Staunen

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Unerwartetes überrascht, löst emotionale Erregung aus, weil gewohnte Denkmuster unbrauchbar erscheinen. Je nach Intensität der Gefühle verwirrt die überwältigende Wahrnehmung die Vernunft, weil Erklärungen ausbleiben oder sie weckt die Neugier, um nach Erklärungen zu suchen. Verwunderung mischt sich mit Bewunderung. Staunen setzt Fragen und damit Suchen in Gang, verbunden mit der Bereitschaft, anders zu denken und zu lernen. Während Sprache gewöhnlich Zeichen zum Zwecks des Abkürzens und Verkürzens benutzt, fällt das sprachbegabte Wesen bei stark und spontan gefühlten Erlebnissen in körperliches Verlautbaren zurück. Es drückt sich dann in Interjektionen aus, wenn die Sprache versagt, weil zum Beispiel Zeit zum Sprechen fehlt. “Au” bei plötzlichem Schmerz, “Igit” bei Ekel oder “Häh” bei überraschendem Unverständnis sind gefühlte Situationen, in denen die Zeit für Worte fehlt. Als Sprachpartikel demonstrieren Interjektionen die Sprachnöte starker Emotionen. Dagegen zeigen Verzögerungslaute wie “Äh” oder “Ähm”, dass noch geeignete Worte fehlen.Der Entwicklungsdrang bzw. Bildungstrieb des vernunftbegabten, auf Mitteilung angewiesenen Wesens verlangt nach einem kommunikativen Werkzeug, das die körperlichen Möglichkeiten wie Mimik und Gestik erweitert. Die Idee zur Entwicklung dieses Werkzeugs ist als Möglichkeit in der Ur-Information enthalten. Und was mag der zureichende Grund sein, dem vernunftbegabten Wesen durch die Gabe der Sprache die Möglichkeit, wahr zu sein, zu verstellen? Bedingung der Möglichkeit für eine solche Frage ist selbstverständlich die hierfür vorausgesetzte notwendige geistige Existenz.
wfschmid - 25. Dezember, 05:35
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