Lethe
Wer aus dem Fluss Lethe, ἡΛήθη, das Vergessen, trinkt, vergisst alle seine Erinnerungen und gelangt in die Gegend der Unverbindlichkeiten. Nur unvoreingenommen vermag er für das Wahre offen zu sein. Die Wahrheit ist ein Geschehen, das sich in den Tiefen der Seele ereignet und dem erscheint, der in die Stille seiner Seele einkehrt. Dort nimmt er die Bilder der Seele wahr, und er betrachtet sie, um zu sehen, bei welchen er verweilen will, weil er sie liebt. Das Vertrauen in das, was sie ihm zeigen, ist groß genug, so dass er diesen Inhalten Glauben schenkt. Wem die Gabe des Schöpferischen verliehen ist, dem kann vielleicht eine Idee in der Gestalt eines göttlich lichten Wesens erscheinen und mitteilen, was in Sprache, Musik, Architektur oder Malerei aufgezeichnet werden soll. Manche Menschen wie beispielsweise Bernadette Soubirous aus Nevers an der Loire, Hildegard von Bingen oder auch Franziskus von Assisi haben den Mut, anderen mitzuteilen, was ihnen geschehen ist. Jeder muss für sich allein erkennen, was sich da ereignet, und entscheiden, ob er über den Mut verfügt, das mitzuteilen, was er gesehen oder gehört hat. Sokrates nennt das, was er in sich hört innere Stimme (gr. Δαιμονιον), und er folgt ihr sogar, als sie ihm rät, den Giftbecher zu trinken.
Wann immer Bereitschaft besteht und Ideen gewollt werden, erscheint die innere Stimme je nach Begabung und Fantasie in Gestalt oder gestaltos, um das Erhoffte zu verschenken.
wfschmid - 23. Mai, 05:15
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