Wahr ist nicht, was wir glauben, sondern richtig ist, was wir wissen
Wahrheit ist das, was sich dem Menschen an Sein offenbart. An dieser Offenbarung orientiert er sein Leben. Nach dem geoffenbarten Leben streben, das nennt er existieren. Existenz zeigt sich in der Art und Weise, wie der einzelne aus sich herausgeht.
Für Kinder ist die Seinsoffenbarung noch selbstlos. Erst mit zunehmenden Alter entwickelt sich das zur Selbst-Show. Es entwickelt sich der Wunsch nach der geeigneten Selbst-Darstellung. Mit der Schule wächst die Selbst-Inszenierung. Die Schule wird sehr schnell zur Schauspielschule. Erfolgreich wird, wer sich am besten und überzeugendsten darstellt. Die Einstellung zum eigenen Leben wird verstellt gezeigt. Auch das noch so offene Auftreten schützt die Privatsphäre ds eigenen Lebens. Die Sprache erlaubt es, sich hinter offenen Worten zu verstecken. Jedes wahre Wort kann jederzeit gelogen sein. Dabei ist kaum jemand damit einverstanden. Wer will schon vor sich und anderen als verlogen gelten! Trotzdem glaubt man der eigenen Wahrheit immer zuerst, selbst dann noch, wenn das Gegenteil offenkundig wird.
Die Notengebung gilt schon früh als Bosheit. Eigene Fehler werden zum Ärgernis, nicht etwa aus Einsicht, sondern als Verletzung durch eine Erziehung, welche gerade wieder einmal als Dressur misslungen ist. Nicht der Lehrer lehrt schlecht, sondern der Schüler lernt nicht gut. In der Schule aufpassen bedeutet, auf den Lehrer achten. “Herr, Dein Wille geschehe!” Unterrichten bedeutet unter eine Richtung bringen. Das Wort “Unterricht” bezeugt diesen Anspruch auf Macht. Über diese Art von Unterwerfung verliert niemand ein weiteres Wort. “Man lernt nicht für die Schule, sondern für das Leben!” Die Verstellung fällt dabei zunehmend weniger auf.
Die Wahrheit ist, dass niemand etwas dafür kann. Wie alle Lebewesen wird auch der Mensch geboren, um sein Leben zu kämpfen. Allein die Wahl der Mittel ist für dieses Lebewesen größer. Wahrheit gehört dazu. Für die Wahrheit zu leben und zu sterben, gilt als hehr für alle, die an eine ausgewählte Wahrheit glauben. So kommt von denen niemand auf den Gedanken, Kreuzritter als Terroristen zu bezeichnen.
“Was ist Wahrheit?” Nur Philosophen nehmen diese scheinheilige Frage noch ernst. Aber auch sie verschweigen und versteifen sich auf das Wechselspiel von Entbergen und Verbergen statt offenkundig zu machen, dass der Mensch nun einmal nicht dafür geboren ist. Aber wer will schon als geschäftsschädigend oder als Nestbeschmutzer gelten! Schließlich leben Religion und Philosophie ganz gut von der Wahrheit. Aristoteles beendet das Gerede von Wahrheit und bscheidet sich damit, Richtigkeit an die Stelle von Wahrheit zu setzen. Er schafft auf diese Weise die Wissenschaft und verschafft dadurch verlorene Sicherheit. Wahr ist von nun an nicht mehr, was wir glauben, sondern richtig ist, was wir beweisen können!
wfschmid - 7. Mai, 08:56
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