Unilogo

29
Dez
2011

Metaphysik

 
metaphysik

© urs

Das Erste ist der Grund der Form, der Materialgrund, aus dem sich alles als dessen Zweck gestaltet. Alles, was ist, scheint als Zweck dieses Ur-Grundes hervor.

Das Werden ist Vorscheinen des Grundes.

Dieser Vorschein vermittelt nur dem Anschein nach Sein. In Wahrheit ist alles Seiende Werdendes. Mit der Erfahrung der Konstituenten des Werdens (Kategorien) erfährt sich die Vernunft zugleich auch als Verstand. Das Staunen wird zur Sehnsucht zu wissen und nicht mehr nur zu glauben.

Der Verstand ist gleichsam die ordnende gestalterische Kraft des Geistes, während die Vernunft dessen spielerisch gestaltende Kraft darstellt. Vernunft und Verstand sind folglich gleichsam die beiden ‘Seiten des Geistes’. Der Zwiespalt zwischen Glauben und Wissen ist also von Natur aus angelegt, und damit die ständig präsente Notwendigkeit, sich zu einigen. In der Regel aller­dings wird der Verstand durch die Vernunft auf das vorbereitet, was geistig zu tun und seelisch oder körperlich zu tragen ist.

Vor Questia liegt eine ganze Tafel Schokolade. Und Questia liebt Schokolade! Questias Verstand sagt, dass sie die Schokolade essen kann, dass sie gut schmeckt und sie sich danach besser fühlt. Questias Vernunft aber wendet ein, dass es unvernünftig wäre, gleich die ganze Tafel zu essen. “Du solltest erst einmal nur ein Stück nehmen und den Rest aufbewahren!“ Questia hat verstanden und gibt ihr gieriges Vorhaben auf.

In diesem Fall wird das Vorhaben durch ein Bedürfnis ausgelöst. Weil über das Verhalten schnell entschieden werden soll, schaltet sich spontan der Verstand mit einem Vorschlag ein, der auf einem Erfahrungmuster beruht, das der Vernunft sogleich plausibel erscheint. Ist dagegen eine geistige Anforderung Anlass für eine Verhaltensmöglichkeit, dann bewirkt diese unmittelbar das Aktivieren des Verstandes. In der Schule ist also in Unterrichtsstunden, z.B. Mathematikstunden, der Verstand gefragt, weil es nicht mehr darum geht, was vernünftig oder unvernünft ist, sondern vielmehr darum, ein Problem zu lösen. Für Problemlösungen oder für das Verstehen von Zusammenhängen aber ist die Vernunft nicht zuständig. Eigentlich wirkt die Vernunft gewöhnlich erst dann, wenn der Vestand sie darauf vorbereitet, indem er eine Situation analysiert hat.

Als Gesamtheit des Erfahrungswissens ist das Gewissen die Führungsgröße des Verstandes, welche jeweils das Soll vorgibt. Diese Sollgröße wird gewöhnlich nicht mehr diskutiert, sondern gilt als unfragliche Vorgabe. Der Verstand reflektiert auf eine gegebene Menge von Werten und Normen, von Regeln und Gesetzen, von Empfehlungen und Vorschriften oder von Anordnungen und Verordnungen.

Das was sich im Bewusstsein als Verstand spiegelt, ist im Grunde eine Analogie zur Grund-Information aller Elementarteilchen und der durch sie geprägten Strukturen und Systeme.

Die Grund-Information[1] initiiert mittels acht bzw. 4 mal 2 Formen des Ordnens:

die faktische Information durch Zuordnen von Eigenschaften und Einordnen in das entsprechende Wesen,

die temporale Information durch Vorordnen (Vergangenheit) und Nachordnen (Zukunft) relevanter Veränderungen,

die hierarchische Information durch Überordnen von Mengen, Strukturen oder Systemen und durch Unterordnen entsprechender Elemente oder Momente,

die lokale Information duch Anordnen der Teile zu einem Ganzen und Beiordnen ähnlicher oder gegensätzlicher Teile.

Aufgrund der temporalen Information geht Etwas einem Etwas voraus, und Etwas folgt auf Etwas.

Aufgrund der hierarchischen Information wird Etwas als Teil von Etwas gestaltet. Infolgedessen besteht jedes Ganze aus Teilen, und jedes Etwas ist wiederum Teil von Etwas.

Und aufgrund der lokalen Information ist Etwas mit Etwas verbunden, wenn es sich um Gleiches oder Ähnliches handelt, oder unverbunden, wenn Etwas zu Etwas unterschiedlich oder gar gegensätzlich ist.

Der achtfachen bzw. vier mal zweifachen Grundinformation inhärieren die Kräfte des Bindens und Lösens bzw. Anziehungskraft und Fliehkraft und die Kräfte des Hinzufügens und Wegnehmens bzw. des Stärkens und Schwächens. Diese vier Kräfte gelten als Grund­kräfte der Physik. Sie sind dafür verantwortlich, dass sich bestimmte Teilchen untereinander anziehen, abstoßen oder auf eine andere Weise wechselwirken können. Diese vier Kräfte sind die Gravitation (Binden oder Lösen), die elektromagnetische Kraft oder Wechselwirkung (Anziehen oder Abstoßen), die starke (Binden) und die schwache (Lösen bzw. Zerfallen) Kernkraft. Im Verstand begründen diese vier Kräfte die Grundrechenarten und innerhalb der Neuronen sorgen sie für entstehende und vergehende neuronale Beziehungen oder Verknüpfungen.

_______
[1] lat. informare „bilden“, „eine Form, Gestalt, Auskunft geben"
 

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Prof. Dr. habil Wolfgang F Schmid

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