Wahl
© urs
Ego empfindet sich als Wesen, das mit sich selbst unterwegs ist. Das Ziel dieser Ichwerdung ist das Selbstbewusstsein, ein Zustand, in dem das Ich weiß, wer oder was es selbst ist. Die Selbstfindung setzt Ich-Versuche voraus. Das Ego hat dabei den großen Vorteil, dass es sich in Rollen hineinversetzen und Persönlichkeiten ausprobieren kann. Das Ego ist in der Nähe des Bahnhofs aufgewachsen, mit Zuggeräuschen eingeschlafen und aufgewacht. So ist es nicht verwunderlich, dass es sich oft als Lokführer ausprobiert und verschiedene Züge gefahren hat. Solche Fahrten halfen vor allem über langweilige sonntägliche Spaziergänge hinweg. Später kamen dann die schnellen Züge auf dem Fahrrad hinzu. Die damalige Umgebung des Bahngeländes spiegelt sich noch heutzutage selbst hier im Neuropoem wider. Um so erstaunlicher ist es, dass Ego niemals daran dachte, Lokführer zu werden. Vielmehr spielte das Ego des kleinen Jungen schon sehr früh mit dem Gedanken, einmal Wissenschaftler zu werden, um das Auge zu erforschen. ”Es muss doch möglich sein, Blinden wieder das Sehen zu ermöglichen!" Dieser frühe Berufswunsch wechselt aber häufig mit “Bratwurstbudenbesitzer”, “Dirigent”, “Sheriff” oder “Pfarrer”. Aber keiner dieser bis auf den Sheriff auch möglichen Wege wurde letztlich eingeschlagen oder wenigstens ernsthaft ausprobiert. Selbst das Theologiestudium war nur eine Art Exkurs zum Studium der Philosophie.”Ego, welchen schweren Gedanken hängst du denn nach?” will die Fantasie wissen. Ego antwortet leicht verlegen: “Ich denke darüber nach, was ich alles werden wollte!" Die Fantasie wirkt leicht bestürzt, als sie sich über den tieferen Grund von Ego’s Reise klar wird. Jetzt fragt die Vernunft die Fantasie, ob nicht aus der Tiefe des Unbewussten heraus damit ein Zeichen gesetzt wird, dass eine ganz wesentliche frühkindliche Emotion immer noch ziellos, weil unerfüllt, umherirrt. Die Fantasie bemerkt dazu nur knapp: ”Dann ist doch Ego mit uns nach Ens genau richtig unterwegs!”
wfschmid - 3. Februar, 05:00
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