Mysterium

Als Geheimnis ist das Mysterium[1] etwas, das uns den Mund verschließt[2], sobald wir es auszusprechen versuchen. Es ist nicht aussprechbar, weil nicht erklärbar. Eines der größten Geheimnisse verbirgt jenes Wort, welches uns den Weg weist und unsere Existenz ins Dasein ruft.
Für jedes verrnunftbegabte Wesen existiert in der Welt ein besonderes Wort. Folgt es dem Ruf seines Wortes, gelangt es endlich in sich selbst an. Das Wort wird zum Mittelpunkt seines Lebens. Das vernunftbegabte Wesen hat den Schlüssel zu seiner Mitte gefunden und findet so zwischen Wagen und Versagen sein Zuhause.
Die Berufung durch sein Wort verschenkt dem vernunftbegabten Wesen Kräfte für den unermüdlichen Mut zum Risiko.
Das Wort vermittelt ihm den Sinn des Lebens und bewegt es, nach vorn zu blicken und vorwärts zu gehen.
Am Anfang eines Lebens steht das besondere Wort. Ist dieses Wort “Gott”, dann führt das zu einem Leben im Glauben. Das Wort am Anfang kann auch nur ein Ton sein, der ein Leben der Kunst der Musik widmet. Das Wort kann auch zu einem besonderen Bild gehören und sich ein Leben in der Dichtung oder Malerei vorfinden lassen.
In der Regel erscheint das Schlüsselwort der eigenen Existenz symbolisch als Stichwort, das für ein Geschehen, eine Geschichte, ein Ereignis, eine wichtige Situation oder einen beeindruckenden Spruch steht.
Als Schlüsselwort einer Existenz lässt sich das besondere Wort niemals erzwingen. Manches Mal wird es trotz intensiver Suche nicht gefunden und einem Leben fehlt dann die eigentliche Mitte.
Als Befreiung eines Wesens zu sich selbst kommt der Erziehung diese existentielle Aufgabe zu. Erziehung vollzieht diese Selbstbefreiung im wesentlichen als Hilfe zu Selbsthilfe.
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[1] griechisch μυστήριον mysterion, Geheimnis
[2] muein, myein, Mund verschließen
wfschmid - 15. Dezember, 05:30
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