Das Aussehen der Vernunft

Wer darauf achtet kann sehr leicht beobachten, welche Stimmungen die Vernunft eines Autors gerade hat. Diese Stimmungen lassen sich entweder leicht am Aussehen der erzeugten Texte ablesen oder man spürt es, sobald man Texte hört oder liest, ohne dann sagen zu können, warum sie sich negativ anfühlen.
Negative Einstellungen der Vernunft zu etwas erzeugen langweilige Texte. Wenn sie sich dagegen für etwas besonders engagiert, werden ihre Texte spannend.
Ist die Vernunft dagegen positiv gestimmt, gestalten sich Texte harmonisch. Harmonische Texte zeigen sich als solche leicht dadurch, dass sie zwischen den Sätzen eines Textes alphanumerische und/oder inhaltliche Übereinstimmungen aufweisen. Zudem sind die einzelnen Abschnitte durch Metazeichen wie z.B. thematische Stichpunkte oder durch Bilder miteinander verbunden.
In schöpferischen Texten dokumentiert die Vernunft das Denken ihres Autors. Einen solchen Text analyieren bedeutet, das dokumentierte Denken in seine Gedanken auflösen, um jenem Weg folgen zu können, welcher zu diesem Text geführt hat. Im Nachvollziehen des in einem Text dokumentierten Denkens wird dieses in seiner Entstehung erlebt und so als Geschichte erfahren.
Denken bedeutet nicht nur Bilder-Leben (der Vernunft) und Bild-Erleben (des Verstandes), sondern auch Bilderleben (der Seele) von beiden in eins zugleich.
Als Bilderleben hinterlässt die Vernunft in jedem schöpferischen Text ihre Spuren. Zunächst offenbart sie einen schöpferischen Text als solchen dadurch, dass sie ihn von fremden Einflüssen (Zitate) freihält und auch keine anderen Quellen zur Begründung braucht als sich selbst. Nur in schöpferischen Texten zeigen sich deutliche Spuren der Vernuft. Naturlicherweise handelt es sich dabei um einen Code, der erst entschlüsselt werden muss.
Repräsentiert man einen Satz durch “.” und die Beziehung zwischen zwei Sätzen durch “-“, dann bedeutet “..” zwei unverbundene Sätze und “-“ zwei verbundene Sätze.
Unverbundene Sätze meint auch “Unverbindlichkeit”!
Die Vernunft stellt im Augenblick der Formulierung eines Satzes das Eigeninteresse über das Interesse, sich verständlich mitzuteilen. Unverbindliche Sätze befriedigen eher die eigene Schreiblust als das Bedürfnis, sich “echt” mitzuteilen.
Dekodieren wir die letzten drei Abschnitte (hier eigens markiert), dann erhalten wir:
---
Da alle Sätze verbunden sind, sind sie eben auch verbindlich. Um diese ideale Bewertung zu erhalten, haben wir, um mit gutem Beispiel voranzugehen, zugegebenerweise noch schnell bei “Formulierung” im 3. Abschnitt den Genetiv “eines Satzes” hinzugefügt.
Ungewöhnlich ist allerdings, dass alle drei Abschnitte durch ein einziges “Bild”, nämlich “Satz” verbunden sind. Dieser Extremfall deutet darauf hin, dass keine Geschichte (Bilderleben) erzählt, also im Wesentlichen Verstandesarbeit geleistet wird (Bilderleben » Bild-Erleben).
Je mehr Bilder Sätze miteinander verbinden, um so mehr engagiert sich auch die Vernunft dabei.
Es ist interessant, unter diesem Aspekt einmal die mythischen Texte (Urtexte) der Bibel zu betrachten.
wfschmid - 29. Oktober, 05:15
0 Kommentare - Kommentar verfassen - 0 Trackbacks
Trackback URL:
https://wolfgangschmid.twoday.net/stories/49597054/modTrackback