Fallbeispiel zum 14.November 2006

Fallbeispiel:
"Bildung ist ein sprachlich, kulturell und historisch bedingter Begriff mit einer sehr komplexen Bedeutung." Dieser Satz ist leer. Die Wörter "Bildung" und "Begriff" sind weder mit einem Bild noch mt einer Vorstellung verbunden. Das Wort "Bedeutung" beinhaltet dagegen eine Funktion, nämlich die Zuordnung eines Bildes oder einer Vorstellung zu einem Wort. Ein Wort hat also Bedeutung, wenn ein Bild oder eine Vorstellung dazu existiert. Eine solche Zuordnung aber leistet dieser Satz genau nicht; er behauptet diese nur.
Leere Sätze sind in der Regel falsch. Es existiert kein "sprachlich (...) bedingter Begriff". Alle Begriffe repräsentieren versprachlichte Gedanken. Die Bedingung für die Möglichkeit der Formulierung eines Begriffs ist das Denken und nicht die Sprache. Und dass Begriffe "sprachlich, kulturell und historisch bedingt" sind, gilt generell und nicht etwa nur für einzelne Begriffe. Und wenn etwas nicht exakt wiedergegeben werden kann, dann wird sehr häufig behauptet, dass es sich um eine "sehr komplexe" Angelegenheit handelt.
Leere Sätze lassen sich selbstverständlich nicht korrigieren: wo nichts ist, da ist auch nichts zu machen. Leere Sätze treten gewöhnlich nicht vereinzelt auf, sondern im Verbund. Es existieren viele umfangreiche Texte, die nur aus leeren Sätzen bestehen. Es handelt sich oft sogar um Texte, die in Prüfungen vorausgesetzt werden. Die Prüfung besteht dann entsprechend aus leeren Antworten auf leere Fragen. Schnitzeljagd statt Textanalyse!
(swf)
wfschmid - 15. November, 18:03
0 Kommentare - Kommentar verfassen - 0 Trackbacks
Trackback URL:
https://wolfgangschmid.twoday.net/stories/2938653/modTrackback