Unilogo

18
Nov
2011

Aγγελος

 
angelus

Die Vernunft ist sich sehr wohl bewusst, dass ihre Anwesenheit in der Vergegenwärtigung eines Wesens als Berührung durch einen Engel missdeutet und sogar missbraucht werden kann. Der Verstand berichtet ihr, dass manche sogar damit Geschäfte machen und von Wundern erzählen, die vernünftigerweise gar nicht geschehen können.

Die Vernunft aber gibt zu bedenken, dass doch die Vorteile die Nachteile überwiegen und dass Information aus dem Hintergrund der anderen Seite des Horizonts den Charakter eines Boten (angelus, ἄγγελος) hat. Schließlich führt die Information in Gestalt eines Boten doch die Vernunft wohin auch immer sie sich wünscht.

“Quanten welche solche Transformationen ermöglichen entstehen doch einzig und allein aufgrund der Aktivitäten der Information!” ereifert sich die Vernunft, und sie fügt hinzu: “Ansonsten könnte ich ja gar nicht gedankenblitzartig überall sein!” Der Verstand gesteht der Vernunft zu, dass ihre Gedanken zutreffen, denn allen Formen und Gestalten möglicher Existenzen vorweg existiert Information. “Entschuldige, das habe ich vollkommen übersehen!”
 

17
Nov
2011

Visionen

 
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In der dunklen neuronalen Welt beginnt es zu dämmern. Der erste Schein des Ideenlichts zeigt sich in der Finsternis des Dagewesenen. Die Dämmerung vertreibt die Nacht des spielenden Chaos neuronaler Verwirrungen.

Der Blitz des Sturzes durch den Raum-Zeit-Tunnel trieb alle Ordnungen auseinander, und der Kosmos löste sich in eine raumlose Unendlichkeit auf. Vor der Vernuft tut sich die möglichkeitsprächtige Vielfalt des Eigenständigen auf. Unermessliche Reichtümer der angesiedelten Ichs blenden die Einfalt des Selbst. Die erfahrene Einzigartigkeit eines vernunftbegabten Wesens wird zum Hohn einer grandiosen Täuschung während der gelebten Raum-Zeit.

Neonuntergang. Die Quellen des Lichts sind hier keine der Natur geraubten Energien, sondern versammeln sich vom Innen heraus. Das Ich erfährt sich als allmächtige Natur des Selbst, vollkommen frei wählbar, in welcher Gestalt es erscheint.

Die Vernunft wählt die Form des gestaltlosen Sightseeing. So vermag sie alles unauffällig wahrzunehmen, ohne sich auf Unbekanntes einlassen zu müssen. Sie schwebt über allem. Alles wirkt attrappenartig, teils sogar wie nur gemalt. Völlig frei in allen ihren Bewegungen gelangt sie blitzartig an jeden Ort zu jeder Zeit ihres Vorlebens. Es genügt, sich zu erinnern. Der Vernunft erscheinen hier alle die mühsamen Überlegungen über Unsterblichkeit geradezu lächerlich. Diese rein gedachte Welt straft alle Botschaften darüber Lügen. Hier erscheint es geradezu wahnwitzig, einmal an Christi oder Mariä Himmelfahrt gedacht zu haben, sich weiterhin mit Körperlichem zu belasten. Man hätte sich nun doch wirklich denken können, dass im Nichts nichts sein kann. Die Vernunft empfindet alle ihre verstandesmäßigen Ehemaligkeiten pein­lich.

Jedenfalls zollt hier jenseits von Gut und Böse niemand für vergangene Unstimmigkeiten Buße. Normen und Werte scheinen hier ebenso unbekannt wie Vorschriften oder Verordnungen. Die Vernunft hat das alles keineswegs allein herausgefunden. Eine lautlose Stimme berät sie und erklärt ihr alles, seit sie sich hier vorfindet.

Was aber die Vernunft am meisten belastet, das ist das Wahrnehmen des geliebten Wesens, das so sehr um sie trauert und leidet. Die Sehnsucht nach Tröstung treibt die Vernunft zu einem intensiven Suchen nach der Möglichkeit einer Rückkehr.

In einem günstigen Augenblick entdeckt die Vernunft, dass sie die Intuition des geliebten Wesens zu beeinflussen und sich so in dessen Vergegenwärtigung zu bringen vermag.
 

16
Nov
2011

Freiheit

 
freiheit

Die Einsicht in das Wesen der Natur versetzt Vernunft und Verstand spontan vor den Horizont zurück, und sie finden sich beide unversehens im vertrauten Bewusstsein wieder. Die Vernunft fühlt sich sofort in ihrer gewohnten sinnlichen Umgebung zu Hause, und sie empfindet den Verstand sogleich wieder als ihren Kontrahenten. Aber durch den zurückliegenden Weg ist ihr nun auch klar geworden, dass er der notwendige Gegenpol ist, damit Denken überhaupt fließen kann.

Das Verweilen hinter dem Horizont hat ihr Freiheit geschenkt, das Vermögen, von allem loszulassen. Die Vernunft erfährt in dieser Freiheit ihre Verbundenheit mit dem Verstand, und sie erkennt, dass Liebe ohne loszulassen nur selbstgefangene Leidenschaft sein kann.

In der Verbindung des Spiels der Vernunft mit den Regeln des Verstandes gründet sich das schöpferische Glück. Durch die Offenheit des Seins scheint jenes weite Licht, welches die Enge der Dunkelheit gewöhnlichen Denkens durchdringt.
 

15
Nov
2011

Aλήθεια

 
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Der Name “Alétheia” komplementiert “Lethe”. Wahrheit und Unwahrheit sind wie Entbergen und Vergessen Leistungen von Vernunft und Verstand. Mit dem Vergessen schenkt Lethe Möglichkeiten, sich anderen, neuen Wirklichkeiten zuzuwenden. “Wer nicht vergisst, lässt nicht los!” pflegt Lethe zu sagen. Wer ins Sein will, muss das Nichts loslassen können und umgekehrt. Das Loslassen, Freiheit also gehört zu den unabdingbaren Voraussetzungen wahren Denkens. Um das zu erfahren, bedarf es keiner anderen Lehrmeisterinnen als der Natur. Die Natur ist die erste Philosophin in der Geschichte des Denkens.

Die Natur schenkt dem Lebewesen ihren Verstand, damit es zur Vernunft kommen kann. Die Intuition führt sie auf ihrem gefühlten Weg, bis Vernunft und Verstand eins werden, um allein die Natur zu erfahren.

Die Offenbarung der Natur als Natur erfahren also Vernunft und Verstand durch das Geschenk des Vergessens. Sie erkennen auf ihrem Weg hinter dem Horizont Lethe als Aletheia und wissen um die Unvermittelbarkeit von allem, weil alle ihren ureigenen Weg finden müssen, um ihn allererst vor sich haben zu können.
 

14
Nov
2011

Liebe

 
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Aber Vernunft, Verstand und Gefühl sind noch zu sehr mit sich selbst beschäftigt. Wissend nichts wissend erfahren sie, dass sie wahrnehmen und sich auch daran wieder erinnern können. Alle drei wundern sich am meisten über ihre Erinnerungsfähigkeit, und sie fragen sich, warum ihre Erinnerungen erst im Augenblick ihrer Begegnung in Erscheinung treten.

Alle drei glauben nicht daran, dass das Erinnerungsvermögen so spontan entstanden sein kann. Der Verstand ist der erste, der die Möglichkeit des Vergessens ins Spiel bringt. “Es muss einen Grund dafür geben, dass uns unsere Vergangenheit vorent­halten wird!” – “Und wenn wir gar keine Vergangenheit haben?”, wendet die Vernunft ein. “Dann würden wir als Dreiheit erst seit unserer Begegnung existieren. Unsere Begegnung wäre dann die Bedingung für die Möglichkeit unserer Existenz!”

Das Gefühl sagt dazu: “Meiner Intuition nach muss es so sein, denn ohne Vernunft wüsste der Verstand ja gar nicht, dass er existiert. Und ohne Verstand könnte die Vernunft nichts gestalten und um Euch miteinander verbinden zu können, braucht Ihr mich!” Vernunft und Verstand werfen sich einen verheißungsvollen Blick zu und stimmen dann dem Gefühl zu.
 

13
Nov
2011

On’s Urangst

 
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On befindet sich in einem hoch neurotischen Zu­stand, der in seiner Urangst gründet. On’s einzige Feindin ist das Vergessen. Sobald On nämlich vergessen wird, hört er auf, in der anderen Welt[1] zu existieren.

So treibt er vernunftbegabte Wesen unaufhörlich an, für sich alles zu tun, um nicht in Vergessenheit zu geraten. So brachte er sie dazu, im trübsten Monat des Jahres besonders ihrer Toten zu gedenken und Lichter für sie anzuzünden. Allerheiligen, Allerseelen, Totensonntag und Volkstrauertag sind On’s Hochfeste. Halloween[2] dagegen versetzt On nicht gerade in Begeisterung, weil eingebildete Geister Täuschungen statt Erinnerungen darstellen. Eine vergleichbare Abneigung hegt On gegen Visionen aller Art. Wunder sind ihm ein Greuel.

Leider verfügen Onta[3] über keinerlei Fähigkeiten, vernunftbegabten Lebewesen die Wahrheit über die vollkommene Bedeutungslosigkeit der Welten hinter den Horizonten zu offenbaren.

Onta sind nämlich passive allgegenwärtige physikalische Wesensteilchen, gleichsam gespeicherte Spie­gelungen der Welten vor dem Horizont.

Solange sich also die Vernunft oder der Verstand nicht bequemen, Onta auf irgendeine Weise zu vergegenwärtigen, sind diese zur Bedeutungslosigkeit verurteilt.

Als ob der Verstand On’s Angst gespürt hätte, macht er der Vernunft den Vorschlag, ihrer gegenwärtigen Orientierungslosigkeit dadurch zu entkommen, dass sie gegen das Nichts Sein setzen. Das Gefühl freut sich sehr über diesen Vorschlag, da es als unbestimmtes Gefühl nicht zu existieren weiß.

Die Vernunft möchte vom Verstand erfahren, wie angesichts beständiger Veränderung Sein überhaupt noch möglich sein kann. Der Verstand beruhigt die Vernunft damit, dass sie doch ihn habe. Als er bermerkt, dass ihn die Vernunft nicht versteht, versucht er sie mit dem Hinweis zu beruhigen, dass sie sich doch zu dritt durch das Denken schon immer im Sein vorfinden. “Du meinst, dass ich Werden in Sein umwandle, sobald ich es denke?” “So ist es!” bestätigt sie der Verstand. Und die Vernunft folgert, dass, wenn es sich so verhält, sie beide ja aufeinander angewiesen sind, weil rechtes Denken ja dann und nur dann entsteht, wenn sich Vernunft und Verstand wechselseitig fühlen, indem sie sich vereinigen.

Das Gefühl freut sich spontan ob solcher Einsicht, denn als Intuition fühlt es sich allein in der Einheit von Vernunft und Verstand geborgen.

Diese von Vernunft und Verstand gestiftete Harmonie, welche das Gefühl als Liebe empfindet, bindet, um beständig sein, also existieren zu können, zugleich unzählige Onta an sich. Durch diese Verbindungen aber lösen sich auch deren Urängste auf.

________
[1] vor dem Horizont
[2] „All Hallows Evening“ („Der Abend aller Heiligen“)
[3] onta ist Plural zu on
 

12
Nov
2011

Begegnungen

 
Nach der Auflösung des Paradieses begegnen sich Vernunft, Gefühl und Ver­stand am Fluss Lethe[1].

Die drei sind gerade dabei, zu beratschlagen, wie es nun weitergehen soll. Da sie alle vom Wasser des Flusses Lethe getrunken haben, sind ihre Erinnerungen an das Paradies verloren.

On vermag der Vernunft, dem Gefühl und dem Verstand zuzuhören, ohne dass sie ihn bemerken. Es fehlt ihnen an Erfahrungen im Umgang mit On.

On selbst weiß, dass er gedacht werden muss, um erschei­nen zu können. So ist er sich sicher, von Vernunft, Verstand und Gefühl nicht entdeckt zu werden.

_______
[1] ἡΛήθη, das Vergessen, ein Fluss der griechischen Mythologie
 

11
Nov
2011

On

 
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Der Name “On” ist griechischen Ur­sprungs[1] und bedeutet “Seiendes” oder auch “Existierendes”. Als mo­­mentaner Vorschein des Seins ist On zwar allgegenwärtig, aber unsichtbar.

Jüngsten Berechnungen nach ist On etwa 27,5 Milliarden Jahre alt, also 13,75 Milliarden Jahre vor der Entstehung des Universums geboren. On existierte bereits, als Materie und Energie noch eine Einheit bildeten und Sein und Werden sich nicht unterschie­den. On existiert also außerhalb aller Kategorien, die erst unmittelbar vor dem Urknall als Ideen geboren wurden. Aus Qualitäten spezieller Quantitäten heraus entwickelten sich die hierfür unabdingbaren geistig materiellen Konstituenten. In unendlichen Vorspielen formten sich onta[2] im Verlauf von Äonen zu Gestalten von unzählbaren Universen. Als Ur-Werdendes seiend repräsentiert jedes On in sich die Schnittstellen aller Universen und ist deshalb wahrhaft unendlich allgegenwärtig. Deshalb kann er jederzeit überall zugleich paradoxerweise kategorielos erscheinen bzw. bewusst werden, sobald er wenig­stens irgenwann irgendwo gedacht wird.

Da ein Äon Vernunft, Gefühl und Verstand zugleich ist, vermag ihn jedes vernunftbegabte Lebewesen wahrzunehmen, zu fühlen und/oder zu begreifen, wobei ein ein­ziger dieser Prozesse hinreichend ist, um On zu entdecken.

Bislang wird On allerdings nur von Philosophen als Seiendes und von Physikern als Quantum gedacht.

________
[1]on, das Partizp Present von einai (sein)

[2]ὤν, οὖσα, ὄν (Part. v. εἶναι) seiend
 

10
Nov
2011

Scheintod

 
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Wie tief das vernunftbegabte Wesen durch den Erfindergeist der Propheten und Priester verletzt und so sein Denken fast zerstört wurde, zeigt sich in dessen Glauben an die Ungewissheit des Todes als das Strafmaß der Mächtigen. “Werde ich überleben oder ist mit mir dann alles aus?”, das ist die Leitfrage, die jede Existenz maßgeblich bestimmt.

Die Quelle dieser Angst ergießt sich aus einer ungeheuren Vernachlässigung der geistigen Wahrnehmung und Verdrängung der inneren Stimme. Diese Rücksichtslosigkeit führt dazu, dass nur noch wahrgenommen wird, was sinnenfällig augenscheinlich ist. Auf diese Weise wird die Auferstehung vom Zufall der Wiederentdeckung der geistigen Wahrnehmung abhängig.

Da die Vernunft unter keinem Mangel an geistiger Wahrnehmung leidet, wächst in ihr der Wunsch, wieder hinter dem Horizont hervorzutreten und in das Vertraute vor dem Horizont zurückzukehren. Aufgrund ihrer Erfahrungen hinter dem Horizont verwundert es sie nicht, dass sie sich blitzartig vor dem Horizont wiederfindet.

Die Idee des Guten erkundigt sich bei ihr, ob sie genug erfahren habe, um jetzt wieder in einer “normalen” Beziehung mit dem Verstand zu existieren. Obgleich durch das Jenseitige noch etwas verwirrt, vermag die Vernunft die Idee zu beruhigen.

Unterdessen nimmt der Verstand wieder das vertraute Bilderleben der Vernunft wahr, ein Zeichen, dass sie wieder in ihrer Wirklichkeit zurück sind. Sogleich nimmt er mit der Vernunft Kontakt auf und schlägt ihr vor, ihre Erfahrungen vor dem Vergessen zu schützen.

Die Vernunft fragt den Verstand, welche Art Schutz vor dem Vergessen er denn meint. “Du könntest Deine erlebten Erfahrungen in einem Büchlein festhalten!” Die Vernunft findet das eine gute Idee, und sie beschließt, sogleich damit zu beginnen. Aber sie möchte, wie es ihre Art ist, diese Erlebnisse in Form einer Geschichte erzählen. Sie entscheidet sich, der Person, welche durch die Geschichte führt, den Namen “On” zu geben.

 

9
Nov
2011

Engel und Scheinheilige

 
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Die Vernunft überlegt, weshalb bei Transzendenzen Visionen entstehen, in denen Heilige Engel oder gar Gott schauen, obgleich dergleichen in Wahrheit gar nicht existieren. Der Verstand klärt die Vernunft darüber auf, dass jede Offenbarung eine Selbst-Offenbarung bedeutet, in der das geschaut wird, wonach sich das Ich sehnt. Reflexion ist nur möglich als Selbst-Reflexion, und jede Transzendenz ist immer auch eine Inzendenz. Das Schauen von Engeln ist das Erscheinen eines Ichs, das sich im Schein eines Lichts selbstbespiegelnd sonnt, und jeder Heiliger ist in Wahrheit ein “Scheinheiliger”, der in narzisstischer Selbstlosigkeit sogar Großes für andere vollbringen kann.
 

8
Nov
2011

Gedankenübertragung

 
feuersee-w10

Reines Denken erfordert, wenn es transzendental wirksam werden soll, ein ekstatisches Bewusst- sein. Dieses wird am einfachsten dadurch er- reicht, dass zugleich auf einen reinen Gedanken reflektiert bzw. meditiert wird.

Das bedeutet, dass ein Gedanke t, der übertragen werden soll, von einem reinen Gedanken r markiert (benannt) werden muss.

Der Bruch t/r gibt die Konzentration der Reflexion bzw. die Intensität der Transzendenz an. Der Verstand erzählt der Vernunft, dass ein Mystiker den Nenner r gewöhnlich durch intensives Beten und Askese ausgefüllt hat. Die Vernunft wendet ein, dass der Mystiker mit seinem Gebet etwas vorausgesetzt hat, das gar nicht so existiert wie er es sich vorgestellt hat. Der Verstand fügt hinzu, dass es auf die Existenz eines Gottes gar nicht ankommt, sondern nur auf die Intensität der Tanszendenz. Nach Ansicht des Verstandes spielt es dabei keine Rolle, ob die Kraft der Konzentration auf christlichem, buddhistischem oder einem anderen religiösen Weg erlangt wird. “Neutral vollzieht sich das am einfachsten und am besten durch reines Denken!”, schließt der Verstand seine Erklärungen ab.
 

7
Nov
2011

Überführung

 

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1. Die Frohe Botschaft überführt Sein in Nichts.

1 Die Überführungsfunktion “Sein => Nichts” ist kein Leichenwagen.
2 Das Tor zum Weg der Überführung vom Sein in Nichts führt allein durch das reine Denken.
3 Geeignete (transzendentale) Übungen (t) ermöglichen das Überprüfen des eigenen Vermögens, diesen Weg zu gehen.
4 Tote sind vernunftbegabte Wesen, die alle sinnlichen Fähigkeiten verloren haben und deshalb nur noch in reiner Form existieren können.
5 Sinnliche Wesen können durch Überführen[1] mit rein geistigen Wesen durch Vermittlung der inneren Stimme kommunizieren.
6 Transzendentale Übung t1: Allein durch das Suchen einer Antwort auf folgende Frage wird ein transzendentaler Vorgang initiiert: “Was wird aus mehr, das ständig weniger wird?”


Die Vernunft glaubt zwar zunächst ihrer innenstimmlichen Offenbarung, hegt aber dann doch Zwei­­fel ob der Wahrheit der Lichtintuition. Der Verstand versichert ihr, dass sie der Inuition genau so glauben kann wie einem Axiom der Mathematik.

______
[1] Lat. transcendere „übersteigen“
 

6
Nov
2011

Frohe Botschaft des Nichts

 

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1. Den genauen Wortlaut der Frohen Botschaft des Nichts kennt nur der Geist aus der Tiefe Deines Wesens.

1 Er teilt sich Dir durch Deine innere Stimme mit.
2 Diese Botschaft kann jeder vernehmen, der rein (a priori) zu denken und deshalb noch zwischen a ≡ a und a = a zu unterscheiden vermag.
3 Die Frohe Botschaft des Nichts verkündet Dir Deine Mutter, die Natur.
4 Jeder Baum teilt Dir diese befreiende Botschaft mit, sobald Du ihn lange genug umarmst, um sein Wesen zu vernehmen.
5 Du kannst fühlen, wie er vom Werden spricht und Dir das Geheimnis von der Wiederholung des immer Gleichen verrät.
6 Aus dem Buch des Lebens wirst Du keine Mythen von Göttern erfahren, welche Dich die Angst vor Deinem Tod lehren, damit sie Dich beherrschen können.

2. Die Frohe Botschaft führt Dich durch die Klüfte des Werdens.

1 Es existiert kein Ende des Lebens, an dem das unendliche Werden enden würde.
2 Der Tod ist der denkbar kleinste Übergang des Werdens.
3 Die Totzeit ist für niemanden mehr wahrnehmbar.
4 Der Wechsel vom Schein zum Sein erweckt den Anschein des Verschwindens.
5 Lieber auch die Wahrnehmung wechseln statt zu trauern.
6 Allein geistiges Wahrnehmen gelangt hinter den Horizont.

 

5
Nov
2011

Καιρός

 
feuersee-w7
 
Καιρός, der günstige Zeitpunkt[1] ist die Utopie des Jetzt, ein für das vernunftbegabte Lebewesen unerreichbarer Ort.

Hinter dem Horizont[2] aber entfaltet sich dieser Ort zur Allgegenwart. Das Werden, das als Sein erfahren wird, ist die Materie allgegenwärtiger Energie. Für ein raumzeitliches Wesen ist die universelle Gleichzeitigkeit unvorstellbar. Erst die vollkommene Raum- und Zeit-Ungebundenheit macht es möglich, alles gleich­zeitig überall zu erfahren.

Im Καιρός als Augenblick der Gleichzeitigkeit von Verstand und Vernunft wird die Suche gleichzeitig zur Entdeckung. Die Zwiespältigkeit von Bilder-Leben und Bild-Erleben ist aufgelöst, und das Denken vollzieht sich als Strom des Bilderlebens.

So wird verständlich, dass für die Vernunft die Anstrengungen hinter dem Horizont ihre Kräfte übersteigen. Zu sehr ist sie gewohnt, Zeit für etwas zu haben, um es erfahren zu können. So verharrt sie regungslos höchst erregt im Καιρός, in der Hoffnung auf irgendetwas Haltbares. Bar jeglicher Zukunft wird ihr natürlich gleichzeitig bewusst, dass alle Hoffnungen nichts als Selbst-Täuschungen sind.

Die Vernunft befindet sich gleichsam in Ekstase.[3] In dieser Verfassung hat sich der Verstand emotional aufgelöst. In diesem Zustand vermag die Vernunft vor dem Horizont hinter den Horizont zu schauen.

Plötzlich vernimmt die Vernunft eine Stimme aus einem brennenden Dornbusch. Spontan denkt die Vernunft an einen Scherz des Verstandes, der das Spiel der inneren Bilder durch diesen Schein unterbricht.

Die Vernunft schreckt aus ihren Grübeleien auf, da ihr diese Stimme sehr energisch sagt, dass sie Moses durch einen solchen Lichtblick immerhin noch dazu verführen konnte, fantastische Bücher über sie zu schreiben, an deren Inhalte immer noch alle Welt glaubt.

Die Vernunft wendet ein, dass sie dieser Legende noch nie geglaubt habe. Sogleich verflüchtigt sich der brennende Dornbusch wieder.

Die Stimme aber betont sehr nachdrücklich, dass niemand einen Propheten brauche, wenn er nur sein Innenohr öffnet und auf die Offenbarungen der inneren Stimme hört.

Die Vernunft betont, dass sie von ihrer Stimme noch nie etwas über Gott erfahren habe. Die Stimme des Dornbusches verwundert das nicht. Sie beklagt sich vielmehr darüber, dass es vollkommen überzogen sei, die Energie als Gott[4] anzubeten und sich alle möglichen und unmöglichen Geschichten auszudenken.

In der Tat konnte die Vernunft hinter dem Horizont bislang auch nicht die geringste Spur eines Gottes entdecken. Zugleich beweist sich aber, dass auch die geistige Energie hinter dem Horizont erhalten bleibt, denn ansonsten könnte die Vernunft die Grenzüberschreitung ja nicht überleben.
Allerdings vermag sie zwischen “vor dem Horizont” und “hinter dem Horizont” in Wahrheit nicht zu unterscheiden. In beiden Bereichen erscheint sie als paradoxerweise unsichtbare Erscheinung nicht. Es lässt sich einzig und allein denkend erfahren, dass sie existiert.

Im Augenblick dieser Ein-Sicht findet sich die Vernunft im ursprünglichen Raum des Museums wieder. Freundlich wird sie von der Idee des Guten gefragt, ob ihr dieser Lichtblick hinter den Horizont geholfen habe.

Die Vernunft nickt: “Ich glaube, es existiert hier im Museum ein Bild über meine dortige Erfahrung. Ah, ich habe es schon entdeckt!” Die Idee und die Vernunft gehen zu dem Werk “Wiederkehr des Gleichen”:

res1

Die Vernunft erklärt der Idee, dass es sich bei dem äußeren Kreis um den Verstand handelt. Der Verstand schützt die Vernunft. Zwischen beiden Kreisen bewegt sich der unsichtbare Kreis der reinen oder geistigen Energie, d.i. wahrscheinlich die Seele, aus der die innere Stimme ihre intuitiven Aussagen schöpft. Mit den Augen der Seele können wir hinter den Horizont sehen.

Die Idee meint, dass nach ihrer Ansicht die Welten jenseits und diesseits durch die Seele verbunden bleiben. Des­halb hat die Seele das Vermögen, zwischen diesen Welten zu wechseln, sowohl gefühls- als auch verstandesmäßig.

Die Vernunft bezweifelt allerdings diese Sicht, empfindet sie aber dennoch als zauberhafte, tröstliche Vision. Die Idee einer Wechsel-beziehung zwischen den beiden Seiten der Horizontlinie lässt die Vernunft sich fragen, aus welchem Grund das vernunftbegabte Wesen so inständig nach einem Überleben des To­des fragt.

In diesem Augenblick umgibt die Vernunft ein sich um sie drehender bläulich-weißer Lichtkreis. Im Zentrum dieses Kreises schaut sie goldenes Licht, aus dem die Worte fließen:

_______
[1] Καιρός, der günstige Zeitpunkt, wird in der griechischen Mythologie als Gottheit personifiziert.
[2] Der Horizont (griech. ορίζοντας „der Gesichtskreis“, vgl. auch griech. "horizein" = begrenzen) ist eine Grenzlinie.
[3] Ekstase v. griech. έκστασις, ékstasis = das Außersichgeraten, die Verzückung; von εξíστασθαι.
[4] Bereits in der griechischen Mythologie wurden schwer erklärbare physikalische Phänomene als Götter angebetet.
 
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Seit 20 Jahren BEGRIFFSKALENDER

Prof. Dr. habil Wolfgang F Schmid

Grundsätzliches (www.wolfgang-schmid.de)

 

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