Heraktlis Navigator

Das, was wir von unserer Welt erfahren, das erscheint uns als Einheiten des Gegensätzlichen. Es ist möglich, dass diese Erfahrung gefärbt ist von dem, was wir von der Natur an Gegensätzen erleben: Tag und Nacht, Kälte und Hitze, Dürre und Überschwemmung, Hoch und Tief, Nähe und Ferne... Es liegt nahe, Licht und Schatten als Zeichen für die Anwesenheit von Alétheia und Lethe zu deuten und unerklärliche Erfahrungen als Geschick einer Gottheit zu betrachten.
Dahinter steckt der tiefe Wunsch nach Orientierung, der das Bestimmen von Einheiten verstärkt, nämlich die Zusammenhänge sehen zwischen: Ursache und Wirkung, Grund und Zweck, Aufwand und Mittel, Eigenschaft und Art, Raum und Zeit, Umstand und Verhalten. Das Kennen solcher Zusammenhänge macht uns sicher, während uns das Fehlen verunsichert. Das sytstemische Streben nach Ordnung verschafft uns eine Welt, in der wir uns zurechtfinden und auskennen können. So liegt es nahe, die als erfolgreich in der sinnlichen Welt erfahrene Ordnung auf den geistigen Bereich zu übertragen.
Die älteste und erste Übertragung aus dem sinnlichen in den geistigen Bereich ist die des Weges. Das griechische Wort für den Ausdruck „einen Weg entlang“ lautet „Methode“. Sowohl das Gehen eines erforschten Weges als auch das Entdecken eines Weges wird als Fortbewegung „Denken“ genannt. Die einzelnen Schritte auf diesem Weg heißen seit Kants „Kritik der reinen Vernunft“ (1. Auflage 1781) „Begriffe“. Je nach Beschaffenheit des Weges unterscheiden sich auch die Begriffe. Diese sind, je nachdem, ob man sich in der Ebene oder in höher gelegenen Gegenden aufhält, mehr oder weniger abstrakt.
Heutzutage wird sehr viel an Produkten aus der Innenwelt zur Verbesserung der Außenwelt exportiert. Exportschlager sind Modelle, die sich technisch umsetzen lassen. Daneben sind es vor allem Vorhaben naturwissenschaftlicher und medizinischer Art, die einen sehr guten Absatz haben. Trotzdem ist das Bewusstsein von der Innenwelt nicht sonderlich ausgeprägt und dem entsprechend gering ist das Ansehen dieser Innenwelt. Es existiert sogar eine Art Seinsvergessenheit, was die Innenwelt angeht.
Den meisten Menschen ist nicht klar, dass sie ihre Außenwelt oder Umgebung von innen heraus gestalten. Das Leben draußen findet in Wirklichkeit drinnen statt. Manche behaupten gar, dass mit dem Tod lediglich die Außenwelt wechselt und die Existenz des als Innenwelt verwirklichten Seins erhalten bleibt. Möglicherweise besteht dann die Hölle aus der Begegnung mit anderen Innenwelten, eine Bemerkung, die nicht ganz ernst gemeint ist und eher der Verlegenheit entspringt angesichts der offen gebliebenen Frage, was dann anstelle der durch den Tod verlorenen Außenwelt zum Vorschein gelangen soll.
Kehren wir lieber zu der Frage zurück, auf welche Art und Weise sich die Innenwelt für die Außenwelt nutzen lässt. Um diese Frage beantworten zu können, sollte man sich vielleicht erst einmal in dieser Innenwelt hinreichend umschauen.
wfschmid - 30. März, 06:15
0 Kommentare - Kommentar verfassen - 0 Trackbacks
Trackback URL:
https://wolfgangschmid.twoday.net/stories/5613666/modTrackback