgeblich bestimmenden Leitfrage, die uns auf einen längst überfälligen Weg schicken und dessen Abschnitte markieren wird.
 

Seit 20 Jahren BEGRIFFSKALENDER

Prof. Dr. habil Wolfgang F Schmid

Grundsätzliches (www.wolfgang-schmid.de)

 

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