Selbstspiel
Es gibt Leute, die gewisse Makros des Gehirns personifizieren, um für den inneren Dialog virtuelle Ansprechpartner zu haben. Das Selbstgespräch gelingt ihnen leichter, wenn sie den inneren Lehrer, Arzt, Anwalt oder den inneren Ratgeber ansprechen können. Kritisch wird es dann, wenn solche Personifizierungen religiösen Charakter annehmen oder sogar ein gewisses Sendungsbewusstsein entsteht. Solche Leute berichten dann über ihre eingebildeten Erfahrungen mit Schutzengeln oder anderen religiösen Gestalten. Bisweilen kommt es auch gar nicht zu solchen Personifizierungen, sondern zu Selbstübersteigerungen, indem man sich bestimmte Rollen zuspricht wie die eines Heilers oder Genies, eines Weisen oder eines Künstlers, in jedem Fall eine Rolle, die einen vor sich selbst oder vor anderen heraushebt. Dieser Hang zur Selbstbespiegelung entsteht durch fehlgeleitete, unvollständige Selbstreflexion. Bei Kindern spielt sich so etwas noch ganz natürlich ab, wenn sie in ihren Spielen in verschiedene Rollen schlüpfen. Im Gegensatz zu Erwachsenen halten sie sich ja noch in ihrer Phantasiewelt auf, in der so etwas noch als natürlich erscheint. Das positive Selbstbild, auf das wir angewiesen sind, um existieren zu können, bedarf allerdings eines Belegs durch andere oder durch sie anerkannte Leistungen.
wfschmid - 15. Februar, 06:02
0 Kommentare - Kommentar verfassen - 0 Trackbacks
Trackback URL:
https://wolfgangschmid.twoday.net/stories/14634572/modTrackback