Zwei Spechte
Eichenzweige bewegten sich in den Windböen. Aus dem Fichtennadelgehölz stieg ein Specht mit weit ausgebreiteten braungefiederten Flügeln in die Luft. Er überquerte den Pfad, steuerte eine Eiche an und ließ sich auf einen hoch oben wachsenden Zweig nieder. Auf dem weit südlich liegenden Eichenbaumgebiet gab es ein ähnliches Schauspiel. Ein anderer Specht suchte sich auch eine Eiche, um dann unter einem ihrer Äste den Nestbau zu beginnen. Doch vorerst wollte er noch einen Schwatz halten und begab sich deshalb auf den Boden, wo er auf verschiedene Insekten und auf zwei Maulwürfe traf. Er unterhielt sich erst kurz mit den Bienen über das Wetter und dann wendete er sich den Maulwürfen zu, die ihn über die neuesten Maulwurfsgänge unterrichteten. Nach diesem ausgeweiteten Gespräch begab sich der Specht wieder zurück auf seinen Ast. Unmotiviert begann er mit seinem Schnabel auf einen Teil der Eiche zu schlagen.
Währenddessen hatte der Specht im nördlichen Waldgebiet bereits den Grundriss seines Nestes und höhlte mit rhythmischem Schlagen das Innere des Nestes aus. Am späten Abend war seine Arbeit endlich beendet.
Der andere Specht auf der anderen Seite des Waldes hatte zu dieser Stunde gerade erst den Grundriss erarbeitet und mit dem Aushöhlen des Stammes begonnen. Er suchte sich einen Ruheplatz im Fichtenwäldchen, wo er auf den Specht aus dem nördlichen Stück des Waldes traf. Dieser erzählte ihm zufrieden, dass er an diesem Tag ein ganzes Nest gebaut hatte.
Am nächsten Morgen flogen die beiden Spechte wieder in ihre Reviere. Der Specht, der die Arbeit seines Artgenossen vom Vortag bewunderte, wollte an diesem Tag auch eine entsprechende Leistung erbringen. Deshalb machte er erst einmal einen kurzen Stopp bei den Bienen, um von ihnen zu lernen, wie er erträglicher arbeiten könnte. Die Bienen legten ihm folgende Auswertung vor. Sie hatten am Vortag errechnet, dass er in einer Minute, also in 60 Sekunden, 30 mal mit seinem Schnabel auf den Baum geschlagen hatte. Sie konnten aber auch die Schläge des Spechtes aus dem Norden des Waldes hören. Dabei zählten sie, dass dieser Specht in einer Minute 60 Schläge machte. Die Bienen errechneten nun, dass der Specht aus dem südlichen Teil des Waldes genau die Hälfte der Schläge pro Minute machte, wie der andere Specht. Deshalb gaben die Bienen dem südlichen Specht den Tipp, die Anzahl seiner Schläge zu erhöhen, damit er schneller mit seinem Nestbau fertig wird.
wfschmid - 6. Februar, 06:00
0 Kommentare - Kommentar verfassen - 0 Trackbacks
Trackback URL:
https://wolfgangschmid.twoday.net/stories/6174992/modTrackback