'ich habe doch nur gedacht...'

Dieser unvollständige Satz ist die Einleitung einer Rechtfertigung. Die Aussage ist möglich, ohne dass der Zusammenhang, in dem die Worte stehen, bekannt ist. 'Ich habe gedacht...' würde eine solche Deutung nicht zulassen. 'doch' ist eine Entgegnung, eine Emotion; 'nur' eine Einschränkung. Beides zusammen kehrt 'ich habe gedacht' fast in das Gegenteil. Ich habe nicht gedacht. Ich habe mich (ver-)leiten lassen. Von Gefühlen vor allem. Das Dumme ist nur: Wer diesen Satz ausspricht, befindet sich gerade in dem Widerspruch. Er nimmt ihn deshalb nicht wahr. Sonst würde er sich bestimmt, peinlich berührt, sofort korrigieren.
Die Umgangssprache lebt von solchen Unschärfen. Missverständnisse entstehen so. Doch in der Regel findet eher gar nichts statt. Austausch von Worten als diffuses Rauschen. Ein Ping-Pong von nicht Gedachtem, das weder wahr noch unwahr ist.
Wenn es also darum geht, denken zu lernen, dann hilft es sehr, die eigene Sprache genau anzuschauen und sich selbst zuzuhören.
(urs)
wfschmid - 22. September, 12:58
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