Vorteile durch Oberflächlichkeit
Die Handhabung übernommener, selbst ungeprüfter Begriffe beschleunigt das Verarbeiten von Information. Nachteile ergeben sich jedoch aus unkritischer, gewöhnlich oberflächlicher Verwendung von Begriffen oder aus deren großzügigen Auslegungen.
Nehmen wir beispielsweise pädagogische Begriffe wie Erziehung, Bildung, Unterricht usf. Zu allen diesen Begriffen existieren Tausende unterschiedlicher Bedeutungen.
Es sind vor allem zwei Aussagen des Philosophen Friedrich Nietzsche, die das, was ich empfinde, ausdrücken. Die erste Aussage beinhaltet seine Kritik an der Pädagogik, die uns jene Erziehung und Bildung aufdrängt, durch welche das unvoreingenommene Sehen verlernen.
"Man mache sich nur einmal mit der pädagogischen Literatur dieser Gegenwart vertraut; an dem ist nichts mehr zu verderben, der bei diesem Studium nicht über die allerhöchste Geistesarmut und über einen wahrhaft täppischen Zirkeltanz erschrickt. Hier muss unsere Philosophie nicht mit dem Erstaunen, sondern mit dem Erschrecken beginnen: wer es zu ihm nicht zu bringen vermag, ist gebeten, von den pädagogischen Dingen seine Hände zu lassen."
Die Begründung Nietzsches für diesen Missstand in der Pädagogik fällt scharf aus:
"Dass es aber trotzdem nirgends zur vollen Ehrlichkeit kommt, hat seine traurige Ursache in der pädagogischen Geistesarmut unserer Zeit; es fehlt gerade hier an wirklich erfinderischen Begabungen, es fehlen hier die wahrhaft praktischen Menschen, das heißt diejenigen, welche gute und neue Einfälle haben und welche wissen, dass die rechte Genialität und die rechte Praxis sich notwendig im gleichen Individuum begegnen müssen: während den nüchternen Praktikern es gerade an Einfällen und deshalb wieder an der rechten Praxis fehlt."
Die Folgen solcher Erziehung und Bildung: "wir sind ohne Bildung, noch mehr, wir sind zum Leben, zum richtigen und einfachen Sehen und Hören, zum glücklichen Ergreifen des Nächsten und Natürlichen verdorben und haben bis jetzt noch nicht einmal das Fundament einer Kultur, weil wir selbst davon nicht überzeugt sind, ein wahrhaftiges Leben in uns zu haben. Zerbröckelt und auseinander gefallen, im Ganzen in ein Inneres und Äußeres, halb mechanisch zerlegt, mit Begriffen wie mit Drachenzähnen übersät, Begriffs-Drachen erzeugend, dazu an der Krankheit der Worte leidend und ohne Vertrauen zu jeder eigenen Empfindung, die noch nicht mit Worten abgestempelt ist : als eine solche unlebendige und doch unheimlich regsame Begriffs- und Wortfabrik habe ich vielleicht noch das Recht zu sagen cogito ergo sum, nicht aber vivo, ergo cogito. Das leere "Sein", nicht das volle und grüne "Leben" ist mir gewährleistet, meine ursprüngliche Empfindung verbürgt mir nur, daß ich ein denkendes, nicht daß ich ein lebendiges Wesen, daß ich kein animal, sondern höchsten ein cogital bin. Schenkt mir erst Leben, dann will ich euch auch eine Kultur daraus schaffen!"
Als Grundvoraussetzung für richtiges und einfaches Sehen und Hören, zum glücklichen Ergreifen des Nächsten und Natürlichen gilt dem Philosophen Nietzsche die Überzeugung, ein wahrhaftiges Leben in sich zu haben. Seiner Ansicht nach stört das Fehlen einer solchen Überzeugung das Wahrnehmen ganz empfindlich.
Auf den Punkt gebracht bedeutet das: Wer ‚unvoreingenommen' äußerlich (sinnlich) wahrnehmen will, muss von innen (geistig) nach draußen schauen. Wer sich nicht mit der Fantasie als Verfremdung des Wahrnehmens auseinandersetzt und aufklärt, vermag nicht zu erfassen, was in Wahrheit geschieht.
Nehmen wir beispielsweise pädagogische Begriffe wie Erziehung, Bildung, Unterricht usf. Zu allen diesen Begriffen existieren Tausende unterschiedlicher Bedeutungen.
Es sind vor allem zwei Aussagen des Philosophen Friedrich Nietzsche, die das, was ich empfinde, ausdrücken. Die erste Aussage beinhaltet seine Kritik an der Pädagogik, die uns jene Erziehung und Bildung aufdrängt, durch welche das unvoreingenommene Sehen verlernen.
"Man mache sich nur einmal mit der pädagogischen Literatur dieser Gegenwart vertraut; an dem ist nichts mehr zu verderben, der bei diesem Studium nicht über die allerhöchste Geistesarmut und über einen wahrhaft täppischen Zirkeltanz erschrickt. Hier muss unsere Philosophie nicht mit dem Erstaunen, sondern mit dem Erschrecken beginnen: wer es zu ihm nicht zu bringen vermag, ist gebeten, von den pädagogischen Dingen seine Hände zu lassen."
Die Begründung Nietzsches für diesen Missstand in der Pädagogik fällt scharf aus:
"Dass es aber trotzdem nirgends zur vollen Ehrlichkeit kommt, hat seine traurige Ursache in der pädagogischen Geistesarmut unserer Zeit; es fehlt gerade hier an wirklich erfinderischen Begabungen, es fehlen hier die wahrhaft praktischen Menschen, das heißt diejenigen, welche gute und neue Einfälle haben und welche wissen, dass die rechte Genialität und die rechte Praxis sich notwendig im gleichen Individuum begegnen müssen: während den nüchternen Praktikern es gerade an Einfällen und deshalb wieder an der rechten Praxis fehlt."
Die Folgen solcher Erziehung und Bildung: "wir sind ohne Bildung, noch mehr, wir sind zum Leben, zum richtigen und einfachen Sehen und Hören, zum glücklichen Ergreifen des Nächsten und Natürlichen verdorben und haben bis jetzt noch nicht einmal das Fundament einer Kultur, weil wir selbst davon nicht überzeugt sind, ein wahrhaftiges Leben in uns zu haben. Zerbröckelt und auseinander gefallen, im Ganzen in ein Inneres und Äußeres, halb mechanisch zerlegt, mit Begriffen wie mit Drachenzähnen übersät, Begriffs-Drachen erzeugend, dazu an der Krankheit der Worte leidend und ohne Vertrauen zu jeder eigenen Empfindung, die noch nicht mit Worten abgestempelt ist : als eine solche unlebendige und doch unheimlich regsame Begriffs- und Wortfabrik habe ich vielleicht noch das Recht zu sagen cogito ergo sum, nicht aber vivo, ergo cogito. Das leere "Sein", nicht das volle und grüne "Leben" ist mir gewährleistet, meine ursprüngliche Empfindung verbürgt mir nur, daß ich ein denkendes, nicht daß ich ein lebendiges Wesen, daß ich kein animal, sondern höchsten ein cogital bin. Schenkt mir erst Leben, dann will ich euch auch eine Kultur daraus schaffen!"
Als Grundvoraussetzung für richtiges und einfaches Sehen und Hören, zum glücklichen Ergreifen des Nächsten und Natürlichen gilt dem Philosophen Nietzsche die Überzeugung, ein wahrhaftiges Leben in sich zu haben. Seiner Ansicht nach stört das Fehlen einer solchen Überzeugung das Wahrnehmen ganz empfindlich.
Auf den Punkt gebracht bedeutet das: Wer ‚unvoreingenommen' äußerlich (sinnlich) wahrnehmen will, muss von innen (geistig) nach draußen schauen. Wer sich nicht mit der Fantasie als Verfremdung des Wahrnehmens auseinandersetzt und aufklärt, vermag nicht zu erfassen, was in Wahrheit geschieht.
wfschmid - 23. Mai, 05:32
4 Kommentare - Kommentar verfassen - 0 Trackbacks
Michael Ände (Gast) - 23. Mai, 11:00
Von Brücken,Hintertüren und Durchlässigkeiten
Wenn der kleine Prinz, Bastian aus der unendlichen Geschichte an die Hand nähme, um ihm ihn über Altruismus aufzuklären,
entstünde eine neue Geschichte.
Ist Fantasie eine polare Kraft ?
Wenn der Fluss im Begriffsraum der Fantasie angelegt ist aber begradigt wird tritt er dann andernorts über die Ufer ?
entstünde eine neue Geschichte.
Ist Fantasie eine polare Kraft ?
Wenn der Fluss im Begriffsraum der Fantasie angelegt ist aber begradigt wird tritt er dann andernorts über die Ufer ?
fockof - 23. Mai, 13:38
In einem Land vor unserer Zeit
Wenn wir nicht überzeugt sind,
ein wahrhaftiges Leben in uns zu haben,
ohne Vertrauen zu jeder eigenen Empfindung
ohne wahrhaftiges Leben in uns zu spüren,
dann sind wir genau das, was die heutige Gesellschaft von uns erwartet:
oberflächlicher Verwendung von Begriffen (Produkte) oder deren großzügige Auslegungen (Konformität) und somit leichte Manipulierbarkeit, Nichtbeschäftigung mit dem eigenen Tod.
Die individuelle Fantasie als pädagogische Forderung würde dieses stören.
Es kann nicht erschrecken, dass es heute so ist, sondern dass es dem jeweiligen Zeitgeist entsprechend schon immer so ist. Und eine jeweilige Pädagogik kein Gegenmittel findet.
Wäre es anders, könnte die jeweilige Gesellschaft als Heilmittel und Ersatz für individuelle Fantasie nicht dienen. Der geistige Fortschritt wäre schneller und der individuelle Blick von innen nach aussen wäre möglich.
--
Eine Kindergärtnerin eröffnet in Streiktagen eine Blumenwiese als Ersatzkindergarten mit einem von Kindern selbstgemalten Bild mit Urtieren: IN EINEM LAND VOR UNSERER ZEIT.
ein wahrhaftiges Leben in uns zu haben,
ohne Vertrauen zu jeder eigenen Empfindung
ohne wahrhaftiges Leben in uns zu spüren,
dann sind wir genau das, was die heutige Gesellschaft von uns erwartet:
oberflächlicher Verwendung von Begriffen (Produkte) oder deren großzügige Auslegungen (Konformität) und somit leichte Manipulierbarkeit, Nichtbeschäftigung mit dem eigenen Tod.
Die individuelle Fantasie als pädagogische Forderung würde dieses stören.
Es kann nicht erschrecken, dass es heute so ist, sondern dass es dem jeweiligen Zeitgeist entsprechend schon immer so ist. Und eine jeweilige Pädagogik kein Gegenmittel findet.
Wäre es anders, könnte die jeweilige Gesellschaft als Heilmittel und Ersatz für individuelle Fantasie nicht dienen. Der geistige Fortschritt wäre schneller und der individuelle Blick von innen nach aussen wäre möglich.
--
Eine Kindergärtnerin eröffnet in Streiktagen eine Blumenwiese als Ersatzkindergarten mit einem von Kindern selbstgemalten Bild mit Urtieren: IN EINEM LAND VOR UNSERER ZEIT.
fockof - 25. Mai, 16:09
Schade, leider nein.
Trackback URL:
https://wolfgangschmid.twoday.net/stories/1022435925/modTrackback