Schreibend denken oder denkend schreiben
Wie Gedanken am liebsten wohnen
Ein Satz ist das Eigenheim eines Gedankens.
Eigenständige Gedanken vermeiden zu dicht besiedelte Wohngebiete.
Tiefe Gedanken mögen es nicht, in Texten zusammengepfercht zu werden.
Gedanken wollen sich nicht in irgendwelchen Zusammenhängen verlieren, sondern sich lieber in ihrem je eigenen Satz behaupten, am liebsten mit hinreichendem Abstand zum benachbarten Satz.
Ein Satz braucht genug Abstand zu seinem nächsten Nachbarn.
Erfolgreiche Gedanken bevorzugen gute Nachbarschaften.
Gute Nachbarn helfen einander oder teilen gemeinsame Interessen.
In ihren Sätzen lassen Nachbarn ihre Zuneigung durch den gemeinsamen Gebrauch identischer oder gleicher Worte erkennen.
Einfache, klare Gedanken wohnen in bescheidenen, kurzen Sätzen.
Kurzgefasste Gedanken lassen dem Denken, das sie empfängt, Zeit zum Atmen.
Gedanken, die kurzatmiges Denken verursachen, sind in langen Sätzen zu Hause.
Kurzatmiges Denken bedeutet nicht mehr bei Gedanken verweilen zu können, um sich über ihre Mitteilungen klar zu werden.
Kurzatmiges, oberflächliches Denken eilt über Sätze hinweg und begnügt sich mit ersten Eindrücken.
Ein Denken, das Atem schöpft, betrachtet Gedanken und verschafft sich entsprechende Bilder.
Gedanken, die keine Bilder ermöglichen, sind entweder unhöflich oder dumm.
Dumme Gedanken führen auf Dauer zwar zu Übelkeit, aber verursachen kein Asthma.
Kluge Gedanken bevorzugen gute Wohngegenden mit entsprechenden Infrastrukuren.
wfschmid - 3. Februar, 04:19
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