Unilogo

9
Mrz
2011

Sichtbarmachen


Die wichtigste existentielle Funktion des Menschen ist das Wahrnehmen. In dem Verb „wahrnehmen“ verbirgt sich „wahr nehmen“. Wir sehen etwas nicht so wie es von sich her erscheint, sondern wie wir es uns zurechtlegen. Wir sehen nicht so wie es ist, sondern wie wir meinen, dass es ist. Das hat seinen zureichenden Grund darin, dass wir nicht einfach, sondern mehrfach sehen, also nicht nur sinnlich bzw. körperlich, gefühlsmäßig und geistig. Wir sehen einen Baum. Unsere augenblickliche Stimmung und Einstellung färben diesen Eindruck und aktuelle Gedanken interpretieren ihn als Vorstellung im Bewusstsein. Das gesehene Urbild erfährt demnach verschiedene Filterungen, bevor es als gefiltertes Abbild von uns wahr genommen wird. Wir wissen nicht, was wir sehen, sondern wir glauben, was wir wahr nehmen.

In Bezug auf das Wort verhält es sich noch abenteuerlicher. Die Vieldeutigkeit des Wortes überlässt es geradezu der Fantasie, welches Bilderleben sie dazu inszeniert. So hören wir das Wort so wie wir es verstehen wollen. Und es spielt eine große Rolle, in welcher Stimmung und Einstellung ein geschriebenes oder gesprochenes Wort aufgenommen wird.

Angesichts der vielfältig einfallsreichen Inszenierung eines Worte während des Bewusstwerdens besteht die am besten geeignete Vermittlung eines Wortes in der Demonstration dessen, was es eigentlich zeigen soll. Insbesondere für Didaktiker gilt: „Nicht lehren, sondern zeigen!“(1!)

Eingedenk der Enge des menschlichen Bewusstseins und der geringen Merkfähigkeit des Kurzzeitgedächtnisses sind für eine wirksame Wiederholung entsprechende Maßnahmen 'gegen das Vergessen' unvermeidbar. Wir werden das mit Hilfe eines begleitenden Gedächtnistrainings verwirklichen. Zunächst müssen wir die Voraussetzungen für eine merkfähige Geschichte schaffen. Sie sind Ihr eigener Regisseur bei der Inszenierung dieser Geschichte. Die Inszenierung erfolgt mit Hilfe Ihrer Vorstellungskraft. Wir sind in einer wunderschönen Landschaft unterwegs. Sie befinden sich in Begleitung einer Lichtgestalt namens Seele und einem Landschaftsführer namens Verstand, der sich in der Gegend sehr gut auskennt. Stellen Sie sich jetzt die Seele an Ihrer rechten Seite als schöne weibliche Gestalt vor und den Verstand auf Ihrer linken Seite als männliche Gestalt, die, falls Sie ein Mann sind, genau so aussieht wie Sie selbst. Falls Sie eine Frau sind, ist auch die Gestalt auf Ihrer linken Seite weiblich und trägt den Namen „Vernunft“. Sie bewegen sich ruhig durch die Landschaft an einem sonnigen Tag. Es ist um die Mittagszeit.

Verstand: „Hast Du es inzwischen bereut, dass Du Dich für diese Wallfahrt entschieden hast?“
Ich: „Nein, ich bin froh, dass ich mich so entschieden habe wie mir die Seele geraten hat! Schließlich möchte ich ja wieder gesund werden!“
Verstand: „Stört es Dich, dass der Weg durch ein Traumland führt?“
Ich: „Das ist Deine Deutung. Ich aber träume nicht und das alles ist für mich wirklich!“
Ich: „Sage mir lieber, wann und wo wir heute unsere Pause einlegen werden, damit ich mich darauf einstellen kann.“
Verstand: „Die Seele hat doch, als wir unsere Reise planten, vorgeschlagen, dass wir unsere erste Rast in der Klause des alten Bruno einlegen. Er soll Pilgern gegenüber sehr gastfreundlich sein. Jedenfalls werden wir seine Karthause kaum vor Sonnenuntergang erreichen.“

Memo: Die drei Gestalten stehen für die drei Wahrnehmungen: Geist, Sinne, Gefühl, die Wallfahrt selbst für das Bewusstwerden und schließlich die Klause für das Bewusstsein.

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Prof. Dr. habil Wolfgang F Schmid

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