Selbst-Chaos

Im Unterbewusstsein existieren alle für das System möglichen Möglichkeiten. Da diese Form der Existenz noch in keiner Weise geregelt ist, gelangt hier das Chaos in seiner höchstmöglichen Ausprägung zum Vorschein. Die einzige Möglichkeit, aus dem Chaos etwas zu erzeugen ist der spielerische Zufall:
Friedrich Nietzsche
Menschliches, Allzumenschliches I
Ein Buch für freie Geister
(1878)
Verkehr mit dem höheren Selbst
Aphorismus 624.
Verkehr mit dem höheren Selbst. — Ein jeder hat seinen guten Tag, wo er sein höheres Selbst findet; und die wahre Humanität verlangt, jemanden nur nach diesem Zustande und nicht nach den Werktagen der Unfreiheit und Knechtung zu schätzen. Man soll zum Beispiel einen Maler nach seiner höchsten Vision, die er zu sehen und darzustellen vermochte, taxieren und verehren. Aber die Menschen selber verkehren sehr verschieden mit diesem ihrem höheren Selbst und sind häufig ihre eigenen Schauspieler, insofern sie Das, was sie in jenen Augenblicken sind, später immer wieder nachmachen. Manche leben in Scheu und Demut vor ihrem Ideale und möchten es verleugnen: sie fürchten ihr höheres Selbst, weil es, wenn es redet, anspruchsvoll redet. Dazu hat es eine geisterhafte Freiheit zu kommen und fortzubleiben wie es will; es wird deswegen häufig eine Gabe der Götter genannt, während eigentlich alles Andere Gabe der Götter (des Zufalls) ist: jenes aber ist der Mensch selber.
wfschmid - 28. Februar, 07:09
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