Unilogo

12
Feb
2012

Im Gedankenlabor

 

© urs

Am Eingang des Gedankenlabors werden Fantasie, Vernunft und Verstand gefragt, wie sie sich durch das neuronale Netz bewegen möchten. ”Was ist denn hier das sicherste Verkehrsmittel?”, möchte die Vernunft wissen. “Was meinst Du mit Sicherheit? Wir kennen hier nämlich nicht, was Du Sicherheit nennst!”, hört sie eine Stimme. Die Vernunft erklärt, dass sie reisen möchte, ohne Schaden zu nehmen. Jedoch auch das Wort Schaden ist hier völlig unbekannt. Der Verstand erklärt der Vernunft, dass Sicherheit, Schaden oder dergleichen Vokabeln von Wesen sind, die das aus Erfahrungen bzw. aus ‘Versuch und Irrtum’ lernen müssen. Seiner Ansicht nach sind hier Störungen aber kein Thema, weil alles augenblicklich geschieht. Es lohnen sich Vergleiche zwischen dem, was ist, und dem, was sein sollte, so gut wie gar nicht.

Die Fantasie ergänzt: "In der Natur existiert nur das Alles-oder-Nichts-Gesetz. Entweder Du lebst oder Du bist tot. Entweder Du wächst und entwickelst Dich oder Du hörst spontan auf zu werden!”
Dann macht sie klar, dass “-” (minus) oder “+” (plus) nur das Entweder-Oder zulassen, und zwar vollkommen und niemals teilweise oder gestört. "Insofern ist auch Krankheit unbekannt. “-” bedeutet die Richtung ins Nichts oder Nichtige in Gestalt von Zerfallen, und “+” ist die Richtung ins Sein in Gestalt von Wachsen bzw. Entwickeln!"

Die Vernunft ist reichlich irritiert und auch etwas sauer auf den Verstand, der gerade so tut, als kenne er sich hier aus. Die Fantasie beruhigt die Vernunft und weist sie darauf hin, dass sie sich darüber klar werden müsse, wo sie sich eigentlich befindet. Sie fügt noch hinzu: “Ein Gedankenlabor ist kein Auskunftsbüro!” “Was soll ich in einem Gedankenlabor, wenn ich nichts in Erfahrung bringen kann?”, entgegnet die Vernunft.

Und wiederum vernimmt sie diese Stimme: “Wer ein Gedankenlabor betritt, lässt sich darauf ein, dass seine Gedanken von ihren Erfahrungen befreit werden. Er möchte nicht mehr erinnerten, modellierten zurechtgemachten Bildern anhaften, sondern sich vielmehr von sich selbst erholen. Weil er sich in ein Gedankenlabor in Dementia begibt, möchte er sich gerade von Grund auf neu denken!”

“Wie soll das gehen?”, mault die Vernunft. “Und was hätte ich eigentlich davon?” Die Fantasie: “Ohne Deine Erfahrungen könntest Du sehen, was wesentlich in Dir ist!” Das scheint die Vernunft nun doch zu beeindrucken und sie gesteht, dass sie das doch ganz gern kennenlernen möchte.
 

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Prof. Dr. habil Wolfgang F Schmid

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