Auseinandersetzung
Ein durch Dressur unterdrücktes Gehirn ergreift höchst selten die eigene Initiative, sondern folgt eher den Regeln einer unauffälligen Anpassung. Durch die Vorherrschaft des Verstandes bleiben dann Vernunft und Gefühl auf der Strecke. Vorgegebene Verhaltensmuster werden brav angenommen und nachgeahmt. Das Bilderleben der Vernunft und das Empfinden der Seele können sich so nicht mehr hinreichend ausbilden, um noch einer sich offenbarenden Wahrheit glauben zu können.
Die Bedingungen für die Möglichkeiten einer Auseinandersetzung mit Wahrheit als Selbstoffenbarung schwinden und damit die Chance, seinen eigenen existentiellen Seinsgrund zu entdecken.
"Die Wahrheit blitzt im Augenblick auf", sagt Platon in seinem berühmten siebten Brief (datiert um das Jahr 353 v.Chr.). Wahrheit erfährt man als Energie, die wie ein Blitz erscheint, der das Dunkel unklar Gedachten urplötzlich erhellt. Ein solcher Augenblick ist vergleichbar mit einer Situation, in der man sich urplötzlich vollkommen überraschend in einen Menschen verliebt oder seine Berufung verspürt.
Wahrheit entbindet schöpferisch neu gestaltend der bisherigen eigenen bunten, schönen, abwechslungsreichen, aber fantasievoll vorgetäuschten Welt der Illusionen und befreit am Ende in eine sich selbst offenbarende existentielle Welt.
Das Ich kündigt dem gewohnten Selbst und verändert radikal seine Sichtweise, wie ein prachtvoll schöner Herbstabend, ein Geschenk spontaner Ergriffenheit, eine Ahnung von Ewigkeit.
Wahrheit im Sinne der Unverborgenheit ist immer der einfache Anfang alles Wesentlichen.
wfschmid - 30. Januar, 03:05
0 Kommentare - Kommentar verfassen - 0 Trackbacks
Trackback URL:
https://wolfgangschmid.twoday.net/stories/235546382/modTrackback