I&I (angelehnt an Arno Schmidt: Ich’n’Moi) erzählen der keltischen Göttin von Marlene und „Gegen die Wand“, den wir neulich zum dritten Mal gesehen haben und immernoch für den besten deutschen Film halten, an den wir uns erinnern können (endlich ma eina, der mithalten kann und unsre bei alla Frankofilität us-verseuchten Geschmacksknospen auf-blü-hen lässt).
Die Göttin sagt: Bilder leben.
Und dann blitzt sie mich an. Es wird dunkel. Der Vorhang öffnet sich.
Die Silhouette einer schwarzen Gestalt erscheint vor einem matt-grau flimmernden Leinwandhintergrund.
Die Gestalt sagt mit ausdrucksloser Stimme:
My head is waiting to catch a bullet
My skull is yearning to be penetrated
My brain is keen on feeling death
Black out where art thou won’t you come?
Während dumpfstampfende Musik einsetzt sieht man eine Raubkatze im Sprung, das Gesicht eines unbeteiligt guckenden Mannes und dann, wie die Katze dem Mann den Kopf vom Rumpf reißt.
Die Gestalt beginnt langasam zu tanzen. Binious dringen schüchtern mit ihren traditionellen Melodien durch massive Bässe und trancebeförderndes Schlagwerk.
Im Folgenden beginnt die Gestalt immer hingebungsvoller zu tanzen. Die Katze reißt den Kopf vom Rumpf. In einem Stahlschrank kommt es zu mehreren heftigen Explosionen bevor das Teil schließlich aufplatzt, aus Hubschraubern wird mit Maschienengewehren geschossen uns so weiter und nichts Neues, man kennt die üblichen brachial-gewaltförmigen Filmsequenzen *schnarch*
Und dann, wie originell, öffnet der Tänzer sich die Pulsadern und tanzt, die Binious werden immer deutlicher hörbar, sehr leidenschaftlich, bis die Kräfte ihn verlassen. Auf der Leinwand flimmern die Worte:
I#m bleeding, bleeding, bleeding, bleeding, bleeding all over you
I#m bleeding, bleeding, bleeding, bleeding, bleeding all over
I#m bleeding, bleeding, bleeding, bleeding, all over you
I#m bleeding, bleeding, bleeding, bleeding, over you
Nachdem der Typ tot umgefallen ist, beginnt es auf der Bühne dunkelrot zu dämmern. Aus der Versenkung erscheint ein kuppelförmiger Roboter auf Räderchen, aus dem eine menschliche Gestalt, bauchaufwärts, ragt. Die Gestalt fuchtelt mit einer Fernbedienung. Von allen Seiten rollen kleine Halbkugeln auf die Bühne, aus denen jeweils ein Köpfchen ragt. Der große Robo dreht sich langsam um die eigene Achse, während die Kleinen, ferngesteuert, alle möglichen Kunststückchen vorführen. Die Musik ist jetzt klassisch.
Es erscheint eine riesige, spinnenähnliche Maschine, von oben, die eine Weile zusieht, wie die kleinen funktiotanzen, um dann, pfeilschnell, den Großen mit einer schlanken Stahlstange aufzuspießen, an sich zu ziehen und einzuverleiben.
Der Vorhang fällt. Ein riesiges Smiley, Kopf einer kleinen, leeren Whiskeyflasche, grinst das werte Publikum an, eine Stimme sagt freundlich: Good bye! Und: Take care!
I&I (Gast) - 29. Oktober, 19:31
Man möge mir verzeihen, wenn ich dem obigen Beitrag noch einen Text von Heinrich Heine folgen lasse, der, so hoffe ich, allen, die durch fehlende Netikette im Besonderen und Unpasslichkeit im allgemeinen vor den Kopf gestoßen wurden, lächeln läßt:
»Wie Muhamed Eben Mansur seine Lieder immer mit einem Lob des Pferdes anfing, so begann Nils Andersen alle seine Geschichten mit einer Apologie des Walfisches. Der Walfisch, sagte Nils Andersen, sei nicht bloß das größte, sondern auch das schönste Tier. (…) Dabei sei er gutmütig, friedliebig und habe viel Sinn für stilles Familienleben. Es gewähre einen rührenden Anblick, wenn Vater Walfisch mit den Seinen auf einer ungeheuern Eisscholle sich hinlagert, und jung und alt sich um ihn her in Liebesspielen und harmlosen Neckereien überböten. Manchmal springen sie alle auf einmal ins Wasser, um zwischen den großen Eisblöcken Blinde Kuh zu spielen. Die Sittenreinheit und die Keuschheit der Walfische wird weit mehr gefördert durch das Eiswasser, worin sie beständig mit den Flossen herumschwänzeln, als durch moralische Prinzipien. Es sei auch leider nicht zu leugnen, dass sie keinen religiösen Sinn haben, dass sie ganz ohne Religion sind - «
An dieser Stelle wendet Nils Andersens Gegenüber ein, er kenne jemanden, der gesehen habe, wie Walfische an Eisschollen gelehnt gebetet hätten, weswegen Andersen sich irren müsse.
»Nils Andersen schüttelte sonderbar den Kopf; er leugnete nicht, dass er selber zuweilen gesehen, wie die Walfische, an einer Eiswand stehend, solche Bewegungen machten, nicht unähnlich denjenigen, die wir in den Gebetsstuben mancher Glaubenssekten bemerken; aber er wolle solche keineswegs irgendeiner religiösen Andacht zuschreiben. Er erklärte die Sache physiologisch: er bemerkte, dass der Walfisch, der Chimborasso der Tiere, unter seiner Haut eine ungeheuer tiefe Schicht von Fett besitze (…) Jene Fettschicht sei so dick, dass sich viele hundert Wasserratten darunter einnisten können, (…) wo sie Tag und Nacht das beste Fett verschmausen, ohne das Nest zu verlassen. Diese Schmausereien mögen wohl am Ende dem unfreiwilligen Wirte etwas überlästig (…) werden; da er nun keine Hände hat, wie der Mensch, der sich gottlob kratzen kann, wenn es ihn juckt, so sucht er die innere Qual dadurch zu lindern, dass er sich an die scharfen Kanten einer Eiswand stellt und daran den Rücken durch Auf- und Niederbewegungen recht inbrünstig reibt, ganz wie bei uns die Hunde sich an einer Bettstelle zu scheuern pflegen, wenn sie mit zu viel Flöhen behaftet sind. Diese Bewegungen hat nun der ehrliche Domine für die eines Beters gehalten und sie der religiösen Andacht zugeschrieben, während sie doch nur durch die Ratten-Orgien hervorgebracht wurden. Der Walfisch, soviel Tran er auch enthält, schloß Nils Andersen, sei doch ohne den mindesten religiösen Sinn. Er ehrt weder die Heiligen noch die Propheten, und sogar den kleinen Propheten Jonas, den solch ein Walfisch einmal aus Versehen verschluckte, konnte er nimmermehr verdauen, und nach dreien Tagen spuckte er ihn wieder aus. Das vortreffliche Ungeheuer hat leider keine Religion, und so ein Walfisch verehrt unsern wahren Herrgott, der droben im Himmel wohnt, ebensowenig wie den falschen Heidengott, der fern am Nordpol auf der Kaninchen-Insel sitzt, wo er denselben zuweilen besucht.«
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I&I (angelehnt an Arno Schmidt: Ich’n’Moi) erzählen der keltischen Göttin von Marlene und „Gegen die Wand“, den wir neulich zum dritten Mal gesehen haben und immernoch für den besten deutschen Film halten, an den wir uns erinnern können (endlich ma eina, der mithalten kann und unsre bei alla Frankofilität us-verseuchten Geschmacksknospen auf-blü-hen lässt).
Die Göttin sagt: Bilder leben.
Und dann blitzt sie mich an. Es wird dunkel. Der Vorhang öffnet sich.
Die Silhouette einer schwarzen Gestalt erscheint vor einem matt-grau flimmernden Leinwandhintergrund.
Die Gestalt sagt mit ausdrucksloser Stimme:
My head is waiting to catch a bullet
My skull is yearning to be penetrated
My brain is keen on feeling death
Black out where art thou won’t you come?
Während dumpfstampfende Musik einsetzt sieht man eine Raubkatze im Sprung, das Gesicht eines unbeteiligt guckenden Mannes und dann, wie die Katze dem Mann den Kopf vom Rumpf reißt.
Die Gestalt beginnt langasam zu tanzen. Binious dringen schüchtern mit ihren traditionellen Melodien durch massive Bässe und trancebeförderndes Schlagwerk.
Im Folgenden beginnt die Gestalt immer hingebungsvoller zu tanzen. Die Katze reißt den Kopf vom Rumpf. In einem Stahlschrank kommt es zu mehreren heftigen Explosionen bevor das Teil schließlich aufplatzt, aus Hubschraubern wird mit Maschienengewehren geschossen uns so weiter und nichts Neues, man kennt die üblichen brachial-gewaltförmigen Filmsequenzen *schnarch*
Und dann, wie originell, öffnet der Tänzer sich die Pulsadern und tanzt, die Binious werden immer deutlicher hörbar, sehr leidenschaftlich, bis die Kräfte ihn verlassen. Auf der Leinwand flimmern die Worte:
I#m bleeding, bleeding, bleeding, bleeding, bleeding all over you
I#m bleeding, bleeding, bleeding, bleeding, bleeding all over
I#m bleeding, bleeding, bleeding, bleeding, all over you
I#m bleeding, bleeding, bleeding, bleeding, over you
Nachdem der Typ tot umgefallen ist, beginnt es auf der Bühne dunkelrot zu dämmern. Aus der Versenkung erscheint ein kuppelförmiger Roboter auf Räderchen, aus dem eine menschliche Gestalt, bauchaufwärts, ragt. Die Gestalt fuchtelt mit einer Fernbedienung. Von allen Seiten rollen kleine Halbkugeln auf die Bühne, aus denen jeweils ein Köpfchen ragt. Der große Robo dreht sich langsam um die eigene Achse, während die Kleinen, ferngesteuert, alle möglichen Kunststückchen vorführen. Die Musik ist jetzt klassisch.
Es erscheint eine riesige, spinnenähnliche Maschine, von oben, die eine Weile zusieht, wie die kleinen funktiotanzen, um dann, pfeilschnell, den Großen mit einer schlanken Stahlstange aufzuspießen, an sich zu ziehen und einzuverleiben.
Der Vorhang fällt. Ein riesiges Smiley, Kopf einer kleinen, leeren Whiskeyflasche, grinst das werte Publikum an, eine Stimme sagt freundlich: Good bye! Und: Take care!
»Wie Muhamed Eben Mansur seine Lieder immer mit einem Lob des Pferdes anfing, so begann Nils Andersen alle seine Geschichten mit einer Apologie des Walfisches. Der Walfisch, sagte Nils Andersen, sei nicht bloß das größte, sondern auch das schönste Tier. (…) Dabei sei er gutmütig, friedliebig und habe viel Sinn für stilles Familienleben. Es gewähre einen rührenden Anblick, wenn Vater Walfisch mit den Seinen auf einer ungeheuern Eisscholle sich hinlagert, und jung und alt sich um ihn her in Liebesspielen und harmlosen Neckereien überböten. Manchmal springen sie alle auf einmal ins Wasser, um zwischen den großen Eisblöcken Blinde Kuh zu spielen. Die Sittenreinheit und die Keuschheit der Walfische wird weit mehr gefördert durch das Eiswasser, worin sie beständig mit den Flossen herumschwänzeln, als durch moralische Prinzipien. Es sei auch leider nicht zu leugnen, dass sie keinen religiösen Sinn haben, dass sie ganz ohne Religion sind - «
An dieser Stelle wendet Nils Andersens Gegenüber ein, er kenne jemanden, der gesehen habe, wie Walfische an Eisschollen gelehnt gebetet hätten, weswegen Andersen sich irren müsse.
»Nils Andersen schüttelte sonderbar den Kopf; er leugnete nicht, dass er selber zuweilen gesehen, wie die Walfische, an einer Eiswand stehend, solche Bewegungen machten, nicht unähnlich denjenigen, die wir in den Gebetsstuben mancher Glaubenssekten bemerken; aber er wolle solche keineswegs irgendeiner religiösen Andacht zuschreiben. Er erklärte die Sache physiologisch: er bemerkte, dass der Walfisch, der Chimborasso der Tiere, unter seiner Haut eine ungeheuer tiefe Schicht von Fett besitze (…) Jene Fettschicht sei so dick, dass sich viele hundert Wasserratten darunter einnisten können, (…) wo sie Tag und Nacht das beste Fett verschmausen, ohne das Nest zu verlassen. Diese Schmausereien mögen wohl am Ende dem unfreiwilligen Wirte etwas überlästig (…) werden; da er nun keine Hände hat, wie der Mensch, der sich gottlob kratzen kann, wenn es ihn juckt, so sucht er die innere Qual dadurch zu lindern, dass er sich an die scharfen Kanten einer Eiswand stellt und daran den Rücken durch Auf- und Niederbewegungen recht inbrünstig reibt, ganz wie bei uns die Hunde sich an einer Bettstelle zu scheuern pflegen, wenn sie mit zu viel Flöhen behaftet sind. Diese Bewegungen hat nun der ehrliche Domine für die eines Beters gehalten und sie der religiösen Andacht zugeschrieben, während sie doch nur durch die Ratten-Orgien hervorgebracht wurden. Der Walfisch, soviel Tran er auch enthält, schloß Nils Andersen, sei doch ohne den mindesten religiösen Sinn. Er ehrt weder die Heiligen noch die Propheten, und sogar den kleinen Propheten Jonas, den solch ein Walfisch einmal aus Versehen verschluckte, konnte er nimmermehr verdauen, und nach dreien Tagen spuckte er ihn wieder aus. Das vortreffliche Ungeheuer hat leider keine Religion, und so ein Walfisch verehrt unsern wahren Herrgott, der droben im Himmel wohnt, ebensowenig wie den falschen Heidengott, der fern am Nordpol auf der Kaninchen-Insel sitzt, wo er denselben zuweilen besucht.«