Unilogo

7
Okt
2011

Gedanke, ein "Videoclip"?

 
Aus links-rechtshemisphärischem Zusammenspiel wird der schöpferische Gedanke gezeugt. In der Vorstellung wird gleichsam als ‘Kopfkino’ eine Geschichte inszeniert.

Während die rechte Hemisphäre Regie führt, also die künstlerische Leitung der Inszenierung hat, verantwortet die linke Hemisphäre die Produktion und das Management der Dreharbeiten.

Bislang wird die Dokumentation der Vernunft des Verstandes nach tradierter Art und Weise vor allem aus der Sicht des Verstandes beschrieben. Das hat zur Folge, dass vorwiegend die einem Text innewohnende Logik zur Sprache kommt.

Aber hoch wahrscheinlich entspricht die tradierte, wissenschaftlich dominierte Vorgehensweise nicht dem natürlichen Bedürfnis des spielenden Gehirns, das es wohl bevorzugen würde, sich die Welt künstlerisch zu erschließen.
 

6
Okt
2011

Kompromiss

 
Sobald sich linke und rechte Hemisphäre synchronisieren, gehen sie einen Kompromiss zwischen Ästhetik und Logik ein.


Einer der gelungensten Kompromisse scheint sich in einem guten Kinderbuch zu dokumentieren. Dieser Kompromiss trifft jedoch nur dann zu, solange das Buch vorgelesen wird. Während des Hörens unterstützt das Hören der Geschichte das Betrachten des entsprechenden Bildes. 


Worte (Logik) und Bilder (Ästhetik) verschmelzen dabei zur Einheit des Bilderlebens. Ansonsten initiiert ein gutes Kinderbuch den harmonischen Wechsel zwischen linker  und rechter Hemisphäre. Erzählen und Betrachten wechseln sich ab. 


Aber die Einheit von Wort  und Bild bleibt auch in gut geschriebener Lyrik gewahrt.
Der Dichter äußert unmittelbare Gefühle und Gedanken, die oft Parallelen zum Autor aufweisen.

Beziehungen zwischen Subjekt und Wirklichkeit werden ätsthetisch am stärksten verallgemeinert. Lyrik ist stark sinnbildlicht und rhythmisch, oft gereimt und musikalisch komponiert ( (griechisch λυρική (ποίησις) – die zum Spiel der Lyra gehörende Dichtung).

In der Lyrik verbirgt sich der Hinweis auf Worte als verdichtete Bilder. Sprache erscheint als Vermittlerin des Bilder-Lebens.

Dahinter verbergen sich wiederum entscheidende Hinweise für einen rechtshemisphärisch gerechten Umgang mit der Analyse von Texten.


In einer zunächst paradox erscheinenden Analyse von Texten geht es vor allem darum, das verborgene Bilder-Leben zu entbergen.

Die rechtshemisphärische Textanalyse verfährt gleichsam diametral entgegengesetzt zur linkshemisphärischen Textanalyse.

Aber auch die Bilder der rechten Hemisphäre sind denen der linken Hemisphäre diametral entgegengesetzt.


Die Bilder der linken Hemisphäre werden sinnlich wahrgenommen. Die Bilder der rechten Hemisphäre dagegen werden (rein) geistig wahrgenommen.

r1-jpg

➢    Identifikation (zu- und einordnen: z/e) bzw. Feststellung

➢    Verhältnisse (über- und unterordnen: ü/u) bzw. Ableitungen (mögliche Maßnahmen)
➢    Entscheidung (vor- und nachordnen: v/n) bzw. Plan

➢    Bewertung (an – und beiordnen: a/b) bzw. Vergewisserung

r2-jpg

Feststellung



Die linke Hemisphäre nimmt den Hund auf dem Hof wahr. Die rechte Hemisphäre nimmt Erfahrungen damit wahr (Erinnerungen)

Aufgrund solcher Erfahrungen wird das Verhältnis zwischen Wahrnehmenden und Wahrgenommenen bestimmt. 


Diese Bestimmung hängt vor allem von der Absicht und gefühlsmäßigen Befindlichkeit des Wahrnehmenden ab. 

In diesem Fall ist der Hund nicht einfach ein Haushund oder auch ein Schäferhund, sondern ein Wachhund.

r3-jpg

r4-jpg

r5-jpg

Auch im Hintergrund ensteht ein Bild. Dieses Bild erlaubt eine Antwort auf die Frage:



Ist der Wahrnehmende


o    ein Nachbar ?

o    ein Spaziergänger

o    ein Dieb?


Das innere Bild der rechten Hemisphäre ist Ihre ureigene Vorstellung von diesem Hofhund und auch die Geschichte, die Sie für sich daraus machen. Aber das eigentliche Innenbild, das sich entwickelt, ist der Gedanke (Aussage-Satz), der aufgrund der Wortfolge ensteht:

Ganz klar

Hund auf dem Hof

Wachhund

Risiko

Abhauen!



Um ein Innenbild in einem Text finden zu können, muss man herausfinden:


➢    Hypothese 

➢    These 

➢    Antithese 

➢    Synthese 



Will man also erfahren, ob sich in einem Text Denken
dokumentiert, dann muss man die Entwicklung eines Gedankens feststellen können.

 

5
Okt
2011

algorithmisch

 
Algorithmisches[1] Denken ist im Grunde eine “Spezialität” der linken Hemisphäre. Dem durchgängigen Streben nach Vereinfachung (ökonomisches Prinzip der minimalen Maßnahme mit maximaler Wirkung) folgend, werden sich wiederholende Vorgänge automatisiert.

Durch besonderes  Bewusstwerden solcher Automatismen werden einzelne Schritte als Aktions-Reaktions-Muster sichtbar.

Es lassen sich neuronale Programme erkennen, die sich unter gewissen Umständen objektivieren und technisch verwirklicht simulieren lassen.

Ein Algorithmus ist demnach eine standardisierte Abfolge eindeutig aufeinanderfolgender Verhaltens- oder Handlungsmomente.

Durch Erfahrungen wird ein Algorithmus schrittweise zunehmend differenzierter. So sollen nach tradierter Auffassung Lehramtsanwärter in ihren Praktika lernen, ihren eigenen Lehralgorithmus zu finden und zunehmand zutreffender differenzieren.

Algorithmus2

Die Veranschaulichung der Algorithmusstruktur zeigt, wie mit rechtshemisphärischen (ästhetischen) Mitteln eine logische Vorgehensweise in gewisser Weise unterstützt werden kann.

Letztendlich ist ja auch eine Regelung algorithmischer Natur.

__________
[1] Der euklidische Algorithmus ist ein Algorithmus aus dem mathematischen Teilgebiet der Zahlentheorie. Mit ihm lässt sich der größte gemeinsame Teiler zweier natürlicher Zahlen berechnen. Das Verfahren ist nach dem griechischen Mathematiker Euklid benannt, der es in seinem Werk „Die Elemente“ beschrieben hat.
Wikipedia, Der euklidische Algorithmus
 

4
Okt
2011

tabellarisch

 
Tabellarisches Denken ist ein ständiges Abgleichen von Vergegenwärtigungungen und Erfahrungen. Dieser Vor­gang ist insofern nicht unproblematisch, als er mögliche Reflexionen durch Vereinfachungen aufgrund der schneller verfügbaren Identifikationen verhindert.

Tabellarisches Denken kann zu dem führen, was “Schubladendenken” genannt wird. Andererseits werden Vorgänge des Bewusstwerdens durch tabellarisches Denken beschleunigt. Entscheidend darüber, ob das zum Vor- oder Nachteil des Wahrnehmenden führt, ist die gefühlsmäßige Beteiligung der rechten Hemisphäre.

Bei hoher Motivation verhilft tabellarisches Denken zur Beschleunigung des Wahrnehmens.

Bei geringer Motivation verkommt tabellarisches Denken zum mechanisierten Beamtendenken, also zum bloßen interesselosen Vergleichen. (Paragraphenfuchserei).

Bei anhaltender Motivationslosigkeit löst sich schließ­lich die Harmonie zwischen rechter und linker Hemisphärentätigkeit auf, und zwar in der Regel zu Gunsten einer Dominanz der linken Hemisphäre.

Zufolge solcher Loslösung werden linkshemisphärische Abläufe zunehmend automatisiert.

Durch solche Automatisierungen werden Vorgänge emotional entbehrlich, und das Gehirn leitet deren neuronale Entsorgung ein, indem es diese nach und nach aus dem Verbund neuronaler Netze entfernt.

Stillgelegte neuronale Abläufe werden während des Bewusstwerdens nicht mehr berücksichtigt.
 

3
Okt
2011

zirkulär

 
Zirkuläres Denken entsteht durch Synchronisation einer linkshemisphärischen und einer rechtshemisphärischen Regelung.

Die linkshemispärische Regelung vollzieht sich als Wahrnehmung (Vorgabe), Betrachtung (Regler), Be­obachtung (Maßnahme), Begreifen (Regelung) und Bewertung (Kontrolle).

Die rechtshemisphärische Regelung vollzieht sich als Gefühl (Vorgabe), Intuition (Regler), Vision einer Idee (Maßnahme), Schaffen (Regelung) und Befriedigung (Kon­trolle).

res-2

Solange sich die beiden Regelkreise nicht synchronisieren, erzeugen sie innere Konflikte und verursachen sehr wahrscheinlich stressbedingte Krankheiten.

Umgekehrt ist wahrscheinlich das Auseinanderdriften dieser Regelkreise das Erscheinungsbild des Burnout.

res-3

Wenn sich dagegen linke und rechte Hemisphäre spontan während des Bewusstwerdens synchronisieren, dann harmonisieren sich zugleich auch deren neuronale Strukturen.

res-4

In Texten gelangt solche Harmonie durch das Ineinanderfliessen von logischen und ästhetischen Text­teilen zum Vorschein.
 

2
Okt
2011

modular

 
 
Die Bildung neuronaler Komplexe ermöglicht zugleich auch Bewusstwerden als komplexes Bilderleben.

Lineares Bilderleben splittet sich kollinar auf. Bewusst­werden geschieht mehrfach parallel zugleich als sinnliches Vernehmen, Betrachten, Beobachten und Verstehen von Situationen und besonderen Ereignissen.

Aus diesem noch emotionalen Zusammenspiel kri­stal­lisiert sich eine Art und Weise heraus, sich im Wiederholungsfall zu verhalten.

Aus einer Erfahrung entsteht so ein Modul, das sich als Verhaltensmuster in der Folge nach und nach mo­difi­ziert und unter Umständen zur Gewohnheit wird.

So spielt sich emotional unter Umständen ein Verhalten ein, dass der Umgebung als gar nicht wünschenswert erscheint.

Die Kunst der Erziehung besteht dann darin, dass gewachsene neuronale Modul in eine angepasstere Verhaltensweise zu überführen, ohne dass es zu heftigem Aufbegehren und zum alles verhärtenden Widerstand kommt.

Als solches handelt es sich bei einem Modul um eine natürliche Regelung, die fast ausschließlich affektiv (durch Stimmung) und/oder emotional (durch Einstellung) kontrolliert wird.

Aufgrund von Widerstand schlägt diese Regelung in eine Steuerung um, bei der Stimmungen oder Einstellungen Verhalten nicht mehr regeln, sondern prinzipiell steuern.

Dazu sollte es möglichst erst gar nicht kommen. Um das zu verhindern, sollte das vorhandene Prinzip der Regelung günstig beeinflusst werden. Das gelingt in der Regel durch behutsame Initiation zirkulären Bilderlebens.
 

1
Okt
2011

komplanar

 
Mehrere Neuronen heißen komplanar[1], wenn sie im selben neuronalen Netz liegen.

Wörter innerhalb eines Satzes sind komplanar, obgleich sie als Satzteile gewöhnlich verschiedene Neuronen repräsentieren.

Aber außer der formalen Komplanarität existiert auch eine inhaltliche, wenn nämlich Neuronen Elemente einer Menge (Gruppe oder Klasse) sind. So sind “Kastanie” und “Kiefer” komplanar, weil es sich bei beiden um Bäume handelt.

Neuronale Komplanarität entsteht aufgrund von räumlichen und/oder zeitlichen Nähen sinnlich vernommener Ereignisse.

Indem lineare Vorgänge gleichzeitig verlaufen, also Vergleichen zu Wiedererkennen, parallel als Zu- und Einordnen bzw. als Vor- und Nachordnen, enstehen Gedächtniskomplexe. So erfährt das Baby nach und nach, was alles mit Mama zusammenhängt und was alles sie damit zu tun hat.

________
[1]Komplanarität oder Koplanarität ist ein Begriff aus der Geometrie - einem Teilbereich der Mathematik. Mehrere Punkte heißen komplanar, wenn sie in einer Ebene liegen.
 

30
Sep
2011

linear

 
Lineares Denken ermöglicht das Vergegenwärtigen nicht nur von Zuständen, sondern von Vorgängen, also Geschehen als Abfolge innerer und/oder äußerer Bilder.

Mit der linearen Organisation von Gedanken entstehen Vorstellungen von Weg, Zeit, Richtung und Ebene. Das Gedächtnis beginnt, - aufgrund der Möglichkeiten vor- und nachzuordnen - sich zu erinnern.

Vergangenes und Zukünftiges werden unterschieden. Gegenwärtiges wird als das Dazwischen erfahren und erlebt.
Linearität ermöglicht in Einwortsätzen eingeengten Neuronen, in verschiedene Richtungen aktiv zu werden und vor allem sich auf andere Neuronen zu
beziehen.

Der zureichende Grund für das Zustandekommen der Linearität ergibt sich aus dem Entstehen der biochemischen Botenstoffe (Transmitter).
Die durch Einwortsätze gebundenen Neuronen nehmen von sich her Kontakt zu benachbarten Neuronen auf. Dadurch entstehen Richtungen, und Mehr­wortsätze scheinen aus Einwortsätzen hervor.

Da die neuronalen Nachbarschaften ebenfalls durch Sinneseindrücke enstanden sind, fällt auf, dass diese Vorordnungen zu den aktuellen Zwischenordnungen gleich, ähnlich oder verschieden sein können.

Es wird so erfahren, dass sich neuronale Ereignisse wiederholen. Das wiederum veranlasst ein frühzeitiges Vergleichen und die Erfahrungen, aufgrund weniger Eigenschaften gewisse neuronale Ereignisse vorhersehen zu können (Antizipation).
 

29
Sep
2011

punktuell

 
Schlag- und Stichwörter sind Repräsentanten punktuellen Denkens. Im Idealfall sollten das auch die Punkte einer Gliederung sein.   

Die kürzeste Form punktuellen Denkens ist der Ein-Wort-Satz.

Über einen Einwortsatz äußern sich Kinder, die in der Frühphase des Spracherwerbs stehen. Mit einem einzigen Wort drücken sie eine Handlung aus.

Das Kind spricht ab 9./10. Monat Einwortäußerungen als Teile eines komplexen Handlungsschemas. Neben "Mama" und "Papa" lernt und spricht es meist Substantive.

Die Einwortsätze nutzt es wie gesagt zum Äußern von Wünschen, Befindlichkeiten oder Appellen.

Solche Äußerungen sind im Grunde Kürzel sprachlicher Handlungen, die an Intonation und Handlungskontext erkennbar ist.
 

Neonuntergang
Bläue in altmodischen Scheibengardinen.

Altbaugehäuse hinter Rauhfaser.

Zerstörtes Uhrwerk in Ebenholz.
Verkümmerte Pflanzen auf dem Fensterbrett.

Rest von starkem Kaffee in ziegelroter Keramiktasse.
Staubteilchen auf milchig brauner Brühe.
Zerknüllte Notizen. Papierknäuel auf dem
Holzfußboden.


Dieses Gedicht lässt sich auch in reinen Einwortsätzen ausdrücken.


Neonuntergang
Dämmerung.

Altbaugehäuse.

Mansardenzimmer.

Getränkereste.

Notizen.

Papierknäuel.
Leere.

Bei diesem zweiten Text muss die vorgenommene sprach­liche Reduktion durch stimmliche Modulation ausgeglichen werden.

Einwortsätze in Texten werden eingesetzt, wenn etwas besonders betont oder als Thema angekündigt werden soll.
 

28
Sep
2011

Gleichgewicht von links und rechts

 
Das Gleichgewicht wird auch aufrechterhalten, wenn die rechte Hemisphäre dominiert.
Dieser Fall der rechtshemisphärischen Dominanz dürfte wohl der von Natur aus gewollte Idealfall sein:

acht

Dieser Fall tritt ein, sobald
ein Künstler dichtet, malt, zeichnet, komponiert oder modelliert,
ein Mystiker betet,
ein Philosoph spekuliert,
ein Techniker programmiert,
ein Physiker mathematisiert,
ein Mathematiker theoretisiert.

Jeder schöpferische Prozess muss sich ordnen, um sich entwickeln zu können. Jede Gestalt braucht ihre Form, um sich ausdrücken zu können.

Die im Menschen wie in der gesamten Natur angelegte Dominanz der rechten Hemisphäre wird durch Umerziehung in der Grundschule geradezu “auf den Kopf gestellt”.
 

27
Sep
2011

Was treibt die rechte Hemisphäre?

 
Denken vollzieht sich beidseitig rechts- und linkshemisphärisch, geschieht also durch Vernunft und Verstand, als Bilder-Leben und Bild-Erleben.

Aber solche Gleichzeitigkeit stellt den Idealfall dar. Im Regelfall aber vollzieht sich Denken einseitig entweder rechts- oder linkshemisphärisch und führt dadurch auch auf verschiedenen Wegen zu wesentlich unterschiedenen Ergebnissen.
Während die rechte Hemisphäre das Bewusstwerden regelt, steuert die linke Hemisphäre diesen Prozess.
Nachfolgend sollen beide Strukturen miteinander verglichen werden:
 
Struktur der rechtshemisphärischen Arbeit:

Regelung1

Struktur der linkshemisphärischen Arbeit:

Steuerung

Schon der Vergleich der Strukturen lässt erahnen, dass die Arbeitszeit der linken Hemisphäre kürzer ist als die der rechten.
Die Verkürzung der linkshemisphärischen Verarbeitungszeit ergibt sich vor allem aus der Vorprägung der durchzuführenden Schritte.
Ein Begriff liefert ein Vorhaben nämlich gewöhnlich in Form eines Algorithmus.
Grundsätzlich versucht das Gehirn bzw. die linke Hemisphäre, das Durchführen von Handlungen durch Algorithmieren zu beschleunigen.
Die rechte Hemisphäre aber vermag dies natürlicherweise nicht, da sie bevorzugt originelle Prozesse erzeugt, also schöpferische Vorgänge, bei denen anfangs manchmal sogar noch unklar ist, was sich daraus eigentlich entwickeln soll.
Die rechte Hemisphäre geht spielerisch vor, sie liebt das Experimentieren trotz des damit verbundenen Risikos ebenso wie den günstigen Zufall.
Dennoch prägt die Arbeit beider Hemisphären die neuronale Verbindlichkeit, die sich durch Kongruenzen in Texten zum Ausdruck bringt.
Im Gegensatz zur rechten Hemisphäre vermag die linke Hemisphäre sprachlich keine rein von innen heraus entwickelten künstlerischen, philosophischen oder mathematischen Bilder zu vermitteln.
Die reine Vernunft der rechten Hemisphäre vollzieht sogar Prozesse vor aller Erfahrung (a priori). Derartige Vorgänge erscheinen der linken Hemisphäre teilweise sogar so absurd, dass sie diese schnell verwirft, bevor sie möglicherweise auch noch veröffentlicht bzw. aufgeschrieben oder ausgesprochen werden.
Der gravierendste Unterschied zwischen rechter und linker Hemisphäre liegt in der wesentl­i­chen Unterscheidung von Wahrheit. Während die linke Hemishäre Wahrheit als Richtigkeit auffasst, bedeutet Wahrheit für die rechte Hemisphäre Offenbarung im Sinne von Entbergen.
Diese wesentlichen Unterschiede führen dann auch zur Unterscheidung des Erkennens. Die linke Hemisphäre organisiert Erkenntnis aufgrund von Wissen. Die rechte Hemisphäre dagegen organisiert Erkenntnis auf der Grundlage von Glauben. Die Kluft zwischen Wissen und Glauben wird unüberbrückbar, sobald eine der beiden Hemisphären dominiert.
Und dennoch will niemand wissen, was er nicht zuvor geglaubt hat. Die linke Hemisphäre verfügt über nichts, das nicht zuvor rechtshemis­phärisch ezeugt worden ist. Das Bild-Erleben des Verstandes setzt das Bilder-Leben der Vernuft voraus.
Die Gestalt (Akzidenz) braucht die Form (Substanz), um hervorzuscheinen. Oder mit anderen Worten: Das Seiende (ens) braucht das Wesen (essentia), um sein zu können.
Die rechte Hemisphäre schöpft intuitiv aus dem Glauben ihrer Begabung, was die linke Hemisphäre mit dem Wissen verfügbarer Intelligenz nutzt.
In einem Text lässt sich das ausgewogene Zusammenspiel beider Hemisphären am Gleichgwicht zwischen Konkretion und Abstraktion erkennen.
 

26
Sep
2011

Was heißt Denken?

 
 
Bilderleben beginnt zwar mit einfachen Außen- oder Innenbild-Text-Zuordnungen, aber Identifikationen bereiten Denken nur vor. Wenn ich sage “Dieser Baum ist ein Kastanienbaum.”, dann identifiziere ich, aber denke noch nicht.

Allerdings wird mit einer Zuordnung wie zum Beispiel Baum = Kastanie schon eine wichtige Vorentscheidung getroffen, denn nicht jedes Bild eignet sich für einen Denkprozess.

Obgleich “Kastanie” sogar ein Begriff ist, also intersubjektive Bedeutung hat, eignet sich dieser Begriff nicht als Begriff zum Denken:

Die Kastanien (Castanea) oder Edelkastanien sind eine Gattung in der Familie der Buchengewächse (Fagaceae). Die Gattung ist mit etwa zwölf Baum- und Straucharten in der nördlich gemäßigten Zone verbreitet. In Europa ist nur die Edelkastanie (Castanea sativa) heimisch.[1]

“Kastanie” ist ein deskriptiver und kein analytischer Begriff.

Der Verstand vermag sich zwar mit diesem Begriff zu befassen, aber umgekehrt löst dieser Begriff wie alle deskriptiven Begriffe keinen Denkprozess aus.
Wenn ich etwas charakterisiere (beschreibe), ist der Verstand zwar tätig, aber er denkt noch nicht.

Ein Begriff, der den Verstand zum Denken veranlasst, muss mindestens eine von den Sinnen unabhängige Struktur zum Inhalt haben, also ein allgemeines, analytisches (und kein konkretes deskriptives) Bild.

Eine vornehmlich intuitiv sinnlich geregelte Analyse ist eine systematische quantitative Beschreibung, bei der das beschriebene Objekt oder Subjekt in seine Bestandteile zerlegt wird und diese anschließend geordnet, untersucht und ausgewertet werden, wobei das Ganze als Beziehungsgefüge (Vernetzung der einzelnen Elemente) nicht außer Acht gelassen werden darf.

Eine vom Verstand geregelte Analyse ist eine systematische qualitative Untersuchung, bei der das untersuchte Objekt oder Subjekt durch seine wesentlichen Funktionen erfasst und definiert wird, wobei das Ganze als Regelung oder Steuerung berücksichtigt werden muss.

Eine quantitative Analye des Dreiecks:

Ein Dreieck (lateinisch: triangulum) ist eine geometrische Figur. Es handelt sich innerhalb der euklidischen Geometrie um die einfachste Figur in der Ebene, die von geraden Linien begrenzt wird. Die Begrenzungslinien bezeichnet man als Seiten. Innerhalb dieser Begrenzung spannen sich drei Winkel, die sogenannten Innenwinkel auf. Die Scheitel dieser Winkel bezeichnet man als Eckpunkte des Dreiecks. 
 
Eine qualitative Analyse des Dreiecks:

Euklid_25IX

Paradoxerweise erfolgt der Nachweis einer qualitativen Analyse oft nur quantitativ durch Messung.

Der deskriptive Begriff beschreibt ästhetisch, der analytische Begriff argumentiert bzw. beweist logisch.

“Argumentatio” (lat.) ist ein Verfahren, bei dem die Wahrheit eines Satzes durch die Zurückführung auf bereits als wahr Anerkanntes[2] sichergestellt wird.
Demnach kann gesagt werden: Denken findet statt, sobald das Bilder-Leben der Vernunft durch das Bild-Erleben des Verstandes focussiert (scharfgestellt) wird. 

____________
[1] http://de.wikipedia.org/wiki/Kastanien
[2] Als anerkannt gilt der auf Pythagoras zurückgehende Höhensatz des Euklid: Wenn ein Dreieck rechtwinklig ist, dann hat das Höhenquadrat zur Hypotenuse denselben Flächeninhalt wie das Rechteck aus den beiden Hypotenusenabschnitten.
 
 

25
Sep
2011

Worte werden zu Begriffen  

 
Während des Erfassens von Texten geht es vor allem um Verstehen.

Verstehen ist aber eine Angelegenheit des Verstandes, vollzieht sich demnach als Bildung von Begriffen.


Bei wissenschaftlichen Texten müssen Begriffe dagegen eher auf ihre ursprünglichen Bilder zurückgeführt werden.

Sowohl für künstlerische als auch für wissenschaftliche Texte gilt:

Begriffe sind versprachlichte Innenbilder des Verhaltens oder Handelns.

Begriffe verstehen heißt klare Vorstellungen von dem haben, was geschieht oder geschehen wird.


 

Begriffen wird zwar mit dem Verstand, erlebt oder erfahren aber mit der Vernunft!


Der Verstand schreibt das Drehbuch oder “pictureboard”, die Vernunft hat die Idee dazu und inszeniert sie.

Wie das funktioniert wollen wir an der Dreiteilung eines rechten Winkels aufzeigen.
 
Schritt 1: Wir ziehen um A einen Kreis mit einem von uns gewählten Radius, der die beiden Schenkel in B und C schneidet:


res


Schritt 2: Wir ziehen einen Kreis um B mit Radius AB, der den ersten Kreis in E schneidet.

_wsb_291x275_Drei_2


Schritt 3: Um C ziehen wir denselben Kreis, der den ersten Kreis in D schneidet.

_wsb_300x300_Drei_3


Schritt 4: Wir verbinden E und D jeweils mit A und erhalten die Geraden AE und AD bzw. deren Verlängerungen.
Die Geraden teilen den rechten Winkel in drei Abschnitte zu je 30°.

_wsb_294x283_Drei_4


Die linkshemisphärische Beschreibung verläuft zwar synchron zur rechts­hemisphärischen Abbil­dung, aber die gesamte Darstellung beruht auf reiner Imitation.
Es wird etwas gemacht, ohne zu wissen, warum so vorgegangen werden muss.

_wsb_296x292_Drei_5-1


Übrigens könnte auch auf die Abbildungen dann verzichtet werden, wenn eine entsprechende Vorstellungskraft in der Lage ist, angemessene Innenbilder zu erzeugen.
Eine innen- oder außenbildgerechte[1] Textgestaltung sagt übrigens noch nichts über die Qualität des zugrundeliegenden Denkprozesses aus.

_______________
[1] Außenbilder sind sinnlich vernehmbare Ereignisse

24
Sep
2011

Tradition des Worts als Begriff

 
Sobald Worte zu Begriffen werden, wechseln sie von der rechten zur linken Hemisphäre. Dieser Wechsel verändert auch die innere Wahrnehmung; von der linken Hemisphäre wird zum Beispiel ein Papagei wie folgt gesehen:

Klasse:Vögel (Aves)
Unterklasse:Neukiefervögel (Neognathae)
Ordnung:Papageien (Psittaciformes)
Familie:Kakadus (Cacatuidae)
Gattung:Eigentliche Kakadus (Cacatua)
Art:Gelbhaubenkakadu
Wissenschaftlicher Name: Cacatua galerita

Von der rechten Hemisphäre wird dagegen ein Papagei emotional (!) gesehen, also zum Beispiel als „Mr. Donald und Ms. Momo“:

Donald-Momo      
    
  
Eine rechtshemisphärische, gefühlte Sichtweise lässt sich sprachlich auch auf künstlerische Weise erreichen:
 
 

Kakadu[1]
Kein Vogel doch gescheidter ist

Als du es bist!

Du kannst dich kraulen hinter'm Ohr

Und richtest deinen Schopf empor,

Und frag' ich Dich: wie heißest du?

Antwortest du:
Kakadu! Kakadu!
Und auch kein Vogel schöner ist

Als du es bist!

Drum drehst du dich so stolz und dumm

In deinem goldnen Käfig um,

Und schreist und kreischest immerzu,

Ja immerzu:
Kakadu! Kakadu!

 
Mit der Wandlung zum Begriff geht das Wort insofern einen Kompromiss zwischen rechter und linker Hemisphäre ein als es nun die Veranschaulichung („Veräußerung“ oder „Veröffentlichung“) des Innenbildes logisch ästhetisch gestaltet.

Während die linke Hemisphäre ein Bild als Abbildung emotional unbeteiligt betrachtet, vermag die rechte Hemisphäre kein Bild zu betrachten, ohne daraus spontan eine emotionale Geschichte zu machen.

Für die logische Wahrnehmung ist die Betrachtung mit der Feststellung abgeschlossen, um welchen Baum es sich handelt und in welchem Zustand er sich befindet.

Für die ästhetische Wahrnehmung schließt die Betrachtung eine gefühlsmäßige Verbindung mit dem Baum, z.B. durch Berühren (oder gar Umarmen) mit ein.

Gleichgültig, ob es sich um eine links- oder rechtshemisphärische (logische oder ästhetische) sprachliche Gestaltung handelt, der Text muss das Gleichwicht zwischen „links“ und „rechts“ aufrecht erhalten:
 
    Wort = Bild  

oder:

  Logik = Ästhetik

Das ist keineswegs damit getan, dass man einen Text bebildert. Ganz im Gegenteil kann dadurch sogar ein künstlerischer Text beschädigt werden.

Das Bild wird als bloße Abbildung aufgefasst und die Betrachtung reduziert sich auf bloße Identifikation. Das passiert nicht, wenn der Betrachter einen emotionalrn Bezug zum Inhalt  des Bildes hat.

Kakadu-schreit

Drum drehst du dich so stolz und dumm

auf deiner Stange um,

Und schreist und kreischest immerzu,

Ja immerzu:

Kakadu! Kakadu!



In einem Gedicht wird aber die Gleichung:
 
Linke Hemisphäre = rechte Hemisphäre

in aller Regel nicht durch eine konkrete Darstellung aufrecht erhalten, sondern durch sprachlich vermittelte Innenbilder gestaltet.[2]

__________________________
[1] Hoffmann von Fallersleben
[2] Eine Ausnahme bilden künstlerische Gestaltungen für Kinder. Kinderbücher leben von Bildern. Kindern nehmen bis zur Grundschule ausschließlich rechtshemisphärisch wahr.
 
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Seit 20 Jahren BEGRIFFSKALENDER

Prof. Dr. habil Wolfgang F Schmid

Grundsätzliches (www.wolfgang-schmid.de)

 

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ES GIBT DINGE, DIE GIBT...
ES GIBT DINGE, DIE GIBT ES GAR NICHT Dieser Spruch...
wfschmid - 14. Dezember, 11:22
Vernunft <--->...
Bewusstwerden wird als Bilderleben sowohl von der Vernunft...
wfschmid - 13. Dezember, 21:49
H u m o r
Gefräßige Gesellschaft www.greedype rson.com
wfschmid - 25. Juli, 12:09
Dreamed out
If a priori represents a metaphysical congruence with...
wfschmid - 9. Januar, 05:24

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Es gelten die Rechtsvorschriften für Webseiten der Universität Flensburg © Texte: Wolfgang F. Schmid (sofern nicht anders ausgewiesen) wfschmid(at)me.com Bilder: Ulrike Schmid (sofern nicht anders ausgewiesen) mail(at)ulrike-schmid.de

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