Das Wesentliche
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Um das Wesentliche schauen zu können, muss natürlich alles Unwesentliche losgelassen werden. In Dementia bietet es sich deshalb an, dass Lethe, das Vergessen, zunächst einmal Besucher des Gedankenlabors anleitet. Lethe macht von der Gabe der Introspektion und des unsinnlichen Wahrnehmens (gr. idein) Gebrauch.Nachdem Lethe die Fantasie, Vernunft und Verstand begrüßt hat, erklärt sie das Vergessen als das Auflösen neuronaler Bindungen. “Erinnern bedeutet, Bilder vergangener Erfahrungen bewusst werden zu lassen. Das gelingt am einfachsten durch ein eine solche Erinnerung ins Kurzzeitgedächtnis zurückrufendes Wort wie Vater, Mutter, Schwester, Bruder.
Das Wort ‘Vater’ projiziert die Gestalt der Person des Vaters spontan ins Bewusstsein. Wir wollen uns jetzt aber nicht mit unserem Bild des Vaters beschäftigen, sondern wir wollen uns vielmehr anschauen, was dieses Bild in unserem Bewusstsein mit uns macht.
Wenn Ihr Euch das Wirken dieses Bildes in Euch behutsam erspürt, dann könnt Ihr es fühlen, wahrnehmen, also es Euch genau vorstellen und werten bzw. bewerten. Unter Umständen verschlechtert oder verbessert sich sogar Eure Stimmung, also die augenblicklich selbst gefühlte eigene Befindlichkeit. Jetzt schaut Euch an, was ein Wort macht und beobachtet dabei, ob sich irgendwelche Bilder darüber in Euch entwickeln. Wenn Ihr genau auf das innere Geschehen achtet, dann werdet Ihr eine wortvermittelte gefühlt wahrgenommene, bewertete Vorstellung oder Projektion erleben. Ihr könnt sogar eine Zeitenfolge während des Projizierens beobachten. Hegt Ihr beispielsweise sehr positive oder sehr negative Gefühle Eurem Vater gegenüber, dann fühlt Ihr, bevor überhaupt die Gestalt erscheint. Im neutralen Fall erscheint zunächst die Gestalt und dann das Gefühl dem Vater gegenüber. Das Erscheinungsmoment des Gefühls zu einem Bild sagt also sehr viel über Euer Verhältnis zu dem aus, was Euch das Bild gerade zeigt. Da in der Regel sinnliche Wahrnehmungen und Bilder affizieren, erscheinen Gefühle im umgekehrten Fall des Erinnerns gewöhnlich auch, bevor sich eine entsprechende Vorstellung entwickelt.
Wenn Ihr mir aufmerksam genug gefolgt seid, dann seid Ihr jetzt auch in der Lage, Euch die Projektion angemessen zu vergegenwärtigen, d.h., Ihr könnt Euch ein Bild davon machen!
Falls Ihr in der Lage seid, das Fühlen, Wahrnehmen und Werten während des Projizierens zu sehen, dann schaut Ihr das Wesentliche einer Projektion, also das, was eine Projektion ausmacht und maßgeblich bestimmt."
wfschmid - 13. Februar, 05:15
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