Sprachliches Blendwerk (Textattrappe)
Texte lassen sich mit noch nicht entwickelten Filmmaterial vergleichen. Sobald wir gute Texte lesen oder hören, entwickeln sich text-vermittelte Bilder.

Schlechte Texte zeigen entweder überbelichtete, unterbelichtete oder gar keine Bilder.
Schauen wir uns das am Beispiel eines Satzes einmal an. Der Satz lautet: "Das kleine Mädchen pflückt Blumen." Dieser Satz vermittelt ein klares Innenbild. Jeder sieht das kleine Mädchen Blumen pflücken. Aber jeder sieht ein anderes Mädchen andere Blumen pflücken. Das satzvermittelte Innenbild lässt also Spielraum für die eigene Gestaltung. Ich kann dem Mädchen einen Namen geben und mir zum Beispiel Gartenblumen, Wiesenblumen oder Feldblumen vorstellen. Durch das eigene Gestalten wird das Innenbild zu einem Ereignis.
Schlechte Texte oder schlechte Sätze dagegen lassen keine Innenbilder entstehen. Schauen wir uns nun einen solchen schlechten Satz einmal an. Der Satz lautet: "Unter Deduktion wird die Umkehrung der Abstraktion verstanden." Das satzvermittelte Innenbild ist unterbelichtet. Aber immerhin, es lässt sich noch erahnen, was gemeint sein könnte. Noch schlechter ist der folgende Satz: "Dem Substrat inhärieren Akzidenzien." Es dürfte sich wohl kaum mehr ein Innenbild entwickeln.
Sätze, die keine Entwicklung von Innenbildern ermöglichen, infizieren das Gehirn erst dann und nur dann, wenn es sich um Lehrsätze handelt, die jemandem aufgezwungen werden. Wenn also Studierende in ihrer Prüfung zum Beispiel mit der Frage rechen müssen, was denn "Inhärenz" bedeute, dann sehen sie sich zuvor gezwungen, Sätze einzuprägen, die für sie keinen Sinn machen.
Treten bildlose Sätze häufig auf, dann können sie dazu führen, dass sich im Gehirn ein Hirnvirus entwickeln und auswirken kann.
Es gibt verschiedene Arten von Hirnviren. Im Fall des Einprägens und Wiedergebens auferzwungener Lehrsätze wird im Gehirn eine ‚Fehlschaltung’ ausgelöst. Diese ‚Fehlschaltung’ führt dazu, das Lehrsätze nicht mehr interpretiert, sondern nur noch identifiziert werden, etwa unter dem Motto: "Lehrsätze kann man nicht verstehen, die muss man einfach aufsagen können!" Hat sich dieser Irrtum erst einmal eingenistet, dann hat sich folgendes Vorurteil verfestigt: "Das ist ein Lehrsatz! Da gibt es nichts zu verstehen!" Wiederholen sich dergleichen Erfahrungen von Unterricht zu Unterricht, dann weitet sich das Vorurteil unter ungünstigen Bedingungen aus und kann sich auf die gesamte Schulzeit beziehen.

Schlechte Texte zeigen entweder überbelichtete, unterbelichtete oder gar keine Bilder.
Schauen wir uns das am Beispiel eines Satzes einmal an. Der Satz lautet: "Das kleine Mädchen pflückt Blumen." Dieser Satz vermittelt ein klares Innenbild. Jeder sieht das kleine Mädchen Blumen pflücken. Aber jeder sieht ein anderes Mädchen andere Blumen pflücken. Das satzvermittelte Innenbild lässt also Spielraum für die eigene Gestaltung. Ich kann dem Mädchen einen Namen geben und mir zum Beispiel Gartenblumen, Wiesenblumen oder Feldblumen vorstellen. Durch das eigene Gestalten wird das Innenbild zu einem Ereignis.
Schlechte Texte oder schlechte Sätze dagegen lassen keine Innenbilder entstehen. Schauen wir uns nun einen solchen schlechten Satz einmal an. Der Satz lautet: "Unter Deduktion wird die Umkehrung der Abstraktion verstanden." Das satzvermittelte Innenbild ist unterbelichtet. Aber immerhin, es lässt sich noch erahnen, was gemeint sein könnte. Noch schlechter ist der folgende Satz: "Dem Substrat inhärieren Akzidenzien." Es dürfte sich wohl kaum mehr ein Innenbild entwickeln.
Sätze, die keine Entwicklung von Innenbildern ermöglichen, infizieren das Gehirn erst dann und nur dann, wenn es sich um Lehrsätze handelt, die jemandem aufgezwungen werden. Wenn also Studierende in ihrer Prüfung zum Beispiel mit der Frage rechen müssen, was denn "Inhärenz" bedeute, dann sehen sie sich zuvor gezwungen, Sätze einzuprägen, die für sie keinen Sinn machen.
Treten bildlose Sätze häufig auf, dann können sie dazu führen, dass sich im Gehirn ein Hirnvirus entwickeln und auswirken kann.
Es gibt verschiedene Arten von Hirnviren. Im Fall des Einprägens und Wiedergebens auferzwungener Lehrsätze wird im Gehirn eine ‚Fehlschaltung’ ausgelöst. Diese ‚Fehlschaltung’ führt dazu, das Lehrsätze nicht mehr interpretiert, sondern nur noch identifiziert werden, etwa unter dem Motto: "Lehrsätze kann man nicht verstehen, die muss man einfach aufsagen können!" Hat sich dieser Irrtum erst einmal eingenistet, dann hat sich folgendes Vorurteil verfestigt: "Das ist ein Lehrsatz! Da gibt es nichts zu verstehen!" Wiederholen sich dergleichen Erfahrungen von Unterricht zu Unterricht, dann weitet sich das Vorurteil unter ungünstigen Bedingungen aus und kann sich auf die gesamte Schulzeit beziehen.
wfschmid - 29. Januar, 01:06
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