Wahrer Reichtum
Die Philosophie ist „verkopft“. Weil das Denken zu sehr vom Kopf beherrscht wird, ist Philosophie unhandlich geworden und somit eine unpraktische Angelegenheit. Das war nicht immer so. In den Anfängen der Abendländischen Philosophie galten die Philosophen als Tüftler, die sich praktisch mit scheinbar unlösbaren Problemen herumschlagen und sich absurde Dinge ausdenken. Und obgleich sich deren Gedankenexperimente nicht gerade als erfolgreich und zu langwierig erwiesen, wurden sie beneidet. Besonders Thales, der auffälligste der damaligen Philosophen, wird von ihnen wegen seiner Armut gefoppt, da er ja ganz offensichtlich der beste Beweis dafür ist, dass man es mit Philosophie nicht weit bringt. Aber Thales kümmert das wenig. Aufgrund seiner astronomischen Kenntnisse weiß er allerdings, dass er erst im kommenden Jahr den Nachweis für den praktischen Nutzen der Philosophie führen kann, denn aufgrund seiner Analysen findet er heraus, dass im kommenden Jahr eine reiche Olivenernte zu erwarten ist. Und so mietet er mit dem wenigen Geld, das er noch besitzt bereits im Winter alle Olivenpressen in Chios und Milet. Selbstvertändlich bekommt er sie zu dieser Jahreszeit noch zu einem Spottpreis und mit einem mitleidigen Lächeln.
Als plötzlich zur Erntezeit alle Pressen gleichzeitig benötigt werden, leiht er sie gegen hohe Beträge aus und verdient eine Menge Geld damit. So beweist er der Welt, dass auch Philosophen leicht reich werden können, wenn sie nur wollen. Aber reich zu werden, liegt nicht im Interesse der Philosophen. Deren Ehrgeiz bezieht sich eher darauf, Anworten auf interessante Fragen zu finden. Denn der Ansicht Thales nach macht Entdecken reicher als Geldquellen zu finden.
wfschmid - 26. Februar, 06:22
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