Alle Tage Zirkus
Manegen unseres Zirkus finden wir überall. Akrobatik, Clownerei, Zauberei, Dressuren, Träume touren durch unser Dasein. Der Zirkus gastiert in Jedermann’s Kopf. Unseren Auftritt im Zirkus der Welt erfahren wir zumeist ahnungslos als Existenz. Clowns philosophieren über unser Dasein und spielen uns unsere Rollen vor. In ihrem Spiegel kommen wir uns selbst so lächerlich vor, dass wir unwillkürlich über uns lachen, ohne das zu merken. |
Unter dem Zirkuszelt des Alltags spielen wir unsere Rollen. Wir inszenieren uns selbst. Der Zirkusdirektor betrachtet amüsiert, wie unglaublich wichtig wir uns nehmen. In unserer Eitelkeit haben wir allein das Sagen. So glauben wir und tragen mit großem Ernst uns und anderen unsere Rollen vor. |
Lange bevor der Bus kommt, behaupten deutsche Clowns ihren Platz, drängeln sich zum Ergötzen ihrer englischen Kollegen dann auch noch vor. Betreten sie mit ihrer Karte des bezahlten Anspruchs den Großraumwagen eines ICE, in dem noch alle Plätze außer ihrem frei sind, dann freuen sie sich auf ihren Auftritt. Genüsslich rechthaberisch fordern sie das alte Rentnerpaar auf, ihre unberechtigte gerade mit Kaffee und selbst gebackenen Marmorkuchen eingerichtete Gemütlichkeit aufzugeben und zwei andere der vielen noch freien Plätze einzunehmen. Die beiden altersweisen Artisten lächeln angesichts solch grandioser eitler Sturheit und räumen schwerfällig das Feld. Kein Publikum applaudiert den heruntergekommenen Inhabern ihres fragwürdigen, ungezogenen Anspruchs. Eine ganz gewöhnliche zirzensische alltägliche Demonstration eines verlorenen Machtanspruchs. Eines Tages saß ich im großen leeren Lehrerzimmer einer Flensburger Gesamtschule, um auf meinen Praktikanten zu warten. Da betrat ein Lehrer den Raum, steuerte auf mich zu: "Entschuldigen Sie bitte, Sie sitzen auf meinem Platz!" |
wfschmid - 9. Dezember, 05:20
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